Schließung der Mädchenrealschule:Der Ton im Streit um Schlehdorf wird schärfer

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Zwei Landtagsabgeordnete nennen die Entscheidung der Erzdiözese menschenverachtend. Der Elternbeirat sagt einen Termin mit Generalvikar Beer aus Wut ab.

Klaus Schieder

Gut eine Woche nach der Ankündigung des Erzbischöflichen Ordinariats München und Freising, die Mädchenrealschule St. Immaculata in Schlehdorf zu schließen, wird der Streit über diesen Schritt mit E-Mails ausgetragen. Trotz aller Proteste teilen das Erzbistum und das Kultusministerium mit, von ihren Beschlüssen nicht abzuweichen. Die Realschule in Schlehdorf wird zum Schuljahr 2017/18 dichtgemacht, die Knabenrealschule in Murnau nächstes Jahr für Mädchen geöffnet.

"Beide Seiten haben Verständnis für die Trauer und Enttäuschung der Betroffenen, halten aber an den getroffenen und gut begründeten Entscheidungen fest", schreiben Ministerium und Bistum in ihrer Erklärung. Landtagsabgeordneter Martin Bachhuber und seine Weilheimer Kollegin Renate Dodell (beide CSU) üben daran in einem offenen Brief scharfe Kritik: "Die Art und Weise der Entscheidungsverkündung und Kommunikation mit schmallippigen und dürftigen Pressemitteilungen ist menschenverachtend."

Der Elternbeirat der Schlehdorfer Schule hat inzwischen ein Treffen mit Generalvikar Peter Beer vom Ordinariat abgesagt. Vorsitzende Heidi Hofmann begründet dies mit der widersprüchlichen Informationspolitik des Erzbistums und des Ministeriums: "Wir sind wütend, da wir mittlerweile den Eindruck gewonnen haben, dass von den Verantwortlichen im Ordinariat oder im Kultusministerium nicht mit offenen Karten gespielt wird", teilt sie mit. Der Elternbeirat fordert beide Seiten zu einem Treffen nächste Woche in Schlehdorf auf.

Gegen die Schließung der Schlehdorfer Schule haben sich im Landkreis nicht nur Lehrer, Eltern, Schülerinnen und Förderer der Mädchenrealschule zur Wehr gesetzt, unter anderem mit einer Menschenkette rund um das Schulgebäude. Auch Landrat Josef Niedermaier (FW) kritisiert die Beschlüsse, der Kreistag wird nächste Woche über eine Resolution der CSU-Fraktion gegen das Aus für die Schule abstimmen und sie vermutlich befürworten. Dem halten Ministerium und Erzdiözese entgegen, dass Kirche und Staat die Veränderungen in der Region um Garmisch und Bad Tölz zur Kenntnis nehmen müssen.

Dazu gehört ihrer Ansicht nach der demografische Wandel, der vor allem den Landkreis Garmisch-Partenkirchen betrifft. Dieser muss mit einer schwindenden Einwohnerzahl und mit weniger Schülern rechnen. Weitere Aspekte seien "Veränderungen im Bildungsverhalten und in den Ansprüchen, die an den Ausbau des staatlichen Schulnetzes gestellt werden". Beide Seiten versichern, ihre Beschlüsse nach gemeinsamen Gesprächen getroffen zu haben, "in denen auch unterschiedliche Möglichkeiten diskutiert worden waren". Diese Entscheidungen würden "von vielen positiv gesehen", für andere seien sie mit Verlust verbunden.

Dagegen glauben Bachhuber und Dodell, dass die Interessen der Familien aus den Landkreisen Tölz-Wolfratshausen und Weilheim-Schongau in allen Gesprächen "völlig unberücksichtigt blieben". Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) habe in einem Schreiben vom 18. Juli eingeräumt, dass diese Belange nicht erörtert wurden, teilen die Abgeordneten mit. Außerdem verweisen sie auf eine Äußerung Spaenles am Rande der Plenarsitzung im bayerischen Landtag am selben Tag.

Demnach soll der Minister gesagt haben: "Wenn ich gewusst hätte, dass Schlehdorf geschlossen wird, hätte ich die Öffnung für Mädchen in Murnau niemals genehmigt." Die zwei Abgeordneten stellen in ihrem Brief die Frage, wie junge Menschen Kirche und Politik vertrauen sollen, "wenn intransparent und nicht nachvollziehbar Entscheidungen nach dem Motto 'Augen zu und durch' verkündet werden".

© SZ vom 21.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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