Schäftlarn:Farbintensive Uraufführung

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Zum Abschluss des Ickinger Konzertzyklus bringt Randall Svane seine "Saint Francis Symphony" erstmals zu Gehör - mit klassischen Strukturen und moderner Tonsprache

Von Claudia Koestler, Schäftlarn

Mal ganz abgesehen von aktuellen Politik-Ereignissen: Der Satz von "Amerika, Land der unbegrenzten Möglichkeiten" ist noch immer präsent. Dass es sich bei Amerika um einen Kontinent voller Musik handelt, wie sie vielseitiger und spannender kaum sein könnte, belegte der diesjährige Ickinger Konzertzyklus, der am Sonntag zu Ende ging.

Wie man es nicht anders erwarten konnte, stand dabei der Brückenschlag von der Alten zur Neuen Welt mit der 9. Sinfonie von Antonin Dvořák auf dem Programm. Doch vor dem Bekannten stand etwas Unbekanntes: Die Uraufführung der "Saint Francis Symphony" aus der Feder des amerikanischen Komponisten Randall Svane. Dieser fungierte für den Zyklus, der sich heuer thematisch ganz den USA verschrieben hatte, als "artist in residence" und war deshalb auch am Sonntag persönlich anwesend, als die Mährische Philharmonie Olmütz sein Werk unter der Leitung von Philipp Amelung zu Gehör brachte.

"Normalerweise, wenn der Dirigent vor dem Konzert vor das Publikum tritt, ist das ein schlechtes Zeichen", sagte Amelung eingangs. Doch er konnte das Publikum in der vollbesetzten Ebenhauser Kirche beruhigen: Er musste keinen Ausfall verkünden, sondern durfte den Komponisten kurz persönlich vorstellen.

Neue, zeitgenössische Musik habe ja nicht immer den besten Ruf, gab Amelung unumwunden zu. Doch es gebe eben auch moderne Werke und Komponisten, die an die Klassik anknüpften, zum Beispiel Benjamin Britten. Sowohl Amelung wie auch Svane sind große Fans von Britten - eine Gemeinsamkeit, die sie feststellten, als sie sich 2007 das erste Mal trafen und ihre Zusammenarbeit begann. Die Saint Francis Symphony wiederum komponierte Svane, nachdem er vor einigen Jahren Assisi besuchte und sich daraufhin - fasziniert von den Fresken in der Basilika - intensiv mit dem Leben des heiligen Franziskus auseinandersetzte.

Zum Ausklang des Ickinger Konzertzyklus 2016 waren die Reihen in der Kirche St.Benedikt in Ebenhausen dicht besetzt. (Foto: Wolfsbauer)

Es entstand eine höchst farbintensive Sinfonie in sieben Sätzen, die eine moderne Tonsprache mit klassischen Strukturen verbindet. Der erste und der letzte Satz der Sinfonie sind identisch und rahmen somit die weiteren fünf Sätze ein wie Buchstützen. In diesem ersten wie finalen Satz begannen zunächst die Geigen hauchzart in den höchsten Lagen, ehe die Holzbläser und später die weiteren Instrumente übernahmen. Die Skandierung, die Anrufung an den Heiligen Geist, wurde so immer evozierender und mündete in harte Tuttischläge. Der zweite Satz geriet sehr kraftvoll, partiell fast schneidend, was die Vision eines himmlischen Thrones darstellte, der ursprünglich für den Lichtbringer und später gefallenen Engel Luzifer gedacht war und nun für den Heiligen bereit steht.

Unaufgeregt, voller Innigkeit daraufhin der dritten Satz, "Wunder des Kreuzes", fein ziseliert die "Vogelpredigt", bei denen die Bewegungen der Tiere, vor allem ihr Davonflattern am Ende, geradezu plastisch gelangen. Dräuend und dramatisch, fast schrill hingegen die Beschreibung der Wundmale. Berührend schließlich der "Sonnengesang", bei dem der deutsch-spanische Tenor Gustavo Martin Sanchez nicht nur mit sicherer, wandlungsfähiger Stimme strahlend sang, sondern den ganzen Raum emotional auflud.

Eingespieltes Duo: Dirigent Philipp Amelung (rechts) und der amerikanische Komponist Randall Svane. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nach einer Pause dann Dvořáks Sinfonie. Das Allegro entwickelte mitreißenden Schwung, bevor der Satz wuchtig donnernd endete. Im zweiten Satz gelang dem Orchester ein bewegender Trauergesang. Das folgende Scherzo wiederum bestach mit klar herausgearbeiteten, rhythmisch-markanten Themen, einen Tanz der Indianer imitierend, aber auch deutlich unterlegt mit böhmisch-volkstümlichen Elementen, bevor im vierten Satz das Hauptthema noch einmal kraftvoll vorwärtsdrängend, vielleicht etwas zu laut für den Raum, erklang. Langer, rauschender Applaus des Publikums war der Dank, schließlich hatten alle Beteiligten eine großartige Leistung gezeigt, die so schnell nicht vergessen sein dürfte.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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