Wolfratshausen:Antrag verschlafen

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Verwaltungspanne kostet die Gemeinde 300 000 Euro

Der Stadt Wolfratshausen sind womöglich bis zu 300 000 Euro an Fördergeld durch die Lappen gegangen. Der Grund: Die Verwaltung hat es schlichtweg verschlafen, einen Antrag zu stellen. Der Bericht des städtischen Rechnungsprüfers Helmuth Holzheu erregte im Stadtrat diese Woche deshalb Unmut. Insbesondere geriet Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung Wolfratshausen) unter Beschuss. Er habe den Stadtrat nicht über die Panne informiert, hieß es.

Eigentlich geht es um eine schon länger zurückliegende Angelegenheit, nämlich um den Umzug des Stadtarchivs in die Bahnhofstraße im Jahr 2017. Dafür hatte die Stadt auf einen Zuschuss vom Bayerischen Kulturfonds in einer Höhe zwischen 100 000 und 300 000 Euro gehofft. Weil aber niemand im Rathaus einen entsprechenden Antrag gestellt hatte, gab es auch kein Geld.

Die ganze Sache ist nur herausgekommen, weil sich der städtische Rechnungsprüfungsausschuss die Zahlung von 45 000 Euro seitens einer Versicherung nicht erklären konnte. Der Ausschuss ging der rätselhaften Überweisung nach und stieß so auf den Vorgang. "Hätte das vielleicht gar niemand merken sollen?", mutmaßte SPD-Fraktionschef Fritz Meixner, der es "grenzwertig" nannte, wie die Stadt den Fall gehandhabt hatte. Grünen-Fraktionsvorsitzender Hans Schmidt sprach von "verschlampten Anträgen" und wollte von Rathauschef Heilinglechner wissen, wann er zum ersten Mal von der "Causa Archivförderung" erfahren habe und warum er dann trotzdem den Stadtrat nicht von der Sache in Kenntnis gesetzt habe.

Der Bürgermeister räumte das Versäumnis ein und erklärte das Debakel in der Verwaltung mit mangelhafter interner Abstimmung. Heilinglechner berief sich darauf, "die Maßnahme bei Amtsantritt so vorgefunden" zu haben. Dem Stadtrat sei der Fall deshalb nicht vorgelegt worden, weil unklar gewesen sei, ob Zuschüsse bewilligt worden wären. "Von welchem Fördergeldschaden sprechen wir hier überhaupt?", fragte Heilinglechner in die Runde und wollte eine Spekulation über die Höhe der Summe nicht gelten lassen. "Die Förderfähigkeit prüft der Kultusministerrat. Der Beitrag ist seiner Willkür unterworfen", sagte Heilinglechner. Die 45 000 Euro von der Versicherung seien eine reine "Goodwill-Zahlung" gewesen.

SPD-Sprecher Meixner forderte die Einrichtung einer Projektsteuerungsgruppe oder wenigstens einer "To-do-Liste", um solche Fehler in Zukunft zu vermeiden. Dem schloss sich Grünen-Sprecher Schmidt an, der vehement eine Modernisierung des Verwaltungssystems verlangte. Den beiden sicherte Heilinglechner zu, die Dienstvereinbarungen zu ändern und punktuell "nachzuschärfen". Er verwies auf den ansonsten seit Jahrzehnten gut funktionierenden Ablauf in der Verwaltung, nur habe man sich in diesem Fall auf die Aussage eines früheren Mitarbeiters verlassen. "Wir haben aus unseren Fehlern gelernt", schloss der Bürgermeister.

© SZ vom 22.06.2019 / shau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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