Weg aus Wolfratshausen:Firmenverlagerung kostet Arbeitsplätze

Lesezeit: 3 min

Der Anlagenbauer Dürr Systems verlagert seine Produktion vom Hans-Urmiller-Ring nach Bietigheim-Bissingen in Baden-Württemberg. (Foto: Hartmut Pöstges)

Dürr Systems verlässt Wolfratshausen nach nur drei Jahren wieder. Für die 56 Angestellten eine Hiobsbotschaft, ebenso für den Wirtschaftsstandort. Die Stadt hofft deshalb, das Unternehmen doch noch halten zu können.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Der Wirtschaftsstandort Wolfratshausen verliert 56 Arbeitsplätze. So viele Angestellte arbeiten im Sitz der Dürr Systems GmbH am Hans-Urmiller-Ring, der im Laufe des kommenden Jahres an den Stammsitz des Unternehmens Dürr AG nach Bietigheim-Bissingen in Baden-Württemberg verlagert wird. Wie der Sprecher der Dürr AG, Günter Dielmann, sagt, soll der Umzug bis spätestens Ende 2018 abgewickelt sein. Er diene dazu, "Abläufe zu verbessern und zu beschleunigen". Die Dürr AG ist laut eigenen Angaben ein weltweit führender Maschinen- und Anlagenbauer, der vor allem als Zulieferer für die Automobilbranche tätig und in 28 Ländern vertreten ist. In Wolfratshausen werden vor allem Sonderanlagen für die Endmontage der Automobilindustrie hergestellt, etwa zum Einkleben von Autoscheiben.

Vor noch nicht einmal drei Jahren war das Unternehmen von Bernried am Starnberger See nach Wolfratshausen gezogen, weil der Standort für die wachsende Produktion in der so genannten Application Technology zu klein geworden war. Für die Mitarbeiter war der Umzug 2015 verkraftbar, schließlich kommt man bequem in einer halben Stunde von Bernried nach Wolfratshausen. Bietigheim-Bissingen ist allerdings knapp 300 Kilometer von der Flößerstadt entfernt. Die Mitarbeiter stehen also vor der Wahl, mehr als drei Autostunden einfach zu pendeln, umzuziehen oder sich einen neuen Job zu suchen. "Wir sind momentan im Gespräch mit den Mitarbeitern", sagt Konzern-Sprecher Dielmann. "Jeder einzelne bekommt ein Angebot."

Zu den aktuellen Verhandlungen will der Sprecher derzeit nichts sagen. Er gibt jedoch zu verstehen, dass die Dürr AG "generell Flexibilität zeigt". So seien je nach Arbeitsplatz auch Modelle möglich, bei denen Angestellte etwa drei Tage am neuen Standort und zwei Tage zuhause arbeiten könnten. Ob jemand bereit sei, den Umzug mitzumachen, hänge jeweils von persönlichen Gründen ab, sagt Dielmann. Für alle, die nicht dazu bereit seien, werde es mit Sicherheit einen Sozialplan und Abfindungen geben. Dass die Nachricht für die Mitarbeiter und ihre Familien keine gute ist, räumt Dielmann ein: "Schön ist was anderes", sagt er. Der Wolfratshauser Bereichsleiter Dieter Ahlborn äußert sich nicht zur Verlagerung und verweist an die Zentrale.

"Wir bedauern das schon sehr", sagt der Wirtschaftsreferent des Wolfratshauser Stadtrats, Helmut Forster (BVW) zu dem angekündigten Umzug. Offiziell habe die Firma Dürr bislang weder ihm noch Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) von der geplanten Verlagerung des Betriebs nach Baden-Württemberg berichtet. Deshalb sei er überrascht von der Nachricht. Schließlich habe er mit Heilinglechner das Unternehmen erst im Februar 2016 besucht und auch mit der Geschäftsleitung gesprochen. "Wir hatten das Gefühl, dass sie sich sehr wohl fühlen und langfristig in Wolfratshausen bleiben wollen", sagt Forster. "Sie haben klar den Eindruck vermittelt, dass sie jetzt das haben, was sie suchen und sich auch entwickeln können." Er werde versuchen, gemeinsam mit Heilinglechner in der kommenden Woche einen Termin beim Unternehmen zu bekommen, "um festzustellen, was Sache ist", sagt Forster. "Vielleicht wollen sie sich ja vergrößern und wir können noch etwas anbieten." Die Stadt werde sich bemühen, den Betrieb und die Arbeitsplätze in Wolfratshausen zu behalten. Sollten sich die Verlagerungspläne bewahrheiten, sieht Forster keine Gefahr, dass die etwa 2500 Quadratmeter große Gewerbeimmobilie am Hans-Urmiller-Ring lange leer steht. Gewerbeflächen in Wolfratshausen seien sehr begrenzt, es gebe viele Anfragen. "Ich habe ein paar Interessenten, die etwas suchen, und für die wir im Moment nichts haben", sagt Forster. Darunter gebe es Firmen, für die das Gelände in Frage komme.

Auch Christian von Stülpnagel, Vorsitzender der Unternehmervereinigung Wirtschaftsraum Wolfratshausen (UWW), bedauert den Verlust von 56 Arbeitsplätzen im kommenden Jahr. "Uns tut das natürlich weh in Wolfratshausen", sagt er. Weil Dürr jedoch nicht Mitglied der UWW sei und er die Gründe nicht kenne, wolle er die Verlagerung des Unternehmens nicht kommentieren. "Es ist schade, wenn sie weggehen, aber es ist eine unternehmerische Entscheidung", sagt Stülpnagel. Man müsse auch den Konzern verstehen, der versuche, eine wirtschaftliche Lösung zu finden. Die Gewerbeflächen in Wolfratshausen seien begrenzt und für Firmen attraktiv, die sich beispielsweise aus München verabschieden wollten. "Wir müssen schauen, dass da was kommt."

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: