Umstieg bei der Stromerzeugung:Notwendige Schritte auf einem weiten Weg

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Der Bundestagsabgeordnete Florian Post erläutert seinen Genossen in Wolfratshausen, wo die Bundesrepublik in Sachen Energiewende steht. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post spricht in Wolfratshausen über die Energiewende und erläutert, wie sie gelingen könnte

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Die Energiewende ist zur Zeit in aller Munde, nicht nur wegen des Klimafrühlings im Oberland. Bis 2035 will der Landkreis unabhängig von fossilen Energieträgern sein. Wie weit aber ist man mit diesem Ziel wirklich? Diese Frage hat kürzlich der Bundestagsabgeordnete Florian Post (SPD) zu beantworten versucht. Der Politiker, der bis vor Kurzem Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie war, kam auf Einladung der SPD-Ortsvereine Wolfratshausen, Geretsried und Icking ins Gasthaus Flößerei, um eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Immerhin ist man im Landkreis weiter als im Bundesdurchschnitt: Während in Bad Tölz-Wolfratshausen laut dem Wolfratshauser SPD-Vorsitzenden Peter Fasching bereits 2014 insgesamt 43 Prozent des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammten, sind es laut Post in der Bundesrepublik derzeit 37 Prozent. "Für ein Industrieland wie Deutschland ist das schon beachtlich", konstatierte der Bundestagsabgeordnete. Er stellte aber auch fest: "Wir haben noch einen weiten Weg vor uns."

Denn der Atomausstieg, der unter Kanzler Schröder bereits ausgemachte Sache gewesen, dann von der schwarz-gelben Regierung erst rückgängig gemacht und nach der Katastrophe in Fukushima wieder beschlossen worden sei, müsse bis 2022 erfolgt sein, sagte Post. Und in Bayern stammten derzeit noch 49 Prozent der verbrauchten Energie aus Atomstrom. "Drei Jahre sind ein Klacks, wenn man bedenkt, was alles geschehen muss, um den Ausstieg zu realisieren." Um das zu schaffen, ist es nach Ansicht Posts unerlässlich, Stromtrassen von Nord und Ost nach Süd zu errichten. Schließlich werde im Norden und Süden Deutschlands mit Windkraft viel Strom erzeugt, aber wenig verbraucht - während in Süddeutschland, wo wenig Energie erzeugt werde, die Industrie viel Strom benötige. Der Ausbau des Netzes sei von der bayerischen Staatsregierung "sträflich vernachlässigt worden", sagte Post. Der unter Söder gefasste Beschluss, dass die Stromtrasse flächendeckend unterirdisch realisiert werden soll, sei ein "Fehler", der den Ausbau enorm verzögere.

Post verteidigte den von der Bundesregierung für 2038 angesetzten Termin für den Ausstieg aus der Kohlekraft als "sehr, sehr vernünftigen Kompromiss", der auch den Strukturwandel in den Kohlegebieten berücksichtige. Dass mit dem Heizkraftwerk München-Nord nach dem Bürgerentscheid nun das "effizienteste Kraftwerk in der ganzen Bundesrepublik" vorzeitig abgeschaltet werde, kritisierte er. Das koste die Stadt München einen dreistelligen Millionenbetrag im Jahr, das Kraftwerk "hätte locker noch zehn Jahre laufen können".

Der Sozialdemokrat machte sich für einen bezahlbaren Strompreis stark und erläuterte die Strategie der Bundesregierung, Ausbaumengen für Fotovoltaik und Windkraft zu definieren: "Es heißt jetzt nicht mehr: je schneller desto besser, sondern je planbarer, desto besser." Deutschland investiere jedes Jahr 26 Milliarden Euro in den Ausbau erneuerbarer Energien, es gebe einen "knallharten Verteilungskampf" unter den Kraftwerksbetreibern.

Gegenwind bekam Post von Thomas Martin. Der Gründungsstifter der Energiewende Oberland sprach sich vehement gegen eine Stromtrasse von Nord nach Süd und für eine "regionale Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien" aus. Die Bayern-SPD sei "in vielen Punkten nicht kompetent genug, die Energiewende zu vertreten". Sie wehre sich etwa nicht energisch genug gegen die "10-H-Regelung", die den Ausbau der Windkraft unmöglich mache. Zudem sei es "Schwachsinn", dass Betreiber kleiner Fotovoltaikanlagen Mechanismen einbauen müssten, die ihre Anlagen bei zu viel Einspeisung abschalten.

Post gab sich in Sachen dezentrale Stromerzeugung "selbstkritisch". Man müsse bestimmte Dinge auch "korrigieren". Er ging auf Vor- und Nachteile von Wind- und Sonnenergie ein und stellte klar, dass Wasserkraft als einzige erneuerbare Energie "grundlastfähig", also rund um die Uhr nutzbar sei. Es gehe nicht an, gegen jedes geplante Kraftwerk und auch gegen den Netzausbau zu protestieren. "Einen Tod müssen wir sterben", sagte Post zur Energiewende.

© SZ vom 03.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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