Wolfratshausen:Ausgebremst

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Die Tat geschah am Zubringer zwischen A 95 und B 11. (Foto: Hartmut Pöstges)

Weil er mit seinem SUV einen Kleinwagen überholt und geschnitten hat, wird ein 36-Jähriger wegen Nötigung verurteilt

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die komplette Gerichtsverhandlung sei lächerlich, sagte der 26-jährige Bruder des Angeklagten schließlich. Der durchtrainiert wirkende, zehn Jahre Ältere saß derweil regungslos neben seinem Anwalt. Ihm warf die Staatsanwaltschaft am Mittwoch vor, mit seinem wuchtigen Sport Utility Vehicle (SUV) die Fahrerin eines Kleinwagens auf dem Wolfratshauser Autobahnzubringer überholt, geschnitten, ausgebremst und damit genötigt zu haben. Der Angeklagte und sein Bruder stritten die Ausbremsmanöver ab. Der Richter verurteilte den Angeklagten am Ende zu einer Geldstrafe und Fahrverbot.

Der Kfz-Mechatroniker aus dem Landkreis München ist schon mehrfach mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt worden, etwa 2012 auf der Münchner Bodenseestraße mit 100 statt der erlaubten 50 Stundenkilometer. Im Juni war er kurz vor 23 Uhr mit seinem SUV bei der Ausfahrt Wolfratshausen von der Garmischer Autobahn A 95 abgefahren. Sein Bruder soll Beifahrer gewesen sein.

Der Angeklagte sagte, dass das Auto vor ihm extrem langsam gefahren sei - um die 30 bis 40 Stundenkilometer. Das Fahrzeug mit Kennzeichen aus Baden-Württemberg sei an der ausgeschalteten Ampel lange gestanden, dann langsam nach links Richtung Wolfratshausen abgebogen. Da habe er das Auto noch im Abbiegen trotz Verbots überholt, sagte er. Das sei sein einziger Fehler gewesen. Er gab an, dass die Fahrerin hinter ihm mehrmals die Lichthupe betätigt habe. Er habe gedacht, dass diese Hilfe brauche oder an seinem Auto etwas nicht stimme. Deshalb habe er von 70 auf etwa 30 Stundenkilometer abgebremst und sei langsam auf der rechten Fahrbahnseite gerollt. Die Autofahrerin habe ihn schließlich überholt und sei in gleichbleibend langsamen Tempo "dahingeschlichen". Er habe sie dann wieder überholt und sei weitergefahren. "Die war mir zu langsam", sagte er.

Die 31-jährige Fahrerin des Kleinwagens aus Baden-Württemberg reagierte empört. Das kratze an ihrem Ego, sagte die Frau. Sie fahre viel, gern und schnell. Ihre Eltern lebten im Landkreis. Sie kenne die Strecke und sei mit normalem Tempo gefahren. Schon bei der Ausfahrt sei der SUV angerauscht. An der Ampel sei das Auto so dicht hinter ihr gestanden, dass sie keine Scheinwerfer mehr gesehen habe. Sie habe die Lichthupe betätigt, weil ein Autofahrer doch nicht während des Abbiegens überholen dürfe. Sie sei etwa mit Tempo 70 gefahren. Da habe der SUV-Fahrer rund 20 Meter voraus stark abgebremst. Um nicht zusammenzustoßen, habe sie überholt und wieder beschleunigt. Dabei sei sie erneut überholt, geschnitten und ausgebremst worden. Ihr Mann und damaliger Beifahrer bestätigte die aggressive Fahrweise. Die Frau gab an, dem Auto bis zum Parkplatz des Schnellrestaurants am Autobahnzubringer nachgefahren zu sein. Dort fotografierten sie das Nummernschild und zeigten den Fahrer am nächsten Tag an.

Sein Anwalt forderte Freispruch. Die beiden Zeugenaussagen widersprächen sich diametral. Im Zweifel müsse das Gericht für den Angeklagten entscheiden. Die Staatsanwältin hielt dessen Aussagen für wenig glaubhaft. Gegen ihn sprächen zudem die vielen Vorstrafen. Sie forderte eine Geldstrafe von insgesamt 750 Euro und drei Monate Fahrverbot. Richter Helmut Berger sprach den Angeklagten der Nötigung schuldig. Eine so gute Zeugin habe er selten erlebt. Der Angeklagte zeige eine deutlich "verkehrsfeindliche Einstellung". Er frage sich, warum der Mann nicht den Warnblicker angemacht habe, um die hinter ihm Fahrende aufmerksam zu machen. Er verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von insgesamt 1125 Euro und drei Monaten Fahrverbot.

© SZ vom 21.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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