Schäftlarn:Politische Botschaften in der Grünen-Hochburg

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Klaus Koch nutzt seien alljährlichen Auftritt beim Aschermittwochs-Fischessen in Schäftlarn, um seine Positionen zur Privatisierung im Gesundheitswesen und zum Rechtspopulismus zu erklären. Die Schäftlarner Parteifreunde berichten aus dem Gemeinderat

Von Martin Mühlfenzl, Schäftlarn

Im südwestlichsten Zipfel des Landkreises München sind die Grünen eine echte Nummer. Die Gemeinde Schäftlarn ist ihre Hochburg. Fast jeder Vierte hat dort bei der jüngsten Kommunalwahl grün gewählt. Vielleicht liegt das auch ein wenig daran, dass die Partei bereits seit 29 Jahren jeweils am Aschermittwoch präsent ist und der Ortsverband gemeinsam mit dem Kreisverband und den Nachbarn aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen seine politischen Botschaften unters Volk bringt.

Im Klosterstüberl hat die Wirtin an diesem Abend die Tische und Stühle so angeordnet, dass sich Schäftlarns Ortsverbandschef Anton Höck an ein Klassenzimmer erinnert fühlt. Das passt, Höck ist Lehrer und darf als Gastgeber zuerst über die Erfolge der Grünen in seiner Gemeinde berichten. Darüber, wie die fünfköpfige Fraktion seit Jahren Bürgermeister Matthias Ruhdorfer (CSU) vor sich hertreibe, eine Nahwärmeinsel auf den Weg gebracht und sich für einen Bus nach Starnberg eingesetzt habe. Der fährt nun stündlich. Dann macht Höck noch Werbung für ein Projekt, dass den Grünen in der Regel eher Übelkeit beschert: Eine Umgehungsstraße - flächenschonend und nah am Ort verlaufend - sei für die Entwicklung der Gemeinde sicher förderlich. "Auch wenn wir uns mit neuen Straßen schwer tun", sagt Höck. Von Erfolgen weiß auch Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund zu berichten. "Ein vom Sockel reißendes Ergebnis von 70 Prozent" - so beschreibt die erste grüne Bürgermeisterin des Landkreises München noch immer ihre Gefühlslage, die sie nach ihrem Triumph bei der Wahl 2014 verspürte.

Susanna Tausenfreund spricht über die kommunalpolitischen Herausforderungen in Pullach, wo sie Bürgermeisterin ist. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nicht nur Straßen beschäftigen die Grünen an diesem Abend. Klaus Koch, stellvertretender Landrat im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen, gibt einen tiefen Einblick in das Innenleben seiner Partei. Den n bei der brisanten Diskussion um die Zukunft Geburtshilfe im Tölzer Landkreis habe die Fraktion im Kreistag noch keine einheitliche Linie gefunden.

"Das ist für uns eine ganz schwierige Entscheidung", sagt Koch. "Fakt ist nur: Wir sind hier im Landkreis Opfer einer Gesundheitspolitik, die ihre Anfänge unter Helmut Kohl hat, als die kommunale Daseinsfürsorge in private Hand übergegangen ist."

Das stimmt für den Landkreis freilich nur bedingt, schließlich ist die Kreisklinik in Wolfratshausen noch immer ein rein kommunales Unternehmen, während die ehemalige Stadtklinik in Bad Tölz seit der Jahrtausendwende zum Konzern Asklepios. Nach der Kündigung eines der beiden Belegärzte in Bad Tölz steht die dortige Geburtsabteilung nun aber vor dem Aus und könnte wohl nur durch eine kräftige Finanzspritze des Landkreises überleben - als private Klinik. Die Wolfratshauser Geburtshilfe indes, sagt Koch, sei nach Expertenmeinung ohnehin zu klein, um zu überleben. "Das ist für uns ein riesiges Dilemma. Es werden immer mehr große Gesundheitszentren gefordert. Aber wollen wir das?" Dies werde den Landkreis neben der Flüchtlingsthematik weiter beschäftigen, sagt Koch. "Und der Aufklärung. Wir dürfen den Rechtspopulisten vor der Bundestagswhl keinen Raum geben", sagt er.

Christian Lankes (links) und Anton Höck werben für den neuen Bus. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein klares Bekenntnis seiner Partei fordert auch der Chef der bayerischen Grünen und Landtagsabgeordnete Eike Hallitzky. Die CSU, sagt er, schüre Ängste, betreibe "mit Trump und Orban eine Testosteron-Achse". Heimatliebe und Patriotismus aber hätten nichts mit Aus- und Abgrenzung zu tun. "Für uns geht es um die Frage, ob unsere Idee von einem weltoffenen Bayern gewinnt." Wer dafür nicht steht, macht Hallitzky auch klar: Bayerns Finanzminister Markus Söder: "Das ist ein sehr, sehr unangenehmer Mensch und kein Vorbild für Bayern."

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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