Premiere in der Stadthalle:Zeitloses Spiel

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Gott (Rainer Hofmann) schickt den Tod, gespielt von Catrin Bocksberger, aus, um Jedermann vor seinen Richterstuhl zu bringen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Oberlandler Volkstheater feiert mit dem bayerischen "Jedermann" sein 110-jähriges Bestehen

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Am Tod kommt kein Mensch vorbei. Jeder muss sterben. "Jedermann" hat Hugo von Hofmannsthal auch den Protagonisten seines Werks über das Leben und Sterben eines hartherzigen Mannes genannt. Mit der Adaption in bairischer Mundart aus der Feder von Oskar Weber beendet das Oberlandler Volkstheater seine diesjährige Spielsaison - und verwandelt die Penzberger Stadthalle in eine einzige große Bühne. Auch das Publikum wird Teil von Jedermanns moralischer Läuterung und seinem letzten Gang in das Reich des Todes.

In diesem Jahr feiert das Oberlandler Volkstheater sein 110-jähriges Bestehen, damit ist es in etwa so alt wie das Schauspiel, das im Dezember 1911 in Berlin uraufgeführt wurde. Ein weiterer Grund, den bayerischen Jedermann zu inszenieren, war, möglichst viele Darsteller auf die Bühne zu bringen. Regie führt Claudia Herdrich in bewährter Weise.

Das Bühnenbild mutet sehr modern an. Schlicht ist der Raum in Schwarz und Weiß gehalten. Den Hintergrund dominiert eine überdimensionale Himmelspforte. Durch die muss der reiche Jedermann schreiten, um vor Gottes Richterstuhl zu treten. Doch der Weg dorthin ist nicht leicht. Zu lange hat der Egoist, dargestellt von Markus Bocksberger, ohne Rücksicht auf andere gelebt. Bei einem weiteren Festgelage will er mit seinen Freunden, Verwandten und Buhlschaften prassen. Am Ende steht er alleine da, wenn er unerwartet mit dem Tod konfrontiert wird. Nicht einmal sein Reichtum kann ihn jetzt noch schützen.

Den arroganten Jedermann mimt Markus Bocksberger beeindruckend. Ihm nimmt man ab, dass Geld und Vergnügen ihm alles bedeuten. Allein zum Ende hin, wenn der Protagonist erkennen muss, dass keiner gewillt ist, ihn in das Schattenreich zu begleiten, könnte sein Spiel differenzierter, manchmal auch etwas leiser sein. Jedermanns Verzweiflung und seine Läuterung durch das Erscheinen seiner "guten Werke" (Michaela Brem und Brigitte Herdrich) und des "Glaubens" (Ramona Frick) ließ sich zumindest bei der Premiere am Samstagabend nur erahnen.

Ein großes Lob geht an Catrin Bocksberger, sie spielt den Tod mit einer Grimmigkeit, die ihresgleichen sucht. Ihr Kostüm gemahnt eher an einen Vampir - düster, gruselig und eiskalt. Wie Catrin Bocksberger es schafft, das gesamte Stück über stets finster dreinzublicken, ohne auch nur einmal mit den Mundwinkeln zu zucken, ist wunderbar anzuschauen.

Eine einzige Stunde Zeit auf Erden gewährt der Tod dem Jedermann, um seine Angelegenheiten zu regeln. Doch niemand findet sich, der für ihn sprechen wollte.

Einen starken Auftritt hat Mike Wolff als "Mammon". Mit ganzer Wucht wirft er Jedermann zu Boden. Auch die Personifikation des Geldes will ihn nicht ins Grab begleiten. Da kann Jedermann noch so zetern. Nicht er war Herr über den "Mammon": Überzeugend macht Mike Wolff seinem Gegenüber klar, dass der zum Tode Geweihte das ganze Leben lang nur Marionette seines Reichtums war.

Zu guter Letzt wirbelt Tom Sendl als Teufel durch den Saal - absolut sehenswert. Er möchte die Seele des "Wuchergesellen" holen, weil sie ihm zustehe. Aber der muss unverrichteter Dinge abziehen. Gottes unendliche Liebe hat der schuldbeladenen Seele Jedermanns verziehen. Die große Anzahl an Darstellern lässt es nicht zu, auf die Leistung jedes einzelnen einzugehen. An die 50 Personen stehen auf der Bühne, singen, lachen und feiern. Das Schauspiel vom Leben und Tod Jedermanns wird komplettiert durch Gesangseinlagen. Der Inszenierung tut es gut, dass auf eine Pause verzichtet wird.

Oberlandler Volkstheater: "Ein bayerischer Jedermann" von Oskar Weber, Stadthalle, Penzberg; weitere Aufführungen am Freitag, 30. November, und Samstag, 1. Dezember, Beginn jeweils 19.30 Uhr; Karten zu zehn/sieben Euro im Vorverkauf im Café Freudenberg

© SZ vom 20.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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