Reichersbeuern:Sorge wegen Biogas-Anlage

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In der Nähe des Orts soll Energie aus Pferdemist gewonnen werden. Dagegen hätte kaum jemand etwas einzuwenden, doch zum Vergären muss Mais beigemischt werden. Die Bauern befürchten deshalb höhere Pachtpreise.

Suse Bucher-Pinell

Energie aus Pferdemist: In Reichersbeuern soll das bald praktiziert werden. Dort ist eine Biogasanlage in Planung, die Strom und Wärme vor allem durch Vergärung dieses Abfallstoffs aus der Tierhaltung erzeugt. Die Energiewende Oberland steht hinter dem Projekt. Die Reichersbeurer Bürger jedoch wollen sich nicht einfach damit abfinden, sie wollen genau wissen, wie die Anlage betrieben wird und fordern Aufklärung. Sorgen haben vor allem die Landwirte. Sie befürchten, dass dem Gärungsprozess zu viel Mais beigemischt wird. Am Dienstag, 23. Oktober, findet eine Informationsveranstaltung im Rathaus statt.

"Bioenergieregion Oberland" nennen sich die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach und seit diesem Sommer auch der Landkreis Weilheim-Schongau. Dabei steht die Gewinnung von Energie aus regionaler Biomasse im Mittelpunkt. Holz, Pellets und Hackschnitzel, Grünschnitt, Gülle und Material wie Schilf und Waldrestholz sollen als regional anfallende Energieträger genutzt werden. Auch Pferdemist gehört dazu. In Kolbermoor ist seit 2010 eine solche Anlage in Betrieb, nach deren Vorbild in Reichersbeuern nun eine ähnliche entstehen soll. Sie wäre die erste ihrer Art im Landkreis. Insgesamt sind rund ein Dutzend Biogasanlagen zwischen Icking und der Jachenau in Betrieb.

Der Reichersbeurer Anlage genügt Pferdemist allein nicht. Er ist zwar mit rund 70 Prozent das Hauptmaterial. Darüber hinaus wird aber auch kommunaler Grünschnitt, Koppelschnitt, Landschaftspflegegras verwendet - und Mais. Der wird nach den Worten des Gmunder Planers Thomas Dudek benötigt, um die chemischen Prozesse zum Aufschluss des strohhaltigen Mists in Gang zu bringen.

Das Stichwort "Mais" lässt aber gerade die Landwirte aufschrecken, die sogleich eine steigende Nachfrage nach Flächen für Maisanbau und damit höhere Pachtpreise befürchten. Peter Fichtner, Kreisobmann des Bauernverbands, versteht die Sorgen seiner Kollegen. "Die Landwirte haben schlichtweg Angst um ihren Pachtgrund." Wer Rohstoffe für Biogasanlagen anbaue, könne höhere Erlöse erzielen als der, der die Fläche für Futter nutzt. Bei einer Pachtquote von 50 Prozent im Landkreis sei das von Bedeutung. Die meisten Bauern seien auf Pachtflächen angewiesen.

Am Dienstag will Planer Dudek beim Infoabend die Details der Anlage vorstellen, die weit außerhalb des Ortes am Alten Schießplatz an der Bundesstraße 13 gebaut werden soll. Mit 1,2 Megawatt Leistung wird dort zum einen Strom erzeugt, der komplett ins öffentliche Netz eingespeist wird. Und Wärme zur Trocknung von faserhaltigen Gärresten, die wiederum als Einstreu oder Heizmaterial Verwendung finden. Mehr als fünf Millionen Euro will ein Investor in die Anlage stecken, die eine örtliche Gesellschaft betreibt.

Bürgermeisterin Maria Fährmann hofft auf "sachliche und saubere" Information. "Wir wollen Ängste ausräumen", sagt sie. Damit die Experten für alles gewappnet sind, mussten die Bürger ihre Fragen vorher einreichen. Eine endlos ausufernde Diskussion will Fährmann vermeiden. Auch Andreas Scharli, Energieberater der Energiewende Oberland (EWO) , wird an dem Abend dabei sein. Er sieht die Biogasanlage als sinnvolles Projekt in der "Bioenergieregion Oberland". Pferdemist falle im Umkreis von 50 Kilometern ausreichend an, die Anlage stehe damit nicht in Konkurrenz zu anderen.

Anders als beim Biomasse-Heizkraftwerk in Penzberg, das vor zwei Wochen per Bürgerentscheid zu Fall gebracht wurde, rechnet er mit einer sachlichen Diskussion. "Die Ausgangslage ist eine andere", sagt er. Die Pläne seien lang bekannt und transparent, Genehmigungen teils erteilt, weil vor Jahren ein Investor das Projekt in kleinerer Form verfolgt hatte, dann aber abgesprungen war. In Penzberg seien sachliche Argumente der EWO nicht mehr zu transportieren gewesen.

Dass die Anlage in Penzberg abgelehnt wurde, bedauere er. Als EWO stärker in den Vordergrund zu treten, sei aus Kapazitätsgründen nicht möglich, in die Politik einzugreifen nicht beabsichtigt. Zumal alle sachlichen Argumente von den Gegnern nur abgeklatscht worden seien. Scharli sieht seine Aufgabe so: "Leute zusammenbringen, die zusammen gehören, und regionale Wertschöpfung generieren."

© SZ vom 22.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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