Umweltschutz in Wolfratshausen:Neue Arbeitsgruppe für Klimaziele

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Der Energienutzungsplan zeigt bereits "Leitplanken" auf, wie Wolfratshausen seine CO₂-Bilanz verbessern kann, etwa durch mehr Photovoltaik. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Wolfratshauser Stadtrat gründet ein überparteiliches Gremium, das konkrete Maßnahmen definieren und über das Budget zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes nachdenken soll. Eine externe Fachkraft soll die Runde moderieren. Dagegen wird auf ein Klimaschutzkonzept verzichtet

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Der Wolfratshauser Stadtrat hat im September mehrheitlich den Klimanotstand ausgerufen, fortan soll der zu erwartende CO₂-Ausstoß ein Kriterium bei allen Beschlüssen sein. Nun soll eine überparteiliche Arbeitsgruppe die Ziele für den Klimaschutz in der Stadt definieren - und auch das Budget, das für eine Reduktion des Kohlendioxidausstoßes ausgegeben wird. Das hat der Stadtrat kürzlich einstimmig beschlossen. Die Gruppe soll im November gebildet und von einer externen Fachkraft moderiert werden. Ein ursprünglich im September-Beschluss vorgesehenes Klimaschutzkonzept lässt die Stadt hingegen nicht erstellen. Schließlich gibt es bereits ein Energienutzungskonzept, das Möglichkeiten aufzeigt, die noch lange nicht ausgeschöpft sind.

Dies hat Petra Denk vom Institut für systemische Energieberatung, das den Energienutzungsplan vor drei Jahren für die Stadt erstellt hat, kürzlich im Stadtrat noch einmal dargestellt. Das "sehr umfangreiche Werk" enthalte die CO₂-Bilanz der Stadt und damit, wo Wolfratshausen energetisch und thermisch stehe. Von den insgesamt rund 500 Gigawattstunden Energiebedarf entfalle fast die Hälfte auf Wärme, mehr als ein Drittel auf Mobilität, also Verkehr, und rund 15 Prozent auf Strom. In den damals erfassten Zahlen von 2014 seien noch nicht einmal zehn Prozent der thermischen Energie, also für Heizungen, aus erneuerbaren Quellen gekommen, beim Strom seien es gerade einmal 13 Prozent gewesen. "Da stehen wir heute nicht viel anders da", erklärte Denk. Pro Kopf habe sich in Wolfratshausen 2014 ein CO₂-Ausstoß von circa 7,4 Tonnen pro Jahr ergeben. Im bundesdeutschen Vergleich sei das zwar "gar nicht so schlecht", aber immer noch zu weit entfernt von dem Ziel, bis 2022 den Pro-Kopf-Ausstoß auf circa 4,4 Tonnen zu senken. Die "wesentlichen Treiber" dafür seien die noch immer weit verbreiteten Erdgas- und Ölheizungen, Benzin und Diesel und konventionell gewonnener Strom.

Der Energienutzungsplan zeigt laut Denk bereits die "Leitplanken" auf, wie die Stadt ihre CO₂-Bilanz verbessern kann. Im Wärmekataster seien die Potenziale für Photovoltaikanlagen und Wärmeverbundsysteme ökologisch und wirtschaftlich bewertet. Für die Thermik gebe es Potenzialanalysen zum Ausbau der Solarthermie und, wenn möglich, der oberflächennahen Geothermie bei Neubauten. Im elektrischen Bereich werde vor allem der Ausbau von Photovoltaik empfohlen.

Im Vorfeld hatte Denk die Forderungen aus dem Beschluss zum Klimanotstand geprüft. Als sinnvoll erachtete sie vor allem einen Mobilitätsmanager, für den eine eigene Stelle geschaffen werden soll. Schließlich sei der Verkehr ein wesentlicher Faktor der negativen Energiebilanz der Stadt. Für die Stelle müsse man einen Förderantrag stellen, erklärte sie. Die klimaneutrale Energieversorgung von Neubauten und die Erhöhung der Sanierungsrate betreffe vor allem private Haushalte. Das sei zwar die richtige Zielgruppe - "wir brauchen private Haushalte mit im Boot", sagte Denk - dazu brauche es aber auch Anreize, die mit Kosten für die Stadt verbunden seien.

Wenig hielt die Wissenschaftlerin hingegen von dem geforderten halbjährlichen Emissionsbericht. Der bisherige jährliche Rhythmus reiche aus, sagte sie. Auch das bestehende Energiemanagement für städtische Gebäude, deren Anteil an der Bebauung gering sei, reiche aus. Das geforderte Klimaschutzkonzept bat sie "noch einmal zu überdenken". Vor drei Jahren habe man das Energienutzungskonzept erstellen lassen, seitdem gebe es "keine neuen Erkenntnisse". Die "Manpower" sei besser woanders investiert. Sie schlug stattdessen ein überparteiliches kleines Gremium vor, das die Zielsetzung für Wolfratshausen mit möglichst konkreten Maßnahmen definieren und sich Gedanken über den Budgetrahmen machen soll. "Ich werde mich entscheiden müssen: Was bedeutet Wirtschaftlichkeit?", mahnte sie. Der Stadtrat müsse darüber nachdenken, der Tonne Co₂ "ein Preisschild zu geben" - und mit Kritik aus der Bürgerschaft rechnen. "Wenn man den Klimanotstand ausruft, muss man das auch stehen", sagte Denk.

Im Stadtrat kam ihr Vorschlag gut an. Für die Arbeitsgruppe meldeten sich Josef Praller (BVW), Fritz Meixner (SPD) und Annette Heinloth (Grüne). CSU-Sprecher Günther Eibl schlug für seine Fraktion Claudia Drexl-Weile vor. Bei den Kritikern des Beschlusses zum Klimanotstand gab es indes auch Häme. "So schnell holt einen die Wirklichkeit ein", sagte etwa Manfred Fleischer (CSU-Fraktion). Denk habe den Stadtrat "den Spiegel vorgehalten, wo wir sind". Vor vier Wochen den Klimanotstand auszurufen und nun gegen ein Klimaschutzkonzept zu stimmen, sei schon "ein Schmankerl, das man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte". Am Ende stimmten aber alle Stadträte für das neue Gremium.

Einstimmig wurde auch beschlossen, weiterhin am "kommunalen Energieeffizienznetzwerk" teilzunehmen. In dem geförderten Projekt, das im kommenden Jahr ausläuft, hatte Wolfratshausen mit acht anderen Kommunen, darunter Geretsried und Gauting, die kommunalen Liegenschaften auf Einsparungspotenziale untersuchen lassen und insgesamt 66 Maßnahmen definiert, von denen zahlreiche umgesetzt wurden. Die bisher erzielte Einsparung liegt laut Denk bei etwa 60 000 Euro im Jahr. Der Vertrag soll nun bis 2023 fortgeführt werden. Die Kosten liegen bei etwa 2000 Euro pro Jahr.

© SZ vom 22.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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