SZ-Adventskalender:Ein Leben voller Schicksalsschläge

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Tod und Krankheiten prägen den Alltag von Anneliese Schramm und ihrer Familie. Für eine neue Brille fehlt der Witwe das Geld

Von Ingrid Hügenell, Bad Tölz-Wolfratshausen

Das Leben hat Anneliese Schramm (Name geändert) und ihrer Familie übel mitgespielt, immer wieder. Ihr Mann hatte 2001 einen Herzinfarkt und mehrere Gehirnschläge. Danach lag er sieben Jahre lang im Wachkoma in einer Spezialklinik bei Nürnberg, bis er starb. Ihre Mutter brach vor den Augen der Enkelin zusammen und starb. Die Tochter hatte Krebs, die Enkelin eine Essstörung. Und Anneliese Schramm ist selber so krank, dass sie nicht mehr arbeiten kann. "Es wird schon besser werden", sagt sie und seufzt.

Früher hatte die 62-Jährige als Putzkraft einen 450-Euro-Job, doch arbeiten kann sie nicht mehr, obwohl sie das gerne täte. Denn sie leidet unter mehreren Krankheiten. Da ist zum einen das Asthma, das ihr besonders bei feuchtem, kaltem Wetter das Atmen schwer macht. Ausgelöst haben es Allergien auf Pollen, Tierhaare und verschiedene Lebensmittel. Manchmal schwellen ihr wegen der Allergien nachts Zunge und Hals so zu, dass sie ins Krankenhaus muss. "Das Schlimmste ist dann die Angst", sagt sie - davor, einfach zu ersticken.

Dazu kommt Arthrose. Besonders schlimm sei die Rhizarthrose, sagt sie und massiert ihre Finger. Rhizarthrose ist eine Verschleißerscheinung des Daumengelenks, bei Anneliese Schramm vermutlich verursacht durch jahrelanges Auswringen von Scheuerlappen und die ständige Feuchtigkeit beim Putzen. Sie habe dadurch immer Schmerzen, an beiden Händen, sagt sie - und hofft doch, dass es irgendwann auch wieder besser wird. Kürzlich kam noch eine Thrombose im Bein dazu. Weil sie nicht mehr arbeiten kann, lebt sie von der kleinen Witwenrente und der Grundsicherung.

Dennoch würde sie mit dem Geld wohl halbwegs auskommen, wenn nur die Miete nicht so teuer wäre. Alle zwei Jahre setze der Vermieter sie herauf, sagt Schramm. Sobald in der Gemeinde eine Wohnung frei werde, erhalte sie die. Aber das könne dauern. Überhaupt die Gemeinde! Die Sachbearbeiterin, die im Rathaus für Soziales zuständig ist, "die ist so nett". Und die Frau, die die Tafel organisiert, sei ein Engel.

Anneliese Schramm hat auch das Glück, Freunde und Verwandte zu haben, die ihr helfen, für sie Fahrten übernehmen und kleine Reparaturen ausführen. Die Zeitung bekommt sie von Nachbarn, wenn die sie gelesen haben. Doch die dringend benötigte neue Gleitsichtbrille müsste sie selber kaufen, und dafür ist einfach kein Geld da. "Wenn ich die bekommen könnte, das wäre wunderbar", sagt sie und strahlt.

Ihre alte Brille ist mehr als zehn Jahre alt, die Gläser werden trüb. Anneliese Schramm kann damit einfach nicht mehr gut sehen.

© SZ vom 16.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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