Wolfratshausen:Alles in Ordnung

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Die Stadt ehrt Hubert Lüttich mit der Bürgermedaille. Vor 17 Jahren hat er das Heimatmuseum entrümpelt und aufgeräumt - dann stieg die Zahl der Besucher

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Kurz nach der Zeremonie steht Hubert Lüttich schon wieder in einem Gang des verwinkelten Wolfratshauser Heimatmuseums und erläutert einigen Gästen ein Ausstellungsstück. Lüttich erzählt über Heinrich I., im 12. Jahrhundert Graf von Wolfratshausen und Bischof von Regensburg, und über dessen tragende Rolle in der bayerischen Geschichte. Das Stück, um das es dabei geht, hat Lüttich seit ein paar Minuten an einem schwarz-weißen Band um den Hals hängen. Eigentlich hat er die Münze längst wieder dezent unter der Jacke verschwinden lassen, doch wie so viele andere Stücke holt er bei Bedarf eben gerne auch die Wolfratshauser Bürgermedaille heraus, deren Rückseite Heinrich I. ziert und deren 28. Träger Hubert Lüttich seit dem Mittwochabend ist.

Die Stadt Wolfratshausen vergibt diese Auszeichnung seit 1977 an Menschen, die sich um ihr Wohl und Ansehen verdient gemacht haben, und über ihren einstimmigen Beschluss, sie diesmal nun an Hubert Lüttich zu vergeben, mussten die Stadträte ausnahmsweise nicht groß diskutieren. Denn der 1938 geborene Lüttich, ehemaliger Bundeswehr-Offizier und Betriebsleiter im Ruhestand, hat ganz maßgeblich das Bild mitgestaltet, das sich die Wolfratshauser und ihre Gäste im örtlichen Heimatmuseum von der Stadt machen können.

Bürgermeister Klaus Heilinglechner und der langjährige Museumsleiter Hubert Lüttich. (Foto: Pöstges)

Lüttich hat vor 17 Jahren als Gründungsmitglied die Leitung einer kleinen Gruppe ehrenamtlicher Museums-Gestalter übernommen. Das Museum war nach damaliger Rathaus-Diktion "in Unordnung geraten" und war eigentlich eine aus sechs Räumen bestehende Rumpelkammer. Lüttich und seine beiden ersten Mitstreiterinnen machten sich ans Sichten, Sortieren, Dokumentieren und Katalogisieren - und vor allem auch ans Entrümplen. Trotzdem ging es dann bald bergauf mit der Zahl der Exponate und auch der ehrenamtlichen Helfer und der Besucher. Dass die Stadt ihr Museum zur 1000-Jahr-Feier 2003 in neuer Gestaltung wiedereröffnen konnte, dass sie in den vergangenen Jahren viele wertvolle Einzelstücke und auch ganze Sammlungen und Inneneinrichtungen als Erbschaften oder Dauerleihgaben anvertraut bekam, dass Privatleute 34 000 Euro in Patenschaften für einzelne Stücke gesteckt haben und dass das Museum über viele gute Kontakte zu Fachleuten verfügt - all das hat sie in erster Linie der so verbindlichen wie korrekten Arbeit von Hubert Lüttich zu verdanken. Lüttich habe sich mit seinem Geschick, Leute begeistern zu können, und seinem großen Organisationstalent um das Museum und die ganze Stadt sehr verdient gemacht, sagt der Bürgermeister. Lüttich hat für all das nie mehr bekommen als eine kleine Aufwandsentschädigung und nun die Bürgermedaille aus der Hand des Bürgermeisters. Er dankte für diese "große Ehre, über die ich mich sehr freue und die mir viel bedeutet". Sie zeige auch, dass die Stadt mit seiner Arbeit zufrieden gewesen sei, sagte er und bedankte sich bei all seinen Helfern und den Ansprechpartnern im Rathaus, die stets entgegenkommend gewesen seien. Dass sich mancher Entscheidungsträger durchaus auch einmal Lüttichs Zorn zugezogen hat, blieb an dem Abend unausgesprochen. Doch auch das Lachen des Geehrten kann manchmal deutlich grimmiger klingen als es gemeint ist.

Über Lüttich als Museumsleiter muss Heilinglechner in der Vergangenheitsform reden, denn nachdem dieser sich zuletzt noch mehrmals hatte erweichen lassen, hat er sein Amt Ende Juni nach 17 Jahren endgültig abgegeben - kommissarisch an Rathaus-Abteilungsleiter Martin Melf. Dessen neue Helferinnen hat Lüttich aber noch eingearbeitet: "Damit nichts in Unordnung gerät."

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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