Stadträte lehnen Vorhaben ab:Asyl im Gewerbegebiet

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Eine Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 84 Asylbewerber will der Immobilienunternehmer Sepp Schwarzenbach auf diesem Parkplatz errichten. (Foto: Hartmut Pöstges)

Flüchtlingsunterkunft auf dem "Turm"-Parkplatz: Während das Landratsamt das Projekt positiv sieht, will Wolfratshausen es verhindern

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Im steten Bemühen, dringend benötigte Unterkünfte für Flüchtlinge zu schaffen, zeichnet sich ein Konflikt zwischen dem Landratsamt und der Stadt Wolfratshausen ab. Deren Bauausschuss hatte im Oktober einstimmig einen Antrag des Immobilienunternehmers Sepp Schwarzenbach abgelehnt, am Parkplatz seines Disco-Komplexes "Turm" am Hans-Urmiller-Ring ein Wohnheim mit 28 Räumen für bis zu 84 Menschen zu bauen. Nun muss sich der Ausschuss abermals mit dem Thema befassen. Denn das Landratsamt als die letztlich entscheidende Behörde hält das Wohnheim sehr wohl für genehmigungsfähig und verlangt dazu nun eine Stellungnahme der Stadt.

Die Stadträte im Bauausschuss hatten gegen Schwarzenbachs Plan grundsätzliche Einwände - vor allem den, dass Flüchtlinge nicht gesammelt ins Gewerbegebiet abgedrängt werden sollten, sondern in dezentral übers Stadtgebiet verteilten Wohnungen viel besser und integrationsfördernder untergebracht seien. Asylbewerber gehörten "ins Zentrum, in die Stadt" und eben nicht ins Gewerbegebiet, hatte etwa BVW-Fraktionssprecher Josef Praller bekräftigt. Zudem hatte Praller vorgerechnet, dass in dem beantragten, dreigeschossigen Holzständerbau jeder Flüchtling nur neun bis zehn Quadratmeter Platz hätte, was eindeutig zu wenig sei.

Als verwaltungstechnisch schlagendes Argument gegen die Genehmigung des Wohnheims galt den Räten dabei jedoch der Lärmschutz: Am Rande eines vor allem nachts genutzten Disco-Parkplatzes würden die Bewohner kaum Ruhe finden, hieß es im Ausschuss. Und auch Schwarzenbachs eilends nachgelieferte Versicherung, neben dem Wohnheim nicht die ständig kommenden und gehenden Gäste, sondern nur das Personal der Disco parken zu lassen, verfing bei den Räten nicht.

Inzwischen hat Schwarzenbach dem Landratsamt jedoch ein Gutachten vorgelegt, dem zufolge die Beeinträchtigung durch den Lärm tolerierbar sei, sagt Bürgermeister Klaus Heilinglechner, der den Punkt nun am kommenden Mittwoch im Bauausschuss besprechen lassen muss. Wie im Oktober der gesamte Bauausschuss, fürchtet auch Heilinglechner eine mögliche Präzedenzwirkung des Projekts. Lautete im Oktober die Sorge noch eher, dass damit auf lange Sicht dem Wohnen im Gewerbegebiet Tür und Tor geöffnet werden könnte, so sind Heilinglechners aktuelle Befürchtungen konkreter: Der Stadt lägen schon seit Längerem noch weitere Anfragen vor, die Flüchtlingsunterkünfte im Gewerbegebiet zum Ziel hätten. Ob sich diese Anfragen weiterhin hintanstellen lassen, wenn das Landratsamt nun gegen den Willen der Stadt Schwarzenbachs Wohnheim am Turm-Parkplatz genehmige, sei äußerst fraglich. Aus Sicht der Eigentümer von leer stehenden Gewerbeimmobilien sei es angesichts der aktuellen Situation naheliegend, die Räume als Flüchtlingsunterkunft anzubieten, sagt Heilinglechner. Der Staat sei ein sicherer und zahlungskräftiger Mieter, der die Immobilie auch zuverlässig wieder räume, wenn der Vermieter sie irgendwann nicht mehr zu Verfügung stellen wolle. Aus Sicht der Stadt jedoch hat sich an den Bedenken gegen Unterkünfte im Gewerbegebiet seit Oktober nichts Wesentliches geändert. Grundsätzlich teilt auch das Landratsamt die Ansicht, dass dezentrale Unterkünfte in vielerlei Hinsicht besser wären. Zugleich sieht sich die Behörde allerdings längst nicht mehr in der Lage, auf diese Weise genügend Wohnraum zu beschaffen.

Schwarzenbach hatte vom Wolfratshauser Turm aus einst ein kleines Disco-Imperium aufgebaut, war damit aber irgendwann in die Pleite und in die Privatinsolvenz gerutscht. Vor einigen Jahren hat er den Komplex über ein Geflecht von verschiedenen Firmen wieder unter seine Kontrolle gebracht. Inzwischen hat er es als Geschäftsmodell für sich entdeckt, Wohnheime für Flüchtlinge zu errichten und scheut dabei auch anderenorts keinen Konflikt mit der jeweiligen Kommune.

© SZ vom 30.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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