"Tollhub" in Penzberg:Schlagkräftiges Festival

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Hunderte Besucher kommen bei Sommerwetter - vor allem Familien mit Kindern. Auf Gut Hub gibt es Wikinger-Kämpfe, Markttreiben, Theater und viele Mitmachaktionen.

Von Peter Buchholtz, Penzberg

Schon kurz nach 13 Uhr geht nichts mehr auf dem kleinen Parkplatz, der am Campingplatz gleich neben Gut Hub liegt. Die Autos reihen sich Stoßstange an Stoßstange aneinander, die Einsatzkräfte der Penzberger Feuerwehr haben alle Hände voll zu tun, um die Fahrer auf die deutlich größere Stellfläche bei der Firma Hörmann umzudirigieren. Und der Strom der Fahrzeuge reißt nicht ab. Dabei haben Tollhub-Markt und das Wikingerlager auf Gut Hub gerade erst begonnen. Eine Familie nach der anderen wandert vom Parkplatz zum Gut, bei sommerlichen Temperaturen von 25 Grad planschen schon ein paar Wasserratten im noch kalten Hubersee. Das Tollhub-Festival hat in den gut zwei Jahrzehnten seines Bestehen viele Fans gewonnen - so viel ist klar.

Unterricht im Axtwurf oder Wikinger-Show-Kämpfe: viel gibt es zu bestaunen beim Tollhub-Festival in Penzberg. (Foto: Hartmut Pöstges)

1994 wurde die Aktion "Kleinkunst" mit dem Ziel gegründet, dass "mehr Veranstaltungen in Penzberg stattfinden", sagt Organisatorin Evi Mummert. Veranstaltet wird das Tollhub von der Stadt und der Kleinkunst-Initiative, viele Sponsoren unterstützen das Familienfest. Knapp 40 Stände mit rund 200 Akteuren sind über das Gutsgelände verteilt. An der geteerten Straße findet sich ein breites Sortiment von Windlichtern über Brot und Cookies bis hin zu Stamperln, die "Glasie" - eine Schülerfirma vom Penzberger Gymnasium - aus abgeschnittenen Flaschenhälsen herstellt. Zuerst werden Flaschenhals und -bauch mit dem Glasschneider getrennt, danach mit der Maschine und von Hand geschliffen. Der Kronkorken formt den Boden des Schnapsglases.

Ein neuer Anstrich für Mammut-Skulptur "Hannibal", die Unbekannte beschädigt hatten: die Kinder sind beim Tollhub-Festival gut beschäftigt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Für die vielen Kinder bietet der Tollhub-Markt eine Menge Mitmach-Aktionen. Die Mädchen und Buben können Herzen häkeln und Seifen kneten, es gibt eine Carrera-Bahn und eine Kletterwand, am Stand vom Albert-Schweitzer-Waldkindergarten werden sie geschminkt und bekommen Glitzertattoos. Konzentriert sitzen die Kinder da und werden bemalt. Wer auf ganz natürliche Rot-Töne steht, erhält sie an diesem Samstag auch von der prallen Sonne auf die Haut gebrannt. Beliebt sind bei den mehreren Hundert Besuchern deshalb die Schattenplätze, ob mit Stuhl oder einfach auf der Wiese.

Riesenseifenblasen in rauhen Mengen wurden beim Tollhub-Festival in den strahlend blauen Himmel geschickt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Weiter unten haben zwei Wikinger-Stämme ihr Lager für die drei Tollhub-Tage aufgeschlagen. Ein neunköpfiger Stamm mit Mitgliedern aus Penzberg, dem Schwarzwald und vom Bodensee brät gerade ihr Mittagessen - Fisch mit Zitronenmelisse - über dem offenen Feuer. Zum Essen verzichten sie teilweise auf Besteck und benutzen einfach ihre Finger. Die Gruppe sieht sich als Händler und Handwerker, die sich mit "experimenteller Archäologie beschäftigen", wie Kathrin Forstner aus Penzberg sagt. Dazu gehöre zum Beispiel, dass sie Wolle mit Farbstoffen färben, die sie aus der Natur - etwa aus Pflanzen etwa - gewonnen haben. Ein Stück davon entfernt campieren die Wikinger vom Lechtal. Die 13-köpfige Gruppe hat schon gegessen. Es gab Saibling mit Röstkartoffeln - auch wenn sich die Kartoffeln und die Wikinger im frühen Mittelalter nie begegnet sind, da die Frucht schließlich erst Jahrhunderte später von den Spaniern von Südamerika nach Europa importiert wurde. Das gibt auch Manfred Göppel zu. Der 45-Jährige ist der Jarl der Gruppe, so etwas wie der regionale Fürst unter den Nordmännern. Bei seinem Stamm geht es wilder zu: Die Kinder werden im Axtwurf unterrichtet, die Wikinger aus dem Lechtal führen Schwertkämpfe vor, womit sie die kleinen Besucher in ihren Bann ziehen. Mit offenen Mündern beobachten sie ihnen aus sicherer Entfernung die Duelle. Ausrufe wie "Boa" oder "Wow" kommen allerdings nicht von ihnen, sondern von ihren Vätern, die sich von den schweißtreibenden Kämpfen mit Ein- und Zweihandschwertern sichtlich beeindruckt zeigen.

Zum Auftakt des Festivals trat der Comedian Ingo Appelt am Freitagabend fast drei Stunden lang vor 280 Zuschauern auf Gut Hub auf. "Ein paar mehr hätten noch reingepasst", sagt Evi Mummert. Ausverkauft waren dafür beide Theatervorstellungen am Samstag. Bei "Kasperl und die Stinkprinzessin" waren auch noch vor dem Theatersaal die Rufe und das Lachen der Kinder zu hören. Spätnachmittags startete auf der Freilichtbühne inmitten des Kleinkunstmarkts die "Mutige Talente Live"-Show mit Kabarett, Gitarren- und Bassspielern. Am Sonntag ging das Festival einem Kleinkunst-Frühschoppen und musikalischer Unterhaltung mit Andreas Bittl, Hermina Szabo und Kathrin Anna Stahl zu Ende.

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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