Von Mahaly Jackson bis Walter Hawkins:Mitreißend

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Professionell und voller Enthusiasmus traten die Sänger des US-amerikanischen Gospelchors auf die Bühne der Wolfratshauser Loisachhalle. Ihr Ziel: Dem Publikum die Heilsbotschaften der Gospel nahebringen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

"The Original USA Gospel Singers & Band" schnüren in der Loisachhalle ein musikalisches Gesamtpaket, das auch Uneingeweihte in die Welt des Gospel einführt

Von Arnold Zimprich, Wolfratshausen

Ein gewaltiges, 3D-animiertes Kreuz, dahinter ein rotierender Globus - The Original USA Gospel Singers & Band haben die Loisachhalle am Samstagabend in eine große "Congregation" verwandelt. Beim Auftritt des Ensembles wird wenig dem Zufall überlassen, erst recht nicht der Verweis auf die Herkunft des Gospels, nämlich "negro spirituals" und "christian hymns", diese einzigartige Mischung aus afro-amerikanischer Sangeskunst und Bibel-basierten Texten.

Die acht Musiker rund um Choreograf und Keyboarder Wil Lewis III. haben die Loisachhalle souverän gefüllt, allein auf der Empore sind noch ein paar Plätze frei. Nach einer kurzen Aufwärmphase - nicht wenige Besucher müssen sich zunächst vom nasskalten Winterwetter draußen akklimatisieren - legen die Sängerinnen Kimberlyn Crawford, Lee Mo, La Toya Ransom sowie Carl Arnez Ellis III., Darren Lorenzo und Christopher "CJ" Williams mit einem straffen Programm los, das am Ende rund 25 Lieder umfassen wird.

Spätestens als "The old Gospel ship" angestimmt wird, ist das Publikum mit an Bord. Sogar in der letzten Reihe wird aufgestanden, mitgeklatscht und offensichtlich, dass die Gruppe, deren Mitglieder unter anderem aus South Carolina, Georgia und Florida stammen, auch im Oberland über viele Fans verfügt.

Eine weichgezeichnete Himmelstreppe führt hinauf in lichtdurchflutete Wolken, davor Sängerin Lee Mo. Ihr "Amazing Grace" soll zum Fanal geraten, und doch geht die Inszenierung ein Stück zu weit - die Animation nimmt dem Publikum die Interpretationsmöglichkeiten, am Ende erscheinen gar weiße Friedenstauben - die Reizüberflutung ist perfekt. Was bleibt, ist Emotion und damit das, was Gospel am Ende auch ausmacht. Es geht nicht um Raum zum Nachdenken und zur inneren Einkehr, sondern ums Mitreißen.

So wird auch die Choreografie zum stilbildenden Element, die Mimik und Gestik der sechs Sängerinnen und Sänger ragt weit in das Publikum hinein, Verzückung mag der richtige Ausdruck für den Geisteszustand sein, in dem sich viele schon zur Pause befinden. Gospel-Größen wie Mahalia Jackson, Thomas A. Dorsey oder Walter Hawkins werden zitiert, die Herkunft des Gospels und seine Rolle in Texteinblendungen erläutert. The Original USA Gospel Singers schnüren an diesem Abend ein Gesamtpaket, das auch Uneingeweihte schnell in die Kultur des Gospel einweiht: "Share the Spirit".

Zwischendurch wirkt der Abend indes etwas zu streng durchchoreografiert. Gut, die Gospel Singers verfügen laut Eigenaussage auch über mehr als 25 Jahre Tourneeerfahrung - da kann und darf sich ein wenig Routine einstellen. Zumal es genau das ist, weswegen das Publikum heute Abend in die Loisachstadt gekommen ist: ein zwar ein Stück weit erwartbares, aber ungemein mitreißendes und stimmgewaltiges Programm.

Rund 500 Gäste dürften den Weg in die Loisachhalle gefunden haben, darunter Familien inklusive Enkel und Großeltern, begeistert mitklatschende Teenager, Jacket-tragende Herren und leger gekleidete junge Paare, die man eher in der Münchner Clubszene verorten würde als in einem Gospelkonzert. Das ist dann auch der Eindruck, der von diesem Abend bleibt: Gospel bringt Menschen zusammen und Emotionen zum Vorschein, lässt die Leute ihre Probleme vergessen und dem Alltag entrücken.

Irmgard Schröcke aus Kottgeisering hat sich spontan für einen Besuch des Konzerts entschlossen. "Eigentlich ist Gospel nicht unbedingt das, was ich auch privat höre", sagt Schröcke. Spätestens nach dem vierten Lied klatscht jedoch auch sie.

Zu "Oh Happy Day" und "Joshua Fit the Battle of Jericho" geht der gesamte Saal mit, die Leute stehen, klatschen, wiegen sich im Takt. Sogar "Silent Night" wird, wenn auch leicht verspätet, angestimmt - in der gerade noch tobenden Loisachhalle wird es mucksmäuschenstill.

Gegen Ende werden mit Barack Obama, Martin Luther King, Malcolm X und Nelson Mandela vier Menschenrechtsikonen eingeblendet. Wohl um auf das hinzuweisen, was Afro-Amerikaner nach Jahrhunderten des Kampfes um Selbstbehauptung erreicht haben: die Präsidentschaft in den USA.

Etwas plump wirkte da, dass kurz vorher die im Foyer für 15 Euro erhältliche CD beworben und in einem Nebensatz Christopher "CJ" Williams für 1000 Euro feilgeboten wurde, wenn auch nur im Scherz. Man könne ihn sich zu Hause hinstellen und so während des Duschens Gospel hören. Dieser kleine Ausrutscher sei der Truppe aber verziehen. Denn: "There's No Business Like Show Business".

© SZ vom 07.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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