"Temporärer Kunstsalon":Frische Brise

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Künstlergruppe "Die Burg" zu Besuch in Starnberg

Von Katja Sebald, Starnberg

Es war eine formidable Einladung zu einer Ausstellung im altehrwürdigen Liebenweinturm auf der Burghauser Burg, nun folgte der Gegenbesuch: Zwischen den Künstlern der Ateliertage am Westufer des Starnberger Sees und der Künstlergruppe "Die Burg" aus Burghausen besteht seit dem vergangenen Sommer ein reger Austausch - jetzt haben die Starnberger ihren Gästen eine Vernissage im "Temporären Kunstsalon 5" ausgerichtet. Noch bis Mitte April ist die Ausstellung "Gegenbesuch" mit Arbeiten von neun Künstlern zu sehen.

Bestens bekannt am Starnberger See ist Inge Kurtz, die nicht nur die Gedok-Ausstellung in der Akademie für Politische Bildung in Tutzing kuratiert, sondern auch bereits zweimal in der Reihe "Nah - fern" in Starnberg ausstellte. Die so vielseitige wie ungewöhnliche Multimedia-Künstlerin wechselt in ihrer bildnerischen Arbeit virtuos vom Pinsel zur Maus und zur Kamera. Ihre Bildgeschichten spielen irgendwo zwischen echter Welt und virtueller Realität, sie verführt den Betrachter zum "Ego Update" oder lässt ihn durch ein befremdliches Traumland wandeln.

Um einen Lebenstraum geht es in den Bildern von Alto Hien, der sich selbst als den "altmodischsten" unter den Malern der Gruppe bezeichnet: Seit vielen Jahren verfolgt er das Thema "Haus am Meer", das er in unzähligen Variationen in Öl auf Leinwand umsetzt. Die schlichte, meist stark vereinfachte Hausform vor der Kulisse eines ruhig daliegenden Ozeans mit niedrigem Horizont unter einem weiten Himmelszelt ist ihm zum Sinnbild für die ideale Künstlerexistenz geworden. Häuser sind auch in den meist kleinformatigen Bildern von Manfred Baumgartner zu finden. Sie sind jedoch eher als "Häuserwesen" zu verstehen. Mal öffnen sie all ihre Fenster und ruhen sich unter einem Himmel mit Schäfchenwolken aus, mal reiten sie auf dem Rücken eines wildgewordenen Schweins durch apokalyptische Szenarien.

Ruhige, fast meditative Bildwelten in sanften Grüntönen schafft Susanne Hofler-Resch, die im sogenannten echten Leben eine psychotherapeutische Praxis führt und sich in ihrer Malerei ganz dem Feigenblatt widmet. Falls sie dabei auch berufsbedingte Hintergedanken hegt, dann ist das ihren fein-dekorativen Bildern, deren einziges Motiv die charakteristisch gezackte Blattform ist, nicht anzusehen.

Wolfgang Brunner hat sich ebenfalls an einem Motiv "festgebissen": In Starnberg zeigt er Nudeln, als klassische Ölmalerei vor schwarzen Bildgrund. Die Nester aus breiten Bandnudeln, italienische Pappardelle, hat er so extrem vergrößert und farblich verfremdet, dass man eher an eine optische Spielerei mit der Endlosschleife des Möbius-Bandes denken möchte als an ein schnödes Lebensmittel.

Auch Agelinde Scholl findet ihre Motive im Alltag. Sie zeigt eine Fotoserie, die 2009 auf mehreren Zugfahrten entstand. Die aufgeklebten Piktogramme auf den Scheiben, die das Hinauslehnen aus dem Fenster und das Hinauswerfen von Flaschen untersagen, hatten sich in der Sonnenhitze verformt und zu merkwürdigen Bildgeschichten verselbstständigt - die Aneinanderreihung mehrerer solcher Fotos wirkt nun wie die Anleitung zu sehr komplizierten Turnübungen.

Ihr Mann Manfred Scholl ist Keramiker und zeigt eine Installation aus kleinen, stark abstrahierten, aber dennoch höchst ausdrucksvollen Kopfbüsten, die, in einem Regal vor kleinen Spiegeln aufgestellt, zu einer vielfältigen "Ich-Bespiegelung" werden.

Günther Stallbauer malt unter dem Motto "Schönheit ist heilbar" Grimassen in fotorealistischer Manier. Und schließlich ist Silvia Menzel mit einer Reihe farbiger Holzschnitte vertreten, auf denen sich eine Nackte als "Europa in Erwartung" räkelt. Die Druckplatten bearbeitet sie nicht mit Schnitzwerkzeug, sondern mit der Kettensäge, wodurch eine extrem grobe Bildstruktur entsteht. Den "verletzten" Körper der Dame Europa will sie durchaus politisch verstanden wissen.

Temporärer Kunstsalon 5, Josef-Jägerhuber-Straße 5 (1. Obergeschoss), Starnberg, bis 14. April, Telefon 08151/74 49 61

© SZ vom 01.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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