Schäftlarn:Ortsumfahrung bleibt umstritten

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Ein Jahr Bürgerbeteiligung: Schäftlarner können sich nicht auf eine Trasse einigen. Der Gemeinderat muss nun aus drei Varianten auswählen und will dazu erneut die Experten hören

Von Ingrid Hügenell, Schäftlarn

Die moderierte Bürgerbeteiligung zur Ortsumfahrung Hohenschäftlarn ist gescheitert. Am Mittwochabend ging sie mit dem zweiten öffentlichen Bürgerforum zu Ende. Dabei wurde das Ergebnis der Treffen von Bürgervertretern, Experten und Behördenvertretern an einem Runden Tisch bekannt gegeben. Dessen Aufgabe war es, einen Konsens für eine Trasse für die Straße zu finden, die realisierbar ist. Das gelang trotz schwerer Kämpfe nicht. Der Prozess wurde beendet, drei Varianten blieben übrig, die am Mittwoch etwa hundert Bürgern erläutert wurden.

Der Gemeinderat von Schäftlarn hat schon im Dezember 2012 beschlossen, die Umfahrung für Hohenschäftlarn selbst zu bauen. Derzeit führt die viel genutzte Verbindung von der Autobahn A 95 zur Bundesstraße 11 mitten durch den Ort, über die enge, steile und kurvenreiche Starnberger Straße. Die Umfahrung soll die Starnberger Straße vor allem auch vom Schwerlastverkehr befreien. Über eine mögliche Trasse ist aber schon bald nach dem Beschluss ein heftiger Streit im Ort entbrannt. Er sollte nun durch die Bürgerbeteiligung beigelegt werden.

Drei Varianten empfiehlt der Runde Tisch zur weiteren Untersuchung: Die ortsnahe Variante B, die Variante E, die weiter nördlich am Waldrand vorbei führt, sowie die Variante der Bürgerinitiative (BI), die durch den Bannwald führt. Variante B ist die kürzeste, würde am wenigsten Fläche verbrauchen und wäre damit die kostengünstigste. Sie würde auch den meisten Verkehr von der Starnberger Straße abziehen. Diese Variante gilt als die mit den größten Chancen, in absehbarer Zeit und mit hohen staatlichen Zuschüssen auch tatsächlich gebaut werden zu können.

Quelle: SZ-Grafik (Foto: N/A)

Die Trasse am Waldrand wäre für die Felder der Bauern günstiger, weil sie das als "Flur" bezeichnete landwirtschaftlich genutzte Gebiet nördlich von Hohenschäftlarn nur wenig durchschneiden würde. Sie ist aber länger als Variante B, wäre damit teurer und berührt zudem am Waldrand ökologisch sensible Gebiete. Ihre Realisierbarkeit wird als geringer eingeschätzt.

Mitten durch den Wald würde die von der Bürgerinitiative "Erhalt der Schäftlarner Landschaft" favorisierte Trasse führen. Sie ist mit Abstand die längste Variante mit dem größten Flächenverbrauch und dementsprechend auch die teuerste. Da der Wald als Bannwald besonders geschützt ist, haben Vertreter des Forstamts und der Straßenbaubehörde schon vor Jahren ihre Genehmigung faktisch ausgeschlossen. Daran hat sich nichts geändert. Auch gäbe es für diese Variante wohl keine staatlichen Zuschüsse, da sie nicht die wirtschaftlichste wäre. Sie hätte den Vorteil, dass sie die Flur unberührt ließe, Lärm und andere Immissionen würden die besiedelten Gebiete Schäftlarns nicht betreffen.

Die Gemeinderäte müssen nun entscheiden, welche der Varianten sie weiter verfolgen wollen. Dann würde ein Vorentwurf erstellt, was nach Auskunft von Peter Döbl vom Freisinger Straßenbauamt etwa ein bis zwei Jahre dauert. Anschließend ginge es ins ebenfalls mehrjährige Genehmigungsverfahren, dann könnte gebaut werden. Den Gemeinderäten wird das Ergebnis des Runden Tischs bei der Sitzung am 24. Februar vorgestellt. Erneut sollen dort auf Wunsch einiger Gemeinderäte Experten die wichtigsten Punkte erläutern.

Damit wurde keines der erklärten Ziele am Runden Tisch erreicht. Bei elf Treffen von jeweils drei bis vier Stunden Dauer konnten sich die Beteiligten nicht auf eine Trasse einigen. Zusätzlich zur vorhandenen Umweltverträglichkeitsstudie wurde eine zweite angefertigt, es gab Analysen, wie wirksam die einzelnen Trassen wären. Insbesondere die von der BI favorisierte "Waldtrasse" wurde vertiefend untersucht. Das ganze Verfahren dauerte nicht, wie ursprünglich vorgesehen, sechs Monate, sondern ein ganzes Jahr.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Drei Trassen sind übrig geblieben statt einer. Denn die Bürgerinitiative wollte sich von ihrer Variante durch den Wald nicht verabschieden.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Die größte Chance realisiert zu werden, hat indes die relativ ortsnahe Variante B. Im Bild: Philipp Federspieler, Kopf der Bürgerinitiative.

"Es gab hitzige Debatten, wir haben gekämpft miteinander", berichtete Moderatorin Stephanie Utz vom Büro "Identität und Image", das den Prozess begleitete. Dass es keine Einigung gebe, sei ihr zuvor noch nie vorgekommen, sagte Utz, die sich dennoch bemühte, die Bürgerbeteiligung als gelungen darzustellen. Da das von der BI gewünschte Ergebnis nicht erreicht wurde, gab deren Vertreter Philipp Federspieler, auch im Namen von sieben anderen Bürgervertretern am Runden Tisch, darunter zwei Gemeinderäte, ein abweichendes Votum ab. Die acht wollen sich weiterhin für die Umgehungsstraße durch den Wald einsetzen.

Einige Bürger forderten jedoch, der Gemeinderat solle von der nicht realisierbaren Trasse im Bannwald Abstand nehmen und zügig eine andere Trasse planen. Alfred Ebbers, als Vertreter der BI pro Schäftlarner Umfahrung am Runden Tisch, beurteilt das positiv. Nun glaube eine große Mehrheit von Schäftlarnern, dass die Umfahrung notwendig sei.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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