"Saftladen" Geretsried:Ein Leben für die Jugend

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Elisabeth Schmid hat den "Saftladen" mitaufgebaut. (Foto: Hartmut Pöstges)

Liesl Schmid feiert mit dem Jugendzentrum "Saftladen" dessen 35. Geburtstag. Ans Aufhören denkt die Sozialpädagogin aber noch lange nicht.

Von Benjamin Emonts

Drogen, schlechte Schulnoten, zerbrochene Freundschaften - die meisten Menschen würden vermutlich davonlaufen, wenn sie dauernd mit den Problemen Jugendlicher konfrontiert würden. Elisabeth Schmidaber hat darin vor 34 Jahren ihre Berufung, ja, ihren Lebenssinn gefunden. Im Geretsrieder Jugendzentrum "Saftladen" begegnet die Sozialpädagogin den jungen Menschen auf Augenhöhe, sie unterhält sich mit ihnen, hört zu und zeigt ihnen Wege auf, sich aus kritischen Lebenssituationen zu befreien. "Ich kann mir nichts Besseres vorstellen", sagt sie nach all der Zeit.

Dieser Freitag ist deshalb auch für die gebürtige Iffeldorferin ein besonderer Tag. Der "Saftladen", den sie maßgeblich mit aufgebaut hat, feiert seinen 35. Geburtstag. Das Fest soll ein großes Wiedersehen werden. Viele der Ehemaligen werden sich in einer Fotoausstellung wiederfinden: in Bildern über Menschen, Veranstaltungen und Geschichten. Jugendliche und Erwachsene sollen sich am Kickerkasten und am Billardtisch miteinander messen. Schmid und ihre Kollegen haben einen großen Topf Chili con Carne gekocht. Es soll ein Abend werden, an dem Erinnerungen und Erfahrungen ausgetauscht werden.

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Schmid könnte ein Buch darüber schreiben. Die Jugendlichen sehen in ihr bis heute eine Vertrauensperson. "Ich mag sie, und sie mögen mich", sagt sie in ihrer selbstbewussten, direkten Art. Doch dahinter steckt wohl noch mehr. Schmid kennt die Probleme der jungen Menschen. "Die Jugendlichen sind in einem sehr schwierigen Alter, das wird gesellschaftlich total unterschätzt", sagt sie. "Aber zum Reden gehen sie nicht zu ihren Eltern, sondern brauchen Leute von draußen, die ein Stück weiter weg sind." Der 600 Quadratmeter große Saftladen biete den perfekten Raum, um sich mit den jungen Menschen zu beschäftigen. Mit Werkstatt, Band- und Filmraum sowie einer großen Aula umfasse er mehr Möglichkeiten als die meisten anderen Jugendzentren der Region. "Und wir befinden uns vis à vis dem Schulzentrum. Wer hat schon so eine perfekte Lage?"

Zu Beginn ihrer Laufbahn war die Sozialpädagogin von ihrer Berufswahl noch nicht so überzeugt. Damals begann sie am Jugendamt im baden-württembergischen Heilbronn. Die Sehnsucht nach ihrer bayerischen Heimat sollte sie bald einholen. "Ich konnte das Schwäbisch nicht mehr hören und wollte wieder gescheite Berge sehen", erinnert sie sich. Ausschlaggebend für ihren Arbeitsplatzwechsel waren jedoch die Erfahrungen aus dem Jugendamt. Schmid hatte damals mit Kindesmisshandlungen, Missbrauch, Scheidungsstreitigkeiten und der Vermittlung von Pflegekindern zu tun. "Ich habe schlimme Sachen erlebt, die mein Weltbild verändert haben", sagt sie.

Ein halbes Jahr nach Eröffnung bekam sie die Stelle im Geretsrieder Saftladen. "Ich wusste schon nach wenigen Wochen: Das ist es." Der Jugendraum bot der damals 30-Jährigen viel Gestaltungsfreiheit. Die Arbeit mit den Jugendlichen lag ihr. Noch heute, sagt sie, sei kein Tag wie der andere. "Man weiß nie, was einen erwartet." Ein Ende ihrer Tätigkeit ist noch nicht absehbar. Ihre Familie und ihr 96-jähriger Vater machten bereits Ärger, weil sie so viel arbeite, erzählt sie. Zu den "Tausenden" Jugendlichen, die sie kennengelernt habe, werden wohl noch ein paar hinzukommen. "Ich müsste längst nicht mehr arbeiten - aber ich will."

35 Jahre "Saftladen", Feier am Freitag, 23. November, 19 Uhr, Adalbert-Stifter-Straße 15, Geretsried

© SZ vom 23.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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