Bankschließung:Anhaltender Zorn

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Nach einer turbulenten Versammlung bleibt es dabei: Zum Jahresende wird die Raiffeisen-Filiale in Ascholding geschlossen. Der Vorstand erwägt, einen Geldautomaten im neuen Edeka-Markt aufzustellen.

Von Susanne Hauck, Dietramszell

Große Wut und tiefe Enttäuschung schlugen den Vorständen der Raiffeisenbank Oberland am Montagabend bei der Protestveranstaltung gegen die Schließung der Ascholdinger Filiale entgegen. Doch das Aufbegehren von weit über 100 Ascholdingern im Gasthof Lacherdinger war vergebens: "Der Beschluss steht", gab sich Hansjörg Hegele, Vorstandsvorsitzender der Bank, hart. In Aussicht ist jedoch ein Geldautomat im neuen Edeka-Markt.

"Wir sind strikt gegen die Schließung, denn diese Entscheidung geht über die Köpfe der Genossenschaftsmitglieder hinweg", hatte es in der von Reinhard Klein und Josef Maier senior unterzeichneten Einladung geheißen. Dem Aufruf waren so viele Bürger gefolgt, dass sie bis in den Gang des Lokals hinaus standen. Die Diskussion wurde sehr emotional geführt. Deutlich war zu spüren, wie sehr sich die Ascholdinger von der Genossenschaftsbank im Stich gelassen fühlen. Dass in der 1896 von der Dorfgemeinschaft gegründeten Bankfiliale nach 102 Jahren die Lichter ausgehen, "des san koane Manieren", sagte Sepp Mayer, Mitglied seit 62 Jahren, mit vor Empörung zitternder Stimme. Etliche machten auch ihrem Ärger darüber Luft, dass sie von der Schließung erst durch die Presse erfahren hatten. Vorstandsvorsitzender Hegele und seine Vorstandskollegen Hubert Stehr und Manfred Klaar wurden stellenweise ausgebuht.

Die Raiffeisenbank Oberland hatte angekündigt, zum Jahresende vier Zweigstellen zu schließen, neben Ascholding auch Endlhausen und zwei Filialen im Landkreis Miesbach. Auch die Geldautomaten sollen abgebaut werden. Hegele berief sich auf den Kostendruck aufgrund niedriger Zinsen und der sinkenden Kundenfrequenz. "Wir sind keine karitative Einrichtung, sondern dazu verpflichtet, Gewinn zu machen." Er rechnete vor, dass der Bank eine Million Euro im Jahr fehlten. Die Schließung der vier Zweigstellen brächte eine Einsparung von 600 000 Euro.

Die Bürger sehen die Gründe für das Defizit woanders, nämlich in einer kostspieligen Verwaltung. 2017 fusionierte die Raiffeisenbank Tölzer Land mit der Raiffeisenbank Oberland mit Sitz in Miesbach. Vor der Fusion hatten die zwei Banken jeweils drei Vorstände, nach der Fusion sind es insgesamt noch fünf. "Die hohen Gehälter schmälern den Gewinn", war der Vorwurf von Karl März, der die Genossenschaftsvertreter dazu aufforderte, zwei Vorstandsmitglieder abzuwählen. "Wenn wir die Vorstände auf zwei reduzieren, gäbe es ein anderes Defizit und die Filialen müssten nicht geschlossen werden", entrüstete sich auch Dietramszells Dritter Bürgermeister Josef Hauser (FW), der den Abend moderierte. Auf seine Nachfrage hin musste Hubert Stehr zugeben, dass gesetzlich nicht mehr als zwei Vorstandsmitglieder vorgeschrieben sind. "Das große Gebiet ist damit aber nicht zu bewältigen", wandte er ein. Bis Ende 2019 soll die Zahl der fünf Mitglieder allerdings reduziert werden, versprach er. Mit anhaltendem Beifall wurde die Wortmeldung des früheren Endlhauser Filialleiters Winfried Walter bedacht, der alle Zahlen anzweifelte und den Beschluss als "menschenverachtend" anprangerte.

Die Banker gingen ins Detail. Demnach hat die Ascholdinger Filiale ein Einlagevolumen von nur 13 Millionen Euro im Vergleich zu Egling mit 56 Millionen Euro. Die Vorgänge sind am Schalter minimal: Pro Tag seien es durchschnittlich sieben Auszahlungen, neun Einzahlungen und neun Überweisungen. Auch der Bankautomat, dessen Betrieb laut Hegele etwa 20 000 Euro im Jahr kostet, hatte 2018 nur 917 Kunden. 350 davon frequentieren ihn regelmäßig, das heißt, sie nutzten ihn mehr als fünf Mal im Jahr. 289 Kunden allerdings hoben nur ein einziges Mal Geld ab.

Wie Hegele sagte, soll der Automat nur so lange bleiben, bis die Räume einen Nachmieter haben. Ein Trostpflaster gibt es aber: Im neuen Edeka-Markt, der bis Ende nächsten Jahres am Ortsrand entstehen soll, könnte ein Ersatz eingerichtet werden: "Wir wollen wohlwollend prüfen, ob das mit vernünftigem Aufwand realisiert werden kann." Es meldete sich auch Edeka-Betreiber Kaspar März-Kastenmüller zu Wort, der seine Bereitschaft signalisierte und sich eine Miete von 200 bis 500 Euro pro Monat vorstellt.

Die Raiffeisenbank möchte in der Zukunft andere Schwerpunkte setzen. Sie sieht ihren Förderauftrag nicht darin, "alle zwei Kilometer eine Filiale offen zu halten", wie es Manfred Klaar ausdrückte, sondern den Kunden bessere Beratungsangebote zu machen. Deswegen soll die Filiale in Egling ausgebaut und auf fünf oder sechs Angestellte aufgestockt werden. "Mit Egling soll es im Nordlandkreis eine gescheite Geschäftsstelle geben", sagte er. Nach zweieinhalb Stunden wurde die Versammlung als beendet erklärt. Der Zorn der Ascholdinger aber hält an. "Wir werden keine Ruh' geben", so Hauser.

© SZ vom 21.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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