Sozialdemokratie:Selbstkritische Analyse

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Die Kreis-SPD sucht nach Gründen für das Wahldebakel

Von Petra Schneider, Lenggries

Zwei Wochen nach der Landtagswahl sitzt der Schock bei den Genossen noch immer tief: 9,7 Prozent für die SPD in Bayern, im Stimmkreis nur 5,6 Prozent. "Desaströs" sei das Ergebnis, sagte Kreisvorsitzender Wolfgang Werner am Donnerstag. "Wenn das so weitergeht, gehen bei der SPD im Oberland irgendwann die Lampen aus." Dabei seien kommunalpolitische Themen wie Kitaplätze, öffentlicher Nahverkehr oder Wohnungsbau typisches "SPD-Terrain". Und mit 340 Mitgliedern sei der Kreisverband gut aufgestellt.

Rund 30 Sozialdemokraten waren am Donnerstag in den "Altwirt" nach Lenggries zur Kreiskonferenz gekommen, um die Gründe für das tiefe Loch zu diskutieren. Selbstkritik mischte sich mit bitterer Enttäuschung, Werner bemühte sich, Aufbruchstimmung für die anstehenden Europa- und Kommunalwahlen zu verbreiten. Lenggries, viertgrößte Kommune im Landkreis, sei ein Hoffnungsschimmer: Denn dort hat sich der Ortsverein mit der Wahl von Tobias Raphelt zum Vorsitzenden neu gefunden. Damit der Kreisvorstand "weiblicher" werde, wie Werner sagte, wurden Ingrid Schnaller, Franziska Baumann und Cornelia Schöpfel als Beisitzerinnen hinzu gewählt.

Am Wahlkampf könne das schlechte Ergebnis im Stimmkreis nicht gelegen haben. Denn dieser sei vom Team um Gabi Skiba "aufopferungsvoll" bestritten worden, lobte Werner. Robert Kühn, der als Direktkandidat nur 4,9 Prozent geholt hat, sei ein "tapferer und fleißiger Wahlkämpfer" gewesen. Gründe für das Debakel sieht man vor allem auf Landesebene: Die Wahlplakate seien "unterirdisch" gewesen, sagte Kreisrätin Skiba. Sie mit abstrakten Begriffen wie "Anstand" oder "Haltung" zu betiteln, habe die Bürger nicht angesprochen. Spitzenkandidatin Natascha Kohnen sei "zu leise" aufgetreten, und das Thema Pflege im Wahlkampf praktisch nicht vorgekommen.

Klaus Barthel, Mitglied im Präsidium der Bayern-SPD und Kreisrat aus Kochel, forderte mehr Bodenhaftung, um das Lebensgefühl der Menschen wieder zu erreichen. 80 Prozent hätten in einer Umfrage angegeben, dass sie nicht genau wüssten, wofür die SPD stehe. Und nur noch neun Prozent der Arbeiter und Angestellten fühlten sich von der Partei vertreten. Im Wahlprogramm präsentiere sich die SPD als sozial-innovative Kraft, "aber wir haben diese Themen nicht rübergebracht". Künftig müssten Ziele klar benannt und mit Inhalten gefüllt werden, forderte er. Bei der Kreisversammlung wurden auch Stimmen laut, die den Absturz als "Befreiung" und Chance zum Neuanfang bezeichneten. Vor allem aber wünschen die Genossen ihrer Partei mehr Selbstbewusstsein, Mut zur Kontroverse, "Brust raus", wie Hans Gärtner sagte. Die historische Aufgabe der "alten Dame SPD" sei es, soziale Fragen mit den Themen Umwelt und Frieden zusammenzubringen. "Raus aus der GroKo", forderte Florian Iszovics von den Jusos Oberland. "Mehr Mut und Aggressivität", wünschte sich Karl Probst. Die "Selbtsverzwergung" der SPD, forderte der ehemalige Lenggrieser Gemeinderat, müsse endlich aufhören.

© SZ vom 27.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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