Wirtschaft in Penzberg:Problematisches Wachstum

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Die Pharmafirma Roche Diagnostics will in Penzberg wachsen. (Foto: Roche/OH)

Bauausschuss diskutiert Roche-Pläne kontrovers

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Es ist das Thema des Wahlkampfs 2020 in Penzberg gewesen. Die Frage, wohin sich die Stadt entwickeln soll, wie viel Zuzug sie verträgt und welche Auswirkungen ein Wachstum auf die Infrastruktur hat, ist nach wie vor unbeantwortet. Eine Gesamtschau fand nicht statt, weil der Stadtrat coronabedingt nicht in Klausur gehen konnte. Das wurmt insbesondere die Stadtratsfraktion Penzberg Miteinander (PM). Seit Längerem mahnen sie ein Konzept an, welches das Große und Ganze festlegen soll. Daran orientiert kann in Zukunft die Ausweisung etwa von neuen Wohngebieten erfolgen, so die Idee. Weil dem Stadtrat jene Gesamtschau fehlt, mochte sich Stadtrat Martin Janner (PM) jüngst nicht durchringen, dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan "Industriepark Nonnenwald Nord" zuzustimmen. Der Plan hat die Erweiterung des Roche-Werksgeländes zum Gegenstand. Kontrovers diskutierte der Penzberger Bauausschuss über das Vorhaben.

Das Pharmaunternehmen Roche Diagnostics GmbH hat die Aufstellung eines Bebauungsplans für eine Erweiterung im Norden und Nordwesten beantragt. Einhergeht die entsprechende Änderung des Flächennutzungsplans. Roche möchte sich die Option für eine Expansion sichern, weil der Standort im Nonnenwald konzernintern im Wettbewerb mit anderen Niederlassungen steht, wenn es darum geht, neue Projekte umzusetzen. Eine Verdichtung auf dem bestehenden Areal könnte nicht genügen, wenn etwa ein neues, großes Gebäude errichtet werden müsste, heißt es. Die Flächen, die von den Bayerischen Staatsforsten erworben werden, sollen mittel- und langfristig bebaut werden.

Seine Fraktion könne die Dringlichkeit für einen Aufstellungsbeschluss nicht nachvollziehen, sagte Sebastian Fügener (Grüne). Besser wäre es, Roche würde das Potenzial zur Verdichtung ausnutzen. Günter Fuchs vom Bauamt erwiderte, dass das Verfahren mit allen Stellungnahmen und Auslegungen Jahre dauern werde. Es handle sich zudem lediglich um den Startschuss. Er wolle vor einem Beschluss erörtern, welche Auswirkungen eine Expansion von Roche auf die Stadt habe, betonte indes Janner. Mehr Arbeitsplätze bedeuteten auch mehr Wohnraum, mehr Verkehr, mehr Kinderbetreuungseinrichtungen. Der Stadtrat müsse sich erst einmal darüber klar werden, wohin der Weg führen soll, ehe man Beschlüsse mit weitreichenden Konsequenzen fasse.

Das werteten andere Stadträte als Misstrauen gegen Roche. Maria Probst (CSU) sagte, die Firma sei eine langjähriger Partnerin. Sie habe "Vertrauen in das Verfahren". So manche Kommune wäre froh, wenn Firmen ihren Standorten treu blieben, meinte Ludwig Schmuck (CSU). Woanders würden Unternehmen abwandern statt auszubauen.

Janner erklärte, er fühle sich überrannt. Konkret meinte er damit das Vorhaben, ein Pandemie-Forschungszentrum im Nonnenwald zu schaffen. Wenn er lese, in Penzberg solle ein "Medical Valley" entstehen, fühle er sich als Stadtrat seiner "Gebietshoheit" beraubt. Das nahm Jack Eberl (FLP) zum Anlass, auf die mögliche Außenwirkung hinzuweisen. Welches Unternehmen werde sich in der Stadt noch ansiedeln wollen, wenn das im Rat ungern gesehen würde. Ferner warb er darum, die Stadt solle sich einen Teil des Areals selbst als Gewerbefläche sichern.

Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) antwortete, wegen der schwierigen Erschließung sei dies nicht attraktiv. Zugleich erklärte er, dass die Stadt in Verhandlungen mit Grundstückseigentümern stehe. Man wolle Flächen für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben kaufen. Denn es seien weitere Firmen interessiert, nach Penzberg zu kommen, und bereits ansässige Unternehmen möchten sich vergrößern. Gegen die Stimme von Martin Janner wurde der Aufstellungsbeschluss schließlich wie geplant gefasst.

© SZ vom 04.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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