Stadtentwicklung in Geretsried:"Vorne das Leben, hinten die Ruhe"

Lesezeit: 3 min

Die Baugenossenschaft zeigt mit Transparenten an den Fassaden der Egerlandstraße 58 bis 74, was anstelle der Häuser aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren errichtet werden soll. (Foto: Felicitas Amler)

Die Baugenossenschaft Geretsried plant an der Egerlandstraße einen Wohn- und Geschäftskomplex, der das neue Stadtzentrum am Karl-Lederer-Platz abrunden soll.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Bei der Baugenossenschaft (BG) Geretsried gibt es noch Wohnungen, die einen Quadratmeter-Mietpreis "mit einer Drei vor dem Komma" haben, wie Geschäftsführer Wolfgang Selig sagt. Das Spektrum im BG-eigenen Bestand von 2244 Wohnungen reiche von 3,70 bis 9,50 Euro pro Quadratmeter und die Qualität von unsaniertem über sanierten Altbau bis zu Neubau. Einen solchen plant die Genossenschaft auch im Geretsrieder Stadtzentrum: an der Egerlandstraße, die in der Rathaus-Sprache zusammen mit dem Karl-Lederer-Platz eine "T-Zone" bildet.

Wie bei dem lange umstrittenen siebengeschossigen Wohn- und Geschäftshaus der Krämmel-Gruppe am Karl-Lederer-Platz 14 bis 18, das gerade gebaut wird und seine Dimension in Höhe und Tiefe inzwischen schon erahnen lässt, ist auch bei der BG Klaus Kehrbaum der Architekt.

Unschwer kann man erkennen, dass die bescheidenen dreigeschossigen Häuser an der Egerlandstraße 58 bis 74 - überwiegend in fahlem Gelb gehalten, aus dem gelegentlich eine Applikation in Kaki hervorspringt - in den späten Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren gebaut wurden. Es gäbe für die Baugenossenschaft mehr als einen Grund, dort Hand anzulegen: Schallschutz, Wärmeschutz, Barrierefreiheit, Brandschutz - nichts davon entspricht heutigen Standards. Und: Die Wohnungen reichen bis ins Erdgeschoss - in bester Einkaufslage nicht gerade das, was eine Stadt sich wünscht. "Wir unterbrechen mit den Erdgeschosswohnungen die dringend nötige Verbindung in der Lauflage der Egerlandstraße", sagt BG-Geschäftsführer Selig. Deswegen sollen dort künftig kleine Geschäfte und sogenannte "Ankerläden" zu finden sein. Eine Ergänzung zur Neugestaltung des Karl-Lederer-Platzes, an dem sich ein großer Edeka-Markt ansiedelt, der - so die Hoffnung der Planer - neues Geschäftsleben nach sich ziehen wird.

"Mikro-Shops und Ankermieter"

Die BG will an der Egerlandstraße einen neuen Komplex errichten, der teils auf fünf, teils auf sechs Geschossen 93 statt bisher 72 Wohnungen umfasst, dazu fünf bis sieben Ladeneinheiten. Dabei ist von "Mikro-Shops" mit 30 bis 45 Quadratmetern die Rede. Und von zwei großen "Ankermietern"; das könnten Textil- oder Drogeriemärkte sein, aber auch ein Discounter, sagt Selig. Entschieden sei das noch nicht - er wundere sich immer, wenn Stadträte erklärten, was sich da genau ansiedle, sagt der Geschäftsführer. Denn noch verhandle er. Selig kündigt an: "Wenn die kalte Jahreszeit rum ist, sollten alle Ankermietverträge unterschrieben sein."

Beim Zeitplan für die Egerlandstraße mischt der Mauersegler mit. Denn dieser besonders geschützte Zugvogel ist dort nachgewiesen. Und während seiner Brutzeit dürfen die Gebäude nicht abgerissen werden. Für den Abbruch habe die BG "ein enges Zeitfenster" von 1. November 2019 an bis 28. Februar 2020. Und so lange werde es auch dauern, meint Selig. Anschließend könne der Bau beginnen, mit dessen Fertigstellung bis Oktober/November 2022 zu rechnen sei.

Von 74 Parteien im Bestand seien jetzt noch 26 da, erklärt der Geschäftsführer. Von diesen wiederum seien zwei gewerbliche Mieter und sieben hätten bereits Vorverträge für die Siebenbürger Straße unterzeichnet. Denn dort errichtet die BG gerade 49 neue Sozialwohnungen. Sein Unternehmen sei seit bald zwei Jahren mit den Mietern an der Egerlandstraße im Gespräch, biete Ersatzwohnungen auch in anderen Objekten an und versuche alles, so Selig, um allen zu helfen. Teilweise würden auch Angehörige oder Sozialorganisationen wie die Caritas eingebunden. Mit Blick auf den Bau-Zeitplan sei aber allen vorsorglich zum 31. Januar 2019 gekündigt worden. Wer jedoch bis dahin einen neuen Mietvertrag unterschrieben habe, könne auch noch bleiben, bis sein Ausweichquartier fertig sei. Dies sei etwa an der Siebenbürger Straße im Oktober 2019 der Fall. Der Vorteil dieser Wohnungen für die Mieter sei, dass sie genauso wie die Egerlandstraße im Stadtteil Gartenberg lägen.

Wie hoch die Mieten im Neubau an der Egerlandstraße sein werden, könne er jetzt noch nicht sagen, erklärt Selig. Sozialwohnungen sind es jedenfalls nicht. Wie sie aussehen werden, kann man sich auf einer eigenen Internetseite schon ansehen. "Vorne das Leben, die Einkaufsgelegenheiten und hinten die ruhige Wohnanlage", so fasst der Geschäftsführer es zusammen.

Zum "Leben vorn" gehören auch Ein- und Ausfahrten der Tiefgarage, die für das weitgehend verkehrsberuhigte neue Stadtzentrum gebaut wird. Bauherr des Gesamtvorhabens mit mehr als 400 Stellplätzen ist Krämmel, die Baugenossenschaft errichtet 220 Plätze: 100 für Mieter und 120 frei zugänglich. Damit allerdings wird erst im Jahr 2020 begonnen. Derzeit sehen Passanten nur die Baustelle des Tiefgaragen-Verbindungsteils zwischen Platz und Straße. Dieser wird jetzt schon errichtet, damit er gleichzeitig mit dem Bau am und unterm Platz abgeschlossen werden kann. Anschließend aber ruht er ungenutzt, bis die BG mit ihrem Neubau beginnt.

www.bgz2.de

© SZ vom 06.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: