Radfahren im Landkreis:Über Stock und Stein und Schotter

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Sara Hallbauer und ihr Gravelbike in der Natur. Mit einem Rennrad wäre das nur schwer möglich. (Foto: Axel Hallbauer/oh)

Gemeinsam mit dem Tölzer Land Tourismus hat die Wackersbergerin Sara Hallbauer 400 Kilometer Gravelrouten ausgekundschaftet und in einer Kollektion veröffentlicht. Was der Vorteil ist, wo man am besten entlang fährt und was man dabei beachten muss.

Von Lorenz Szimhardt, Bad Tölz-Wolfratshausen

4500 Kilometer in 17 Tagen von Rovereto zum Nordkap. 2600 Kilometer und 37 000 Höhenmeter quer durch Frankreich in nur neuneinhalb Tagen, oder in 132 Stunden in strömendem Regen auf dem Gravelbike von Pompeji bei Neapel nach Torbole ans Nordufer des Gardasees - und das alles meist allein und als eine der wenigen, wenn nicht sogar als einzige Frau, die das Ziel erreicht. Sara Hallbauer ist 43 Jahre alt und von Beruf Online-Marketing-Consultant, das heißt, sie berät mittelständische Firmen, wie sie ihren Einstieg ins Online-Marketing schaffen. Ihre große Leidenschaft ist das Radfahren. Und daraus ist nun ein besonderes Kompendium entstanden: Gemeinsam mit dem Tölzer Land Tourismus hat sie 400 Kilometer feinste Gravelrouten durchs Tölzer Land ausgearbeitet, die online abrufbar sind. Gravel heißt auf Englisch Kies oder Schotter.

Die Wahl-Wackersbergerin kommt ursprünglich von der Schwäbischen Alb, aus der Nähe von Ulm. Sie und ihr Mann Axel seien vor allem aufgrund der Klettersteige und zum Skitouren gehen in den Landkreis gezogen. Radeln sei noch gar nicht so lange ihr Hobby, sagt Hallbauer, "eigentlich komme ich vom Reiten". Mit dem Radeln sei sie das erste Mal 2016 in Kontakt gekommen, als ihr Mann nach Mallorca in den Rennrad-Urlaub wollte. Dafür habe sie sich dann auch ihr erstes Rennrad zugelegt. Im Laufe der Zeit sei das Radeln immer mehr geworden, so Hallbauer, "seit 2019 fahre ich eigentlich erst gescheit".

Der Trend geht zum Gravelbike - weg von der Straße, rein in die Natur

Hier im Landkreis sei sie vor allem auf Gravelrouten oder mit dem Rennrad unterwegs. Mountainbike fahre sie eher wenig, "ich bin eher so diejenige, die schnell vorwärtskommen will". Ob sie zum Rennrad oder zum Gravelbike greife, hänge dabei maßgeblich von ihrer Begleitung, dem Wetter und davon ab, auf welche Wettbewerbe sie sich derzeit vorbereite, erklärt Hallbauer. Beide Fahrrad-Arten hätten ihre Vor- und Nachteile, der Trend gehe aber zum Gravel, weil man dabei nicht auf der Straße fahren müsse und deshalb "mehr von der Natur und der Umwelt mitbekommt". Im Januar und Februar sei sie eigentlich nur auf dem Gravelbike unterwegs gewesen sowohl, um für ein Rennen im Mai zu trainieren, aber auch, um Gravelrouten in der Region zu scouten. In Zusammenarbeit mit Tölzer Land Tourismus hat Hallbauer insgesamt sieben Gravelrouten im Landkreis aufgelegt. "Das war echt cool", schwärmt die leidenschaftliche Radlerin.

Mit ihrem Schotter-Rad gibt Hallbauer auf dem Kies so richtig Gas. (Foto: Axel Hallbauer/oh)

Ihre absolute Lieblingsstrecke der abwechslungsreichen Sammlung an Schotterpisten sei die "Gravel Deluxe"-Tour. Auf dieser Route habe man einen wunderbaren Ausblick auf den Walchensee, ohne dabei in den Trubel am südlichen Walchenseeufer zu geraten, einen schönen Blick auf den Sylvensteinspeicher sowie ein besonderes Panorama auf Isar und Karwendelgebirge. Allerdings sei diese Route sehr anspruchsvoll, wie Hallbauer in ihrer Schotterstreckensammlung verrät. Man brauche eine sehr gute Kondition und eine fortgeschrittene Fahrtechnik, sowohl für die Auf- als auch die Abfahrten. Aber auch für Einsteiger gebe es in der Kollektion mehrere Touren, die gut machbar wären, sagt Hallbauer, "die ersten drei Touren der Kollektion sind wirklich super für Anfänger geeignet" - so zum Beispiel die "Eurasburger Gravel Gmoa Runde".

Die neuen Gravelrouten sind alle mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen

Zur Zusammenarbeit mit Tölzer Land Tourismus sei es eigentlich mehr oder weniger zufällig gekommen, erzählt Hallbauer. Mit dem Leiter der regionalen Tourismusorganisation des Tölzer Landes habe sie sich eigentlich über ein anderes Projekt unterhalten, als dieser meinte: "Sara, du radelst hier doch sowieso die ganze Zeit durch die Gegend, können wir von dir ein paar Touren haben?" Direkt danach habe sie sich dann in die Recherche- und Scoutingarbeit gestürzt, um die schönsten Touren hier im Landkreis zu finden, die auch anfängerkompatibel sind - zumindest teilweise. Dabei sei maßgeblich gewesen, dass die Strecken mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen seien, so Hallbauer. Ausgehend diesen gut mit dem ÖPNV erreichbaren Punkten habe sie dann die Strecken geplant. Anschließend sei sie die Touren alle abgefahren, um diese zu optimieren. Einige der Routen oder zumindest Teile davon seien also noch kleine Geheimtipps, verrät Hallbauer, "je südlicher sie sind, desto bekannter sind die Strecken aber".

Auch Asphalt ist kein Problem für die Mischform aus Mountainbike und Rennrad. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Kollektion der aktuell sieben Strecken könnte in Zukunft durchaus noch erweitert werden. "Wir haben da schon so ein paar Ideen, wo man im Landkreis noch überall langfahren kann", sagt Hallbauer. "Das wird dann wahrscheinlich etwas für das nächste Jahr." Extra für diese Strecken ein Gravelbike kaufen, müsse man nicht. "Man kann die Strecken natürlich auch mit anderen Rädern fahren", erklärt Hallbauer, "ein Mountainbike ist aber in der Regel besser geeignet als ein klassisches Stadtrad, weil die Räder normalerweise breiter sind". Die Wahl der Reifenbreite sei auf Schotterpisten zentral. "Je gröber der Schotter, desto breiter müssen die Reifen dann auch sein", fügt Hallbauer hinzu. Der Vorteil des Gravelbikes sei, dass es Rennrad und Mountainbike verbinde. Konkret bedeute das eher breitere Reifen, kombiniert mit rennradähnlichem Gestell und Lenker.

Hallbauer glaubt nicht, dass sie mit den sieben Schotter-Touren den sowieso schon hohen Touristenandrang im Tölzer Land, vor allem im alpinen Bereich, weiter erhöht, im Gegenteil. Durch die Gravelrouten, die sich auf den ganzen Landkreis verteilen, verspreche sie sich, dass man Touristen "die Schönheit des ganzen Tölzer Landes zeigen kann" und diese sich dadurch innerhalb des Landkreises sogar besser verteilen, "weil sich eben nicht mehr alles auf dem Mountainbike im sensiblen Berggebiet ballt". Einige der Gravelrouten führen auch durch Naturschutzgebiete. Einen Konflikt zwischen Radler und der Natur sieht Hallbauer nicht - "aber auch nur, wenn man sich ordentlich verhält". Vor allem in Naturschutzgebieten müssten Radfahrer verantwortungsbewusst mit der Natur umgehen und "sich bewusst sein, wo man gerade unterwegs ist". Die Natur, die man durchradelt, bleibe nämlich auch nur schön, wenn "jeder sich an geltende Regeln hält und zum Beispiel seinen Müll immer mitnimmt", konstatiert Hallbauer.

Die genauen Routen sowie Tipps der Bike-Expertin und weitere Informationen zu den Schotterstrecken im Tölzer Land finden Interessierte unter www.toelzer-land.de/gravel .

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