Prozess:Schwimmbad-Mitarbeiterin zweigt 46 000 Euro aus der Kasse ab

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Die Betriebswirtin kauft munter ein - Waschmaschine, Gartenmöbel und Besteck-Set. Sie wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die Verteidigerin spricht von ungeregelten Arbeitszeiten ihrer Mandatin und einem Bruttogehalt von lediglich 1700 Euro. "Sie war mit dem Sammelsurium an Aufgaben und Entscheidungen überfordert", sagt sie. Damit versucht sie zu erklären, warum die heute 48-jährige Angeklagte rund 46 000 Euro aus der Firmenkasse eines Schwimmbads im Landkreis abgezweigt und für den eigenen Hausgebrauch munter eingekauft hat.

Die studierte Betriebswirtin war in dem Schwimmbad zwischen Februar 2012 und Ende 2014 für Finanzen und den Zahlungsverkehr zuständig. Schließlich wurde der verantwortlichen Mitarbeiterin gekündigt. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht Wolfratshausen am Montag versuchte die Angeklagte erst gar nicht, die Vorwürfe abzustreiten. Sie räumte alles ein - und wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten wegen Unterschlagung, Untreue und Urkundenfälschung verurteilt.

Im Sitzungssaal saß die Angeklagte meist still neben ihrer Verteidigerin. Sie selbst äußerte sich zu den Vorwürfen kaum. Warum sie das Geld aus der Betriebskasse des Schwimmbads abgezweigt hat, erklärte sie nicht.

Auf Firmenkosten ging die Angeklagte auf Shoppingtour. Sie erwarb beispielsweise einen Wäschetrockner, eine Waschmaschine, später einen Gartentisch, Stühle und ein zwölfteiliges Besteck-Set für den privaten Haushalt. Als sie die Rechnung eines anderen Unternehmens in Höhe von rund 2800 Euro mit einem Scheck begleichen sollte, löste sie diesen kurzerhand für sich selbst ein.

Im Oktober 2014 griff die Angeklagte dann sogar in den Betriebstresor, entnahm 13 000 Euro Bargeld, vorgeblich um eine Rechnung des Tölzer Landratsamts zu begleichen. Gleich darauf im November griff sie nochmals zu, diesmal entwendete sie rund 17 000 Euro in bar. Schließlich fälschte sie nach der außerordentlichen Kündigung ihr Arbeitszeugnis. Später bezog sie Arbeitslosengeld. Für zwei Monate meldete sie der Rosenheimer Arbeitsagentur währenddessen nicht, dass sie schon wieder berufstätig war.

Nachdem das Unternehmen die Angeklagte angezeigt hatte, begann die Weilheimer Kriminalpolizei zu ermitteln. Wie ein Beamter aussagte, hätten sie zunächst deren finanzielle Situation ausgelotet und Zeugen vernommen. Mit der Zeit habe sich der Verdacht gegen die Angeklagte bestätigt.

Erst dann erwirkten die Ermittler eine Hausdurchsuchung, stellten die Waschmaschine und den Wäschetrockner, die Gartenbank und das Besteck sicher - zu ihrer eigenen Überraschung. "Zu unserem Erstaunen waren die Gegenstände noch da. Ich hätte mir gut vorstellen können, nichts mehr zu finden", sagte einer der Ermittler vor Gericht.

Wie die Verteidigerin erklärte, habe sich die Situation im Lauf der Zeit verselbständigt. "Meiner Mandantin tut es leid, dass es soweit gekommen ist." Diese habe den Kopf in den Sand gesteckt. Sie habe sogar einen Täter-Opfer-Ausgleich angeregt, der allerdings gescheitert sei. Die Familie der Angeklagten habe in den vergangenen zweieinhalb Jahren sehr gelitten. Es habe Anfeindungen aus dem sozialen Umfeld gegeben. Sie mussten einen neuen Wohnsitz finden. "Wir sind hier auf dem Land. Da wird alles getratscht." Zudem hätten ihre Mandantin erhebliche Gesundheitsprobleme geplagt, weswegen sich der Verhandlungstermin vor Gericht immer wieder hinausgezögert habe. Ein Jahr Bewährungsstrafe sei ausreichend.

Wegen der hohen Schadenssumme und des längeren Zeitraums der Taten forderte die Staatsanwältin dagegen eine zweijährige Bewährungsstrafe. Sie hoffe, dass die Angeklagte die Bewährung ernst nehme, sich künftig extrem vorsichtig verhalte, wenn es fremdes Vermögen betreffe.

In seinem Urteil blieb Amtsrichter Helmut Berger unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Er werte vor allem strafmildernd, dass die Angeklagte umfassend gestanden, so dem Gericht eine aufwendige Beweisaufnahme erspart habe. Rund 38 000 Euro werden für die entwendete Vermögenswerte von ihrem Konto eingezogen. Die 48-Jährige reagierte erleichtert. Sie sei dankbar, die Angelegenheit nun hoffentlich abschließen zu können, sagte sie. "Ich weiß, was ich meiner Familie angetan habe."

© SZ vom 18.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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