Autor Stefan Boes hat ein neues Werk herausgebracht:Mit Marc und Münter in der Gartenlaube

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Den Beuerberger Fischteich hat Stefan Boes als Lieblingsort für ein Gespräch über sein Buch ausgewählt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Herausgeber der Zeitschrift "KulturLand" stellt Lieblingsplätze vom Tölzer Land bis zum Schliersee vor

Von Anja Brandstäter, Bad Tölz

Einen Lieblingsplatz zu finden, darauf versteht sich Stefan Boes. Zum Treffen in Beuerberg schlägt er spontan den Fischteich vor, den seinerzeit die Augustiner Chorherren ein paar Schritte vom Dorf entfernt angelegt haben. Es ist ein friedlicher, ein stiller Ort. In ein paar uralten Eichen zwitschern Vögel, große Karpfen sonnen sich dicht unter der Oberfläche des Wassers. Das Kloster Beuerberg und seine gewachsene Dorfstruktur seien einzigartig, sagt Boes. Hier könnte er direkt ansetzen und eine Fortsetzung des Buches "Lieblingsplätze" schreiben. Denn die Liste der Orte, die nicht in der aktuellen Ausgabe stehen, ist lang.

Heike Hoffmann hat die Lieblingsplätze fotografiert. (Foto: Nila Thiel)

Das Buch "Lieblingsplätze, Tölzer Land - Tegernsee - Schliersee" hat Boes, Herausgeber der 1989 gegründeten Zeitschrift KulturLand, zusammen mit der Historikerin, Autorin und Fotografin Heike Hoffmann geschrieben. Der Untertitel heißt "Idyllische Ausflugsziele. Naturnah genießen. Erlebnisse für Familien". Es ist eine Einladung, das Alpenvorland neu zu entdecken.

"Das Tölzer Land gleicht einem Paradiesgarten mit seinen Seen, Mooren und Flüssen. Klöster, Kirchen und Museen zeugen von einer glanzvollen Kultur", sagt Boes. Ihn interessieren besonders die Menschen, die etwas geschaffen haben. "Kaum einer kennt die Gartenlaube von Franz Marcs Atelier in Sindelsdorf." Dort saßen im Jahre 1911 Franz Marc, Jean Bloé Niestlé, Heinrich Campendonk, Wassily Kandinsky und Gabriele Münter an einer Kaffeetafel und gründeten die Redaktion des Almanachs "Der Blaue Reiter".

Die historische Laube wurde vor dem Verfall gerettet und sorgfältig erneuert. "Sie ist tatsächlich unscheinbar. Wenn dort keine Schilder aufgestellt wären, würde man sie gar nicht finden", sagt Boes. Die Gartenlaube ist Teil des "Malerwegs", der durch Sindelsdorf zu den Stätten des Blauen Reiters führt. "Er eröffnet Sichtachsen, wie sie auch die Maler sahen, er zeigt Gasthöfe und Cafés, in denen die Künstler verkehrten, und lenkt den Blick auf die damaligen Wohnungen von Franz Marc, Jean Bloé Niestlé und Heinrich Campendonk."

Den Grundgedanken des Buches erklärt der Autor so: "Die Dinge, an denen man normalerweise vorbeiläuft, wollten wir zu etwas Besonderem machen." Ein Beispiel sei der Kalkofen, der etwas versteckt nördlich von Lenggries auf dem Weg nach Arzbach liegt. Dieses frühindustrielle Denkmal sei der letzte Rest Dutzender solcher Kalköfen, die noch Anfang des 20. Jahrhunderts in Betrieb waren. Das Kalkbrennen sei ein lukratives, aber auch mühsames Handwerk gewesen, denn man musste geeignete Steine suchen. Diese Arbeit erledigten die sogenannten "Stoaweiber". Die Frauen sammelten kleine und große Steine im Kiesbett der Isar und trugen sie hinauf zum Ofen.

Eine architektonische Besonderheit findet sich im Freilichtmuseum Glentleiten in Großweil. "Weil der bayerische Winter ganz schön kalt sein kann, haben die Menschen sich mit dem Rundumkaser zu helfen gewusst", erklärt Boes. Bei dieser Bauart liegt der Wohnbereich innen, während die Stallungen rundherum verlaufen. "Das Vieh wärmte die Stube, so dass es im tiefsten Winter warm war."

Dem Buch sieht man nicht an, dass es unter Hochdruck entstanden ist. Von Oktober bis Februar arbeiteten die beiden Autoren an der Publikation. Schwierig sei es gewesen, die Fotos zusammenzutragen. "Besonders abenteuerlich war es, den Kirchsee zu fotografieren", berichtet Boes. "Es gab dort plötzlich sehr viele Mücken, die ich ständig auf der Linse hatte." Der unter Naturschutz gestellte See speist sich ausschließlich aus den Bächen der geschützten Moore, so dass das Wasser weich und warm ist.

Am Tegernsee erinnert dieses Denkmal an Thomas Mann mit seinem Hund Bauschan. Das Café Kogel, in dem der Dichter den Hund bekommen hat, soll in die nächste Ausgabe der "Lieblingsplätze" aufgenommen werden. (Foto: Manfred Neubauer)

Einige seiner Lieblingsplätze hätten nicht Eingang in die Publikation finden können, bedauert Boes. Dazu zählt das Café Kogel, das Marianne Appel einige Jahrzehnte lang führte. An den Wänden hingen Jagdtrophäen ihres Vaters aus der ganzen Welt. Wegen ihres Alters hat sie das Haus vor einigen Jahren verkauft. Im Café Kogel wurde Thomas Mann und seiner Familie ein Mischlingshund mit dem Namen Bauschan übergeben. Bauschan wurde der Lieblingshund des Literaten und Protagonist in seinem Werk "Herr und Hund".

Sollte es eine Erweiterung des Buchs geben, möchte Boes den Skulpturenpfad "Sinneswandel" auf dem Blomberg aufnehmen. "Wie kommt die Steinjungfrau von Stephanie von Quast da hoch? Das Steinobjekt ist riesengroß", fragt sich Boes. An die 30 Werke namhafter Künstler aus der Region sind auf dem Pfad zu sehen.

Wie kommt Stefanie von Quasts schwere "Steinjungfrau" auf den Berg? Die Antwort will Stefan Boes im nächsten Buch geben. (Foto: Manfred Neubauer)

Man kann also hoffen, dass es bald eine Fortsetzung gibt. In Anbetracht steigender Energiepreise werden Ausflugstipps zu besonderen Orten in der näheren Umgebung immer wertvoller und öffnen Auge und Herz für Traditionshandwerk, vorzügliche Gasthäuser, gemütliche Biergärten, Hofcafés, Bauernläden und Almen.

Lieblingsplätze Tölzer Land - Tegernsee - Schliersee, Gmeiner Verlag, Meßkirch 2021, 18 Euro, ISBN 978-3839226308

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