Ritterseligkeit :Hoch die Humpen!

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Rustikale Möbel unterm frisch verputzten Tonnengewölbe bringen Atmosphäre in die Burgschenke im Humplgassl. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die neu eröffnete Burgschenke im Humplgassl findet großen Anklang

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Früher konnten die Wolfratshauser Grafen noch hoch droben im Bergwald feiern, eine Annehmlichkeit, die im Jahr 1734 ein jähes Ende fand. Ein Blitzschlag hat die Burg damals wie allseits bekannt unrühmlich in Schutt und Asche gelegt. Wer, fast 300 Jahre später, trotzdem noch Lust hat, in historischem Ambiente die Krüge zu heben und in Ritterseligkeit zu schwelgen, kommt jetzt wieder auf seine Kosten: in der neu eröffneten Burgschenke, die nach großen Anstrengungen gerade noch rechtzeitig zum Wirtefest eingeweiht werden konnte. Zwei Dutzend tatkräftige ehrenamtliche Helfer und geschichtsbewusste Sponsoren haben dazu beigetragen, dass der Burgverein im Humplgassl, dort, wo früher der Zeno-Keller und das Café Mausloch residierten, einen neuen gastronomischen Akzent setzen kann.

Es ist ein gemütliches Lokal geworden, in dem es sich gewiss behaglicher feiern lässt als einst im zugigen Grafen-Gemäuer hoch über der Stadt. Schlicht gezimmerte rustikale Tische und Bänke stehen unter dem frisch verputzten Tonnengewölbe, ein stilgerechter Schanktisch und ein Kamin sorgen für Atmosphäre. Der Rauch, der aus der täuschend echt wirkenden imitierten Feuerstelle quillt, ist allerdings Wasserdampf. Zwei etwas düster anmutende Ritterrüstungen halten die Erinnerung an jene Zeiten wach, als sich die Kriegsführung noch etwas archaischer gestaltete, sie sind aber nicht nur Dekorationsstücke, sondern werden als Trainingsobjekte von einer Mittelalter-Gruppe aus Geretsried genutzt. Beim Tag des offenen Denkmals demonstrierten unlängst zwei Nachwuchsritter im 40 Kilo schweren Harnisch die einstige Kampftechnik, dass die Funken nur so aus den Schwertern sprühten.

Was den Bergwald betrifft, muss sich der neue Wirt Michael Ballon, der im Zivilleben ganz neuzeitlicher IT-Berater ist, mit den geografischen Gegebenheiten arrangieren. Eine an der Wand befestigte Rinne leitet innerhalb des Lokals das herandrängende Hangwasser ab. Auf nostalgische Dekorationen wurde weitgehend verzichtet.

In seiner Begrüßungsansprache lobte Vorstandsmitglied Ernst Gröbmair im Namen des Burgvereins das handwerkliche Geschick und das organisatorische Engagement der ehrenamtlichen Helfer, aber auch die Großzügigkeit der Sponsoren, darunter der Loisachtaler Bauernbühne, des Wolfratshauser Werbekreises und des Flößereibetriebs Seitner. Weitere Spenden, deutete Gröbmair an, seien gleichwohl jederzeit willkommen. Wirt Ballon bekannte, er habe "schlaflose Nächte" verbracht und sei sich bis vor zwei Wochen nicht sicher gewesen, dass man die Eröffnung bis zum Wirtefest hinbekommen werde. Nun erhebe er das Glas und hoffe, "dass wir immer ein volles Haus haben".

"Chapeau, das ist überwältigend" lobte zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller die Leistungen des Burgvereins. Es sei "einfach toll, was entstehen kann, wenn sich engagierte Bürger einbringen". Ähnliches habe man zuletzt auch beim Waldramer Badehaus erlebt. Im Namen der Stadt überreichte Schnaller ein denkbar passendes Präsent: ein historisches Weinfass, an dem sich angeblich ein Ritter Kasimir vor zwei bis dreihundert Jahren gütlich getan hat. Angetan vom rustikalen Ambiente war auch ein ausgewiesener Kenner der lokalen Historie: "Mir gefällt's hier", versicherte Stadtarchivar Simon Kalleder.

Dass die Initiatoren der Burgschenke den Nerv der Wolfratshauser getroffen haben, wurde schon am Samstag beim Wirtefest deutlich. Zeitweise musste das Lokal wegen Überfüllung geschlossen werden. Wer dennoch das Humplgassl ansteuern wollte, sah sich einem Ritter in Rüstung gegenüber, der breitbeinig im Weg stand und resolut seine Hellebarde aufpflanzte. Der gestrenge Türsteher war Florian Fischer von der Geretsrieder Mittelalter-Gruppe Lupi Albi, die sich mit 15 weiteren sportlich ambitionierten jungen Mitstreitern dem Burgverein angeschlossen hat.

Die Schenke ist am Donnerstag, Freitag und Samstag von 18 bis 23 Uhr geöffnet und kann auch für Feste und Feiern gebucht werden. Interessant dürfte dabei auch die in Holz gebundene Speisekarte sein, denn da gibt es all die Sachen, die das bayerische Ritterherz begehrt: Eintopf, so lange der Vorrat reicht, Kürbissuppe, Obatzten, Geräuchertes, Wurstplatten und Schmalzbrote.

© SZ vom 16.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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