Streckenausbau bei Wolfratshausen:Nächster Halt: Bürgerdialog

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Die S-Bahnlinie 7 soll um mehr als neun Kilometer nach Geretsried verlängert werden. Bis jetzt gibt es gegen das Gleisprojekt deutlich weniger Widerstand als noch vor knapp fünf Jahren, als das Planfeststellungsverfahren vorläufig abgebrochen wurde. (Foto: Georgine Treybal)

Nach längerer Pause treibt die Deutsche Bahn die Verlängerung der S-Bahnlinie 7 nach Geretsried wieder voran. Am Donnerstag werden die aktualisierten Pläne vorgestellt

Von Felicitas Amler,Konstantin Kaip und Florian Zick, Wolfratshausen/Geretsried

Nach mehr als vier Jahren des gefühlten Stillstands kommt wieder Bewegung in den Ausbau der S-Bahnlinie 7 bis Geretsried. Am Donnerstag findet dazu eine von den Befürwortern des Streckenausbaus lang ersehnte Informationsveranstaltung der Deutschen Bahn (DB) in Wolfratshausen statt, in der Woche darauf gibt es denselben Termin noch einmal in Geretsried. Im Stundentakt stellt die DB dann dort die Pläne für die neue Strecke vor.

Der Bürgerdialog ist aber noch nicht der Auftakt zum erforderlichen Planfeststellungsverfahren. Dazu sollen laut Regierung von Oberbayern "voraussichtlich Mitte Februar" die Planungsunterlagen für einen Monat öffentlich ausgelegt werden. Erst dann können Einwendungen gegen das große Bahnprojekt erhoben werden. Stimmung gegen den Ausbau haben in früheren Jahren vor allem Naturschützer und Bauern gemacht - die einen wegen der Eingriffe in die Landschaft, die anderen, weil wegen des Schienenprojekts auch Eingriffe in landwirtschaftliche Flächen notwendig sind.

Der Bund Naturschutz (BN) wird allerdings wider Erwarten wohl keinen Einspruch gegen die Planungen erheben. Es sei zwar sehr schade um die Buckelwiesen mit ihrem Artenreichtum. "Solche Naturschätze sollten schon pfleglich behandelt werden", sagt Friedl Krönauer, Vorsitzender des BN im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. "Wir hätten uns deshalb auch gefreut, wenn es eine Alternative gegeben hätte", so Krönauer. Man hätte zum Beispiel den Endbahnhof Geretsried-Süd verlegen können, weg vom vorgesehen Standort zwischen der Jeschkenstraße und dem Geretsrieder Stadtteil Stein. Dann wären die Blühwiesen dort verschont geblieben. Der Ausbau der S-Bahnstrecke sei aber "äußerst notwendig", findet Krönauer. "Wir wollen da nicht die Verhinderer sein." Noch habe man sich mit dem Landesverband nicht final abgestimmt. Aber weil es auch im Interesse des Naturschutzes sei, dass der öffentliche Nahverkehr funktioniert, werde man wohl keine Einwendungen erheben.

Im Geretsrieder Rathaus sind bislang auch keine Einwände gegen das große Bahnprojekt bekannt geworden - "zumindest nichts Frisches", sagt Thomas Loibl, der Sprecher der Stadt. Die "bestehenden Befindlichkeiten" kenne man ja noch vom Planfeststellungsverfahren vor knapp fünf Jahren. Dass es nun noch einmal neue Problemstellen gibt, sei ihm jedoch nicht bekannt, so Loibl. Dafür sei nun aber auch das weitere Verfahren da, um das Projekt auf Probleme abzuklopfen.

Was die Bauern angeht, so vermutet der Geltinger CSU-Stadtrat Franz Wirtensohn, selbst Landwirt, dass "nicht viele Klagen kommen". Die meisten Bauern, so seine Annahme, hätten Einwände erhoben, um eine bessere Verhandlungsposition im Hinblick auf Ersatzgrundstücke zu haben. Für die 9,2 Kilometer lange S-Bahn-Trasse gingen immerhin 20 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche verloren, viele Felder würden durchschnitten. "Es bleiben lauter Spitzerl übrig", so Wirtensohn. Er selbst allerdings sei von der Trasse respektive der Zufahrt zu einer Brücke zwischen Gelting und Buchberg nur minimal "mit einem ganz kleinen Eckerl betroffen".

Das Planfeststellungsverfahren war im März 2015 abgebrochen worden, nachdem sich im Rahmen von zwei runden Tischen herausgestellt hatte, dass die Wolfratshauser der Verlängerung der Bahntrasse niemals zustimmen werden, wenn ihre Stadt dadurch in zwei Teile zerschnitten wird. Seitdem wird die Strecke an der Kreuzung mit der Sauerlacher Straße unterirdisch geplant.

Wieder ins Planfeststellungsverfahren einsteigen zu können wertet die Bahn als "großen Schritt vorwärts". Mit dem Bürgerdialog am Donnerstag in Wolfratshausen und eine Woche später in Geretsried wolle man mit allen Betroffenen wieder ins Gespräch kommen.

Hans Gärtner ist gespannt auf die Dialogveranstaltung der Bahn. Schließlich geht die Tunnellösung auf seinen Vorschlag von 2013 zurück. Der studierte Kommunikationsdesigner aus Wolfratshausen hatte ein Jahr lang an seinem 30-seitigen Konzept für einen unterirdischen Bahnhof in der Loisachstadt gearbeitet und dafür die Gegebenheiten in der Stadt genau vermessen. Das Papier hatte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zum Anlass für den ersten runden Tisch und dann für die Neuplanung der Bahn genommen. Anders als Gärtner, der den Tunnel aus Kostengründen eingleisig erdacht hatte, sehen die Planer jedoch einen zweigleisigen unterirdischen Bahnhof mit Mittelbahnsteig vor. Nur so sei ein 20-Minuten-Takt realisierbar, so die Argumentation. Übernommen hat die Deutsche Bahn dagegen Gärtners Vorschlag, das Industriegleis oberirdisch zu belassen, was laut Gärtner die Tunnellänge deutlich verkürzt und eine "Riesenersparnis" bedeutet.

Zuletzt habe es 2014 eine Skizze der Planer gegeben, wie der Bahnhof gestaltet werden kann. "Damals wollten sie innerhalb von zwei Jahren eine Tektur vorlegen", sagt der Hobby-Planer, der auch SPD-Mitglied ist. Die jahrelange Verzögerung bedeute natürlich eine Steigerung der derzeit noch angenommenen Baukosten von 167 Millionen Euro. "Diese Veranstaltung ist höchst deshalb überfällig", sagt Gärtner. "Ich bin erstens gespannt, was rauskommt - auch was die Kosten betrifft. Und zweitens darauf, wie das jetzt tatsächlich ausschaut."

© SZ vom 15.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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