Schäftlarn:Mageres Wissen

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Die Gemeinde wünscht sich eine Magerwiese, tut aber nicht das Richtige dafür

Von Ingrid Hügenell, Schäftlarn

Was eine Magerwiese ist, wissen so genau wohl die wenigsten. Sophie von Lenthe, Buchhändlerin und Gemeinderätin der Grünen, hat auch eher eine vage Vorstellung davon. Sonst hätte sie bei der Sitzung des Gemeinderats am Mittwoch eher nicht angeregt, die Fläche zwischen S-Bahn-Gleis, Starnberger- und Münchner Straße, auf der bis vorigen Herbst ein Trafo-Häuschen stand, mit Humus zu befüllen. Magerwiesen brauchen, wie der Name schon vermuten lässt, einen nährstoffarmen, sandigen bis kiesigen Boden. Gut ist es, wenn sie, wie hier, in der Sonne liegen.

Eine Magerwiese wächst aber auch kaum von alleine, wie Georg Lang (CSU) glaubt, schon gar nicht, wenn sie, wie die Trafo-Häuschen-Fläche, von Straßen und Schienen umgeben ist. 50 bis 100 Jahre dauert es nach der Schweizer Stiftung Natur & Wirtschaft, bis eine artenreiche Magerwiese von alleine entstanden ist. Landwirt Lang hat insofern recht, als Magerwiesen ungedüngte und kaum gemähte Wiesen sind, die sich durch einen großen Artenreichtum auszeichnen. Noch vor hundert Jahren gab es sehr viele solche Wiesen, doch sie sind selten geworden.

Will man eine neue Magerwiese haben, müssen die Pflanzen erst einmal auf die Fläche finden. Dafür gibt es verschiedene Methoden, man kann zum Beispiel mehrmals pro Jahr frisches Schnittgut von Magerwiesen aufbringen oder auch Samenmischungen erwerben. Es gibt aber im Schäftlarner Rathaus offenbar niemanden, der sich darum kümmert, wie Edwin Schrott vom Bauamt auf Anfrage sagte. Die 400 Quadratmeter große Fläche solle "halt ein bisschen grüner werden", und damit auch ein paar Blüten dazukämen, habe er selbst Blumensamen verstreut, erklärt Schrott.

Die aufgekieste Fläche ist planiert worden, was es den oft zarten Magerwiesenarten extra schwer macht, sich anzusiedeln. Dabei könnte eine solche Wiese mit Arten wie Kartäusernelke, Echtem Labkraut, Tausendgüldenkraut oder Augentrost mitten in Schäftlarn ein kleines Juwel sein. Magerwiesen gehören nicht nur zu den artenreichsten, sondern auch zu den bedrohtesten Lebensräumen Mitteleuropas. Denn viele frühere Magerstandorte, bis zu 90 Prozent, werden inzwischen gedüngt, wurden aufgeforstet oder bebaut. Mit den Blüten verschwanden auch Schmetterlinge, Heuschrecken, Wildbienen und Hummeln und auch die Vögel, die sich von den Insekten ernähren.

© SZ vom 22.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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