Wahlkampf:Alles Schulz

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Die Wolfratshauser SPD setzt für die Bundestagswahl auf soziale Gerechtigkeit und fürchtet eine Koalition mit der Linken

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Nach dem enttäuschenden Wahlausgang im Saarland sieht sich die SPD zwar noch im Höhenflug, ganz ungetrübt ist die Euphorie an der Basis aber offenbar nicht mehr. Jedenfalls nicht in Wolfratshausen, wo sich die Genossen in der Flößerei einen Abend lang mit den Perspektiven im Bundestags-Wahljahr beschäftigt haben und der Frage nachgegangen sind, ob es eine Mehrheit jenseits der Union geben könne. Vorrangig ging es darum, mit welchen Themen man sich präsentieren sollte, aber auch, ob es grundsätzlich opportun sei, sich frühzeitig auf einen Koalitionspartner festzulegen. Ein bisschen Nabelschau auf die eigenen Verdienste der vergangenen Jahre half dabei, ins Gespräch zu kommen.

Der stellvertretende Ortsvorsitzende Peter Fasching kramte aber auch ein wenig in den Statistiken, die in den vergangenen Tagen und Wochen zu verfolgen waren, und leitete daraus die eine oder andere Erkenntnis ab. Etwa, dass die Grünen als "möglicher Koalitionär" zwar grundsätzlich in Frage kämen, wegen ihrer desolaten Umfragewerte und ihres derzeit schwer erkennbaren Profils aber mit Vorsicht zu genießen seien. Es sei andererseits "unendlich schwierig", mit der Union im Falle eines Wahlsieges eine Neuauflage der großen Koalition zu schmieden. Höchst bemerkenswert an den Resultaten im Saarland sei wiederum die hohe Wahlbeteiligung sowie die Erfahrung, dass die Wähler sich nicht mehr wie früher lebenslang an eine Partei binden, sondern je nach subjektiver Interessenslage pendeln.

Einig waren sich die Versammelten, dass es nicht sinnvoll wäre, mit einem allzu detaillierten Parteiprogramm hervorzutreten, denn kaum jemand vergleiche die Wahlaussagen der Parteien Satz für Satz. Viel klüger sei es, mit der zentralen Aussage aufzutreten, dass sich die SPD um mehr soziale Gerechtigkeit kümmern werde. Damit könne man weit besser Punkte sammeln als mit Wirtschaftsfragen oder dem Komplex innere Sicherheit, argumentierte Reiner Berchtold. Dies unterstrich auch Zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller: Es gelte jetzt, die negativen Folgen der Agenda 2010 zu korrigieren. Es könne nicht angehen, dass in Deutschland drei Millionen Jugendliche von Hartz IV leben und die Hälfte der Bevölkerung nur über ein Prozent des Volksvermögens verfüge.

Nun müsse man sich überlegen, mit welcher Partei gegen diese Missstände vorgehen könne. In Frage kämen nach Schnallers Einschätzung eigentlich nur die Grünen und die Linke. Letztere aber mit Vorbehalt. Eine Koalition mit den Linken sei "eine Herausforderung", da müsse man sich "reiflich überlegen, was man macht". Auch Hans Gärtner sah die Option Rot-Rot-Grün bei einer gleichzeitig schmalen Mehrheit mit Skepsis. Davor könne er nur warnen, sagte Gärtner, "denn Hitzköpfe gibt es da immer". Wichtig sei es in erster Linie, einen glaubhaften Politikwechsel zu vollziehen, "notfalls mit der Union". Auch Berchtold warnte vor Rot-Rot-Grün. Da gebe es viele konservative Wähler, die der SPD zugetan seien, "beispielsweise Bundeswehrler", und er selber, räumte Berchtold ein, habe durchaus auch Probleme, sich "mit der Nachfolgepartei der SED an einen Tisch zu setzen". Unwohlsein verursachte der Gedanke an eine Koalition mit der Linken nicht zuletzt bei Stadtrat Manfred Menke. "Bei denen steht ganz klar im Grundsatzprogramm, dass sie eine andere Gesellschaftsordnung anstreben."

Wichtig ist es nach gemeinsamer Überzeugung der Genossen, "eine Person vorne dran zu haben, die weiß, wie man das Thema Gerechtigkeit vermittelt". Dass dies nur Martin Schulz sein kann, ist bei der Wolfratshauser SPD unbestritten. Der Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat soll nach Meinung der hiesigen Genossen allerdings nicht zu früh starten. Seine konkreten Aussagen solle er erst im Juni oder Juli verkünden. Denn bei Fehlern im Fahrplan könne es mit den zehn Prozent Stimmengewinn aus den Umfragen auch schnell wieder vorbei sein.

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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