Von Wolfratshausen nach München:Freie Fahrt für die Flößer

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Umfahrungen der Kraftwerke sind bereit für den Saisonstart

Von Pascal Grosch, Wolfratshausen

Anfang Mai ist es wieder soweit. Dann werden zwischen Wolfratshausen und der Münchner Floßlände bis zum Ende der Saison erneut Hunderte Flöße die Isar entlang schippern. Damit sie die Wasserwerke auf der Strecke sicher passieren können, müssen die Floßrutschen in Schuss sein. Die Uniper Kraftwerke GmbH, die die Werke in Pullach, Höllriegelskreuth und Mühltal betreibt, hat laut Pressesprecher Theodoros Reumschüssel insgesamt etwa 50 000 Euro investiert, um in 500 Arbeitsstunden an den drei Standorten sowie an der Wehranlage in Icking die hölzernen Rutschen zu renovieren und Schäden auszubessern. Dazu seien mehr als 300 Quadratmeter Holzbohlen erneuert worden. "Alles muss passen, auf den Flößen fahren schließlich viele Menschen mit", sagt Reumschüssel.

Dass auch wirklich alles passt, davon haben sich die erfahrenen Flößer selbst ein Bild gemacht. "Die Floßgassen sind alle top. Da habe ich überhaupt keine Bedenken", sagt Franz Seitner vom gleichnamigen Flößereibetrieb in Wolfratshausen. 60 Menschen finden auf einem der Flöße Platz, die regelmäßig für touristische Zwecke gebucht werden. "Die Fahrzeit pro Ausflug beträgt etwa fünf bis sechs Stunden", sagt der 74-Jährige, der eines von nur drei bayerischen Familienunternehmen führt, das überhaupt noch Floßfahrten anbietet. Es gebe zunehmend Auflagen für seine Zunft, beispielsweise von Versicherungen. Das mache es schwer, die jahrhundertealte Tradition zu wahren. "Doch diese Tradition muss unbedingt erhalten bleiben."

Josef Seitner besitzt ebenfalls einen Flößereibetrieb und pflichtet seinem Cousin bei. "Die Flößerei ist leider immer mehr weggebrochen. Um 1850 gab es noch Hunderte Floßmeister. Durch den Kraftwerksbau ab 1880 ging die Zahl aber immer mehr zurück", berichtet der 70-Jährige, dessen Großvater wesentlichen Anteil am Erhalt dieser Tradition hatte. "Er hat gerichtlich durchgesetzt, dass die Schleusen an den Wasserwerken bestehen bleiben. Denn ohne Schleusen gäbe es keine Floßfahrten", macht Josef Seitner deutlich.

Doch mit dem Aufkommen anderer Transportmittel geriet die Flößerei immer mehr auf das Abstellgleis. Erst gegen Ende der Fünfzigerjahre erfuhr das beinahe ausgestorbene Handwerk eine Renaissance. "Die Studentenverbindungen haben damit angefangen, die Flößerei wieder populärer zu machen", weiß der dritte Floß-Unternehmer im Bunde, Michael Angermeier. "In den Siebzigerjahren nutzten viele Firmen die Floßfahrten als Event. Die beste Zeit war jedoch in den Neunzigerjahren." Heutzutage seien je nach Witterung und Wasserstand in einer Saison 600 bis 800 Flöße auf der Isar unterwegs.

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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