Wegen "schlechter Politik":Penzberger Ex-Stadträtin tritt aus der SPD aus

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Ursula Schoierer erklärt in einem offenen Brief ihren Unmut über Bürgermeisterin Elke Zehetner und verärgert damit den Ortsverein

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Die jüngste Bürgerversammlung gab den Ausschlag. Und der Austritt von Markus Bocksberger aus der SPD-Stadtratsfraktion. Ursula Schoierer, die selbst zwölf Jahre lang für die Sozialdemokraten im Penzberger Stadtrat saß, gibt ihr Parteibuch ab. Mit diesem Schritt protestiert die 72-Jährige gegen die Politik von Bürgermeisterin Elke Zehetner (parteifrei/SPD). Ihr persönlich gefalle die Stadtpolitik, vor allem der SPD, bereits seit ein paar Jahren nicht mehr. Sie sei nicht mehr "willens mit meinen Mitgliedsbeiträgen diesen Wahlkampf zu unterstützen". Der SPD-Ortsvorstand möchte die amtierende Bürgermeisterin Zehetner für eine zweite Amtszeit nominieren.

Ihren Schritt teilte Schoierer vor einigen Tagen in einem Leserbrief mit. "Ich habe unterschätzt, was das auslösen wird", sagt sie. Aber an der Sache ändere sich für sie nichts. Sie verstehe die Gründe von Markus Bocksberger gut, die SPD-Fraktion zu verlassen. "Er hat aus seinen Erfahrungen und Erkenntnissen von gut vier Jahren Stadtratstätigkeit konsequent gehandelt", schreibt sie. Schoierer, die 32 Jahre Mitglied der "einst so stolzen Partei" war, erinnert an die Zeiten unter Zehetners Vorgänger Hans Mummert. Sie denke gerne an seine Amtszeit zurück, "an all das, was wir gemeinsam in meist guter demokratischer Atmosphäre erarbeitet und für die Stadt Penzberg erreicht haben". Auch damals habe es durchaus lebhafte und kontroverse Diskussionen gegeben, sagt Schoierer auf Nachfrage. "Aber mit einem guten Ergebnis." Sie gehörte dem Stadtrat von 1996 bis 2008 an. Zuvor saß sie bis 1996 im SPD-Vorstand. Von 1987 bis 1993 leitete sie in Penzberg die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF).

Die 72-Jährige wirft der Bürgermeisterin vor, alle Probleme in der Stadt in einer Amtszeit lösen zu wollen. "Ich fürchte, das wird nicht gut gehen." Der Bürger erkenne unschwer, dass viel angefangen wurde und nichts mehr vorwärts gehe. An anderer Stelle müsse zurückgerudert werden oder Investoren hätten unannehmbare Wünsche und Vorstellungen. "Viele Bürger in der Stadt würden sich riesig freuen, wenn sie endlich mal wieder ihre Halbe Bier in der Stadthalle trinken könnten", so Schoierer. Aber an das Versprechen Zehetners, dass für 2019 ein passender Wirt bereits in den Startlöchern stehen würde, könne sie nicht mehr ernst nehmen.

Von diesen "wackeligen Aussagen" gebe es etliche. Schoierer verweist auf die jüngste Bürgerversammlung. Dort hatte Bürgermeisterin Zehetner erklärt, mit den Mietern im Bahnhofsgebäude und der Hausnummer Philippstraße 30 würden keine Gespräche wegen eines Auszugs geführt. Doch die Verwaltung hatte tatsächlich schon Kontakt zu den Mietern der städtischen Liegenschaften aufgenommen und ihnen sogar Ersatzwohnungen gezeigt. Diese Aussage der Bürgermeisterin habe sie doch erschüttert. "Denn das machte in Penzberg schon die Runde."

Als weiteren Grund für ihren Schritt nennt die 72-Jährige den "oftmals unsensiblen Umgang" mit den Bürgern. "Manche Adhoc-Entscheidungen lassen ein ordentliches Maß an Empathie vermissen." Alles zusammengenommen führe dies zu einem schleichenden Vertrauensverlust gegenüber Zehetner, dem Stadtrat und der Verwaltung.

Da der SPD-Ortsverein Zehetner zur nächsten Kommunalwahl wieder vorschlagen und aufstellen werde, obschon sie immer noch nicht - wie mehrmals versprochen - in die SPD eingetreten sei, werde sie in den nächsten Tagen ihr Parteibuch an den Vorsitzenden Bayram Yerli zurückgeben.

Yerli reagierte prompt auf Schoierers Ankündigung. Die SPD Penzberg bedauere den Rückzug der früheren Stadträtin Ursula Schoierer, teilt er mit. Zugleich bedauere der Ortsverein allerdings ihr Vorgehen. So schreibe Schoierer von einer nicht näher definierten "Unsensibilität" Zehetners. "Dies trifft nun allerdings vor allem auf sie selbst zu", so Yerli. Habe doch die SPD Schoierer eine politische Heimat gegeben und sie damals bei ihrem Stadtratsmandat unterstützt. "Es wäre wünschenswert gewesen, dass die erfahrene Kommunalpolitikerin ihre Anliegen erst zur Diskussion stellt, bevor sie mit einem drastischen Schritt an die Öffentlichkeit geht."

Es wäre sicher besser gewesen, zuerst Yerli zu informieren, sagt Schoierer. Sie habe sich dafür entschuldigt. Aber ihr Unsensibilität vorzuwerfen - dagegen verwahre sie sich. Was auch immer an weiteren Reaktionen sie nun erwarten werde, "ich verkrafte das". Erste positive Kommentare habe sie jedenfalls schon bekommen. "Das hat mich sehr gerührt."

© SZ vom 11.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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