Verhandlungen gescheitert:Geretsried bekommt kein Ärztehaus

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16 Arztpraxen in einem Haus - dieser Plan ist in Geretsried gescheitert. Der Investor gibt den Ärzten die Schuld. Die keilen zurück.

Bernhard Lohr

Die Pläne für ein Ärztehaus in Geretsried sind geplatzt. Der Grund: Die Mietvorstellungen des Investors und der Ärzte lagen am Ende zu weit auseinander. Damit sind fürs Erste auch die Hoffnungen gestorben, die medizinische Versorgung in der Stadt Geretsried zu verbessern. Geplant war eine Zentrale mit bis zu 16 Praxen an der Adalbert-Stifter-Straße. Dort hätten Patienten den Vorteil gehabt, Ärzte verschiedener Fachrichtungen an einem Ort vorzufinden. Kooperationen zwischen den Medizinern wären möglich gewesen.

Das geplante Ärztehaus in Geretsried wird es nicht geben. Grund sind die unterschiedlichen Mietvorstellungen von Ärzten und Investor. (Foto: ag.dpa)

Lange Zeit schien es, als würde der Bau des Ärztehauses am nächsten Tag beginnen. Die Baugrube war schnell ausgehoben. Ein Bauschild zeigte den Passanten, wie das Gebäude einmal aussehen sollte, das die Schütz-Gruppe mit Sitz in München und Berlin plante. Doch schon bald war von der Ecco-Concept GmbH, die mit der Akquisition beauftragt war, von schwierigen Gesprächen mit den örtlichen Ärzten zu hören.

Jetzt räumte Geschäftsführerin Stefanie Barenyi ein, das Projekt nicht mehr weiterzuverfolgen. Die Ärzte hätten nicht erfüllbare Mietvorstellungen, sagte sie. Immer wieder habe sie zu hören bekommen, dass die Gewerbemieten in der Stadt deutlich sinken. Zu den dann diskutierten Konditionen sei das Ärztehaus nicht mehr zu verwirklichen gewesen. Barenyi sagte, es habe auch nichts gebracht, dass als "Zugpferd" ein Radiologe aus Weilheim angeboten habe, in das Ärztehaus zu gehen.

Mittlerweile sucht der Grundeigentümer Hilmar Kneisl einen neuen Käufer für das 3400 Quadratmeter große Areal. Sein Ziel sei es jetzt, sagte Kneisl, dass auf diesem Gelände der früheren Geretsrieder Schokoladenfabrik Wohnhäuser entstehen.

Dabei gelten Ärztehäuser als Modell der Zukunft. Dagmar Nedbal, Sprecherin der Bayerischen Landesärztekammer, listet mehrere Vorteile auf. Ärzte könnten kooperieren, teure Diagnosegeräte gemeinsam anschaffen und nutzen, ihr Fachpersonal flexibler einsetzen, sagte sie. Gemeinsam könnten flexiblere Öffnungszeiten angeboten werden. "Das Einzelkämpfertum gehört wohl der Vergangenheit an", erklärte Nedbal.

Ärztehäuser - ein Modell der Zukunft

Mediziner wie der Geretsrieder Orthopäde Alexander Werner wären deswegen auch gerne in das Gebäude gezogen, in dem es nach den Plänen außerdem eine Apotheke und eine Café hätte geben können. Werner sagte, Geretsried verfüge als größte Stadt im Landkreis - anders als Bad Tölz oder Wolfratshausen - über kein Krankenhaus. Die Ärzte hätten zum Beispiel auch einen ärztlichen Notdienst einrichten können. Ihm und vielen Kollegen sei es klar, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, Praxen in umgebauten Wohnungen zu betreiben. Das Interesse am Ärztehaus sei vorhanden gewesen. "Das Haus war voll", sagte Werner. Doch er und seine Kollegen hätten es sich am Ende schlicht nicht leisten können. Die Einnahmen der niedergelassenen Ärzte seien stetig am Sinken. Wegen der Reformen im Gesundheitswesen fehle die Planungssicherheit, betonte der Orthopäde.

Der stellvertretende Vorsitzende im Ärztlichen Kreisverband, Matthias Richter-Turtur, bedauert das Scheitern des Ärztehauses. Die Versorgungssicherheit in Geretsried bezeichnet er allerdings auch ohne dieses Projekt als gesichert. Angesichts der Größe von Geretsried halte er es aber für sinnvoll, ein zentrales, differenziertes medizinisches Angebot zu schaffen. Eine Idee wäre, sagte Richter-Turtur, als Außenstelle der Wolfratshauser Klinik eine Ambulanz oder eine Nothilfestation in der Stadt einzurichten.

© SZ vom 09.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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