Spaenle erklärt das G9:Mehr Zeit

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Neun Jahre bis zum Abitur

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Zurück zum neunjährigen Gymnasium - diese Entscheidung hat die bayerische CSU-Regierung im Frühjahr getroffen und damit auch den Wunsch der meisten Eltern und Schüler erfüllt. Die Fünftklässler dieses Schuljahres werden die ersten sein, die wieder mehr Zeit haben bis zum Abitur. Was das bedeutet, hat der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) am Montagabend im Wolfratshausen zu erklären versucht.

Das neuerliche G9 sei mehr als eine Rückkehr zum alten Schema, betonte Spaenle. Mit dem zusätzlichen Jahr werde das Gymnasium weiterentwickelt, um Herausforderungen gerecht zu werden: mit Informatikunterricht in allen Zweigen, mehr Stunden für politische Bildung, aber auch mit einer "Überholspur", die den Weg zum Abitur in acht Jahren offen halten soll.

Spaenle war auf Einladung des JU-Kreisvorsitzenden Andreas Ofenbeck und des Kreisvorsitzenden des Arbeitskreises Schule, Bildung und Sport Christof Botzenhart in den Gasthof Löwenbräu gekommen, um vor zahlreichen Lehrern über die Auswirkungen der neuerlichen Reform zu sprechen. Wie die CSU-Regierung das Gymnasium im Schuljahr 2004/2005 unter Ministerpräsident Edmund Stoiber zum G8 verändert habe, bezeichnete Spaenle als "schweren Fehler" und "handwerklich nicht gut gemacht". Er zitierte seinen politischen Ziehvater und einstigen Kultusminister Hans Zehetmair. Der habe stets darauf hingewiesen, dass auf dem Abiturzeugnis "allgemeine Hochschulreife" stehe - "und nicht allgemeine Hochschuleile".

Bei der Reform, an dem sein Ministerium nun arbeite, gehe es jedoch auch darum, "Dinge zu beantworten, die sich inhaltlich fortentwickelt haben", sagte Spaenle. So brauche es mehr Zeit für Informatikunterricht, und auch das Thema politische Bildung müsse ernst genommen werden - "bei einem achtjährigen Gymnasium ist das schwer zu bewerkstelligen". In Zusammenarbeit mit Vertretern der Lehrer, Eltern und Schüler sei es gelungen, den Grundentwurf einer Stundentafel für das neue G9 zu entwickeln, in dem auch die Kernfächer gestärkt werden. Nun müsse man in Zusammenarbeit die Oberstufe neu für 2023 weiterentwickeln. Die Berufsorientierung laufe bereits in diesem Schuljahr für alle Jahrgangsstufen in neuer Form. "Wir sind voll im Zeitplan", sagte Spaenle zu der auf zwei Jahre angelegten Umstellung. Für die Sechstklässler im kommenden Schuljahr werde man rechtzeitig vorbereitet sein und neue Schulbücher zur Verfügung stellen.

Trotz der Rückkehr zum G9 sei es wichtig, im Gymnasium weiterhin eine "Überholspur" anzubieten, erklärte Spaenle. "Wir haben eine so heterogene Gesellschaft wie noch nie und müssen eine Antwort darauf geben, dass sich Kinder unterschiedlich entwickeln." Die Fragen der Bildungspolitik sei bei Landtagswahlen entscheidend. "Wir in Bayern geben eine sehr differenzierte Antwort." Das differenzierte Schulwesen, das an Grund-, Mittel- und Realschule Übergänge und flexible Lernzeiten ermögliche, biete ein "Maximum an Bildungsgerechtigkeit". Nun müsse man dies endlich auch im Gymnasium ermöglichen, das in Bayern etwa 60 Prozent aller Schüler besuchten. Die Arbeitsgruppe seines Ministeriums müsse nun einen Weg finden, der es für geeignete Schüler interessant mache, das Gymnasium auch in acht Jahren zu durchlaufen. "Eine anspruchsvolle Aufgabe", sagte Spaenle, die seine Regierung aber auch als Auftrag verstehe.

Nach seiner einstündigen freien Rede stellte sich der Minister noch zahlreichen kritischen und überwiegend fachlichen Fragen der Gäste. Als "Kernbotschaft" hielt er schließlich fest, man müsse dem "Qualitätsanspruch des bayerischen Abiturs weiter gerecht werden". Die Reform begegne auch einem Vertrauensverlust, den sich die politische Klasse selber vorzuwerfen habe, sagte er. "Ich hoffe, dass man damit auch ein Stück Vertrauen wiedergewinnt."

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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