Flößerstadt allein, das ist zu wenig. Wolfratshausen braucht für seinen Auftritt in der Öffentlichkeit, aber auch für sein Selbstverständnis etwas Nachhaltiges, Sinnstiftendes, Profilprägendes. Dieser Meinung von Kulturreferent Alfred Fraas (CSU) hat sich der örtliche Kulturausschuss angeschlossen, der dem Stadtrat einmütig empfiehlt, ein eigenes Kulturleitbild auf den Weg zu bringen. Dass es ein Projekt ist, das sich nicht von heute auf morgen umsetzen lässt und eine Menge Arbeit, Diskussionen, womöglich auch Kontroversen mit sich bringt, ist den Stadträten aus allen Fraktionen klar. Allesamt waren sie aber beeindruckt von der Vorarbeit, die Fraas geleistet hatte: Er umriss anhand einer allseits als professionell gelobten Powerpoint-Präsentation die möglichen Ziele und das konkrete Procedere eines solchen Leitbildprozesses.
Die bisherige Charakterisierung "Flößerstadt" sei weder emotional bewegend noch einprägsam, bemängelte Fraas, sie sei auch kein Alleinstellungsmerkmal wie es beispielsweise München als "Weltstadt mit Herz" besitze. Umso mehr ist es aus seiner Sicht notwendig, Zweck und Richtung der Kulturarbeit zu definieren und Zukunftsvisionen zu entwickeln, dafür aber auch die institutionellen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Unter anderem geht es Fraas nicht nur um neu zu ermittelnde "Kernziele", sondern auch um konkrete Fragen: Welche Zielgruppen und welche Inhalte sollen gefördert werden, auf welchen Wertvorstellungen sollte die Förderung beruhen, wo sollten Schwerpunkte liegen und welche besonderen Dienstleistungen kann die Stadt den Kulturschaffenden anbieten?
Was am Ende bei alledem herauskommen soll, will Fraas nicht als "ein Stück Papier" verstanden wissen, sondern als eine "Prozessbeschreibung" zwischen Kulturschaffenden und Kulturvermittelnden, zwischen Gästen und Bürgern der Stadt, zwischen Touristen, Vereinen und "Stakeholdern", also jenen, die Kultur gestalten. Erste Schritte könnten Fragebögen sein, die "zielführende Maßnahmen" ermitteln, auch Workshops. Für dies alles schwebt Fraas ein Zeitplan vor, an dessen Ende ein Stadtratsbeschluss stehen müsste. Um dies zu gewährleisten, bedürfe es einer Menge Entschlossenheit: "Wir brauchen Leute, die anpacken, nicht nur Bedenkenträger."
Als solcher zeigte sich im Ausschuss lediglich Peter Ley (BVW), der die Meinung vertrat, dass die Kulturförderung letztlich doch immer eine Frage des Geldes sei. Und da habe es mit den Zuschüssen doch immer ganz gut geklappt. Was das erwünschte Leitbild betrifft, stellte sich Ley die Frage, "wer eigentlich die ganze Arbeit machen soll".
Peter Plößl (CSU) hingegen war von der Fraas-Initiative nicht nur angetan, sondern bewertete sie sogar als dringend nötig: "Die Stadt hat ja alle möglichen Verträge, die sich auf ein Kulturleitbild stützen, über das wir gar nicht verfügen." Umso mehr gelte es, sich jetzt auf den Weg zu machen und die ersten Stufen bis zu einem "Point of no Return" zu erklimmen, von dem aus der Rückweg weiter sei als der Weg zum Ziel.
Annette Heinloth (Grüne) zeigte sich "schwer beeindruckt" von der Präsentation, bekannte aber, dass sie sich "eigentlich etwas Kompakteres" vorgestellt habe. Für den langwierigen Prozess brauche man "einen Motor, damit das nicht am Ende wieder alles in der Schublade verschwindet". Gerlinde Berchtold (SPD) hingegen würde das Projekt lieber auf eine noch breitere Ebene gestellt sehen: "Bei mir steht ein Stadtleitbild ganz oben, ein Kulturleitbild sollte eigentlich nur eine Säule davon sein", erklärte sie übereinstimmend mit Heinloth. Wolfratshausens Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) griff die Motor-Metapher auf und deutete sie in dem Sinne, "dass das schon ein Mehrzylinder sein muss".