Personalsuche:Stille Reserven auf dem Arbeitsmarkt

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Agentur-Leiter Udo Kohnen erläutert beim Unternehmerverein "Wir für Tölz", wie Firmen noch Fachkräfte finden können.

Von Klaus Schieder

Seit ein paar Monaten schon hat Andreas Munkert die Stellen ausgeschrieben. Er sucht eine Servicekraft, außerdem ein Zimmermädchen. Die Servicekraft sollte über Berufserfahrung verfügen, brauche aber nicht unbedingt eine Ausbildung zu haben, sagt der Juniorchef der Reha-Klinik Frisia in Bad Tölz. Außerdem benötigt er noch eine Krankenschwester, die allerdings qualifiziert sein muss. "Vom Grundsatz her bin ich für jede Initiativbewerbung dankbar", sagte Munkert am Ende des Vortragsabends zum Thema "Fachkräftemangel trifft Reserven auf dem Arbeitsmarkt", den der neue Unternehmerverein "Wir für Tölz" am Mittwochabend im Kleinen Kursaal am Vichyplatz veranstaltete. Referent Udo Kohnen ermunterte dabei die Arbeitgeber, auf der Suche nach Fachkräften mehr in die Offensive zu gehen. Die Unternehmen müssten "initiativ" sein, hob der Geschäftsstellenleiter der Agentur für Arbeit Bad Tölz-Wolfratshausen hervor. "Wir selbst sehen uns als Brückenbauer." Die Zeiten sind vorbei, als eine Firma eine Stelle ausschrieb und Bewerbungen von Leuten bekam, die das Anforderungsprofil bis auf i-Tüpfelchen erfüllten. Diese Passgenauigkeit hat stark abgenommen. Deshalb richte sich an Arbeitgeber wie auch an Jobsuchende die Frage, wo sie Abstriche machen können, sagt Kohne. Erst wenn dies geschehe, werde es spannend. "Dann können wir den letzten Rest schließen", sagte er.

Arbeitgeber sollten in die Offensive gehen, sagt Udo Kohnen, Leiter der Arbeitsagentur im Landkreis. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Instrumentarium der Agentur für Arbeit reicht von der Beratung ("das beste Produkt, das wir haben") über Eingliederungszuschüsse und Weiterbildungsmaßnahmen für bereits Beschäftigte bis hin zu Einstiegsqualifizierungen und ausbildungsbegleitenden Hilfen. Kohnen riet den Betrieben auch, Praktika anzubieten. "Vielleicht lernen Sie so mal jemanden kennen, der vielleicht nicht die Berufsausbildung hat, sondern Erfahrung", sagte er.

Eine Möglichkeit ist auch eine Art Betriebs-Dating. Den Arbeitgebern biete man an, dass sie sich einer Handvoll Bewerber in kurzen Gesprächen vorstellten, erklärte Andreas Baumann, Leiter des Tölzer Jobcenters. In zwei Fällen sei man damit schon erfolgreich gewesen, einmal für einen gastronomischen Betrieb, ein anderes Mal für eine Handwerksfirma. Aber: "Es muss passen, das ist immer ein Probieren." Die Unternehmer im Publikum zeigten sich angetan. "Eine pfiffige Idee", befand Ralph Munkert, Seniorchef der Frisia-Klinik. Und Peter Frech, Gastronom und Chef eines Sicherheitsdienstes, wollte wissen, wie man dieses Angebot buchen könne.

Kohnen zufolge sollten Unternehmen auch prüfen, ob Anlernkräfte in ihrem Betrieb vielleicht das Potenzial für eine höhere Qualifikation besitzen. Zu den stillen Reserven auf dem Arbeitsmarkt zählt der Agentur-Leiter überdies Frauen, die nach einer Familienzeit wieder arbeiten möchten. Für gering qualifizierte Leute, die noch jung sind, gebe es Initiativen, den Berufsschluss nachzuholen und dafür die Ausbildungszeit im Betrieb zu kürzen. Eine Gruppe, die langsam größer wird, seien Rentner, die im Ruhestand weiter arbeiten müssen oder wollen. Außerdem gebe es Arbeitskräfte im Ausland, die eine Ausbildung haben und in ihrer Heimat keinen Job finden. Sie benötigen meist einen Sprachkurs und eine Zusatzqualifizierung. "Auch da gibt es Möglichkeiten", sagte Kohnen und nannte als Beispiel Krankenschwester aus den Philippinen. Für schwerbehinderte Menschen habe die Agentur für Arbeit einen speziellen Vermittler, ebenso für Flüchtlinge, von denen knapp 60 bei der Agentur gemeldet seien. "Das waren mal 600."

Vor allem eine Frage trieb die Unternehmer um: Wie kommt man an solche Leute heran? Kohnen riet, auf Messen präsent zu sein, Stellenangebote in Zeitungen und neuen Medien breit zu streuen, wegen der Mundpropaganda ein gutes Betriebsklima zu schaffen. Damit scheint man in der Frisia-Klinik kein Problem zu haben. Die meisten Mitarbeiter seien lange dabei, sagt Andreas Munkert.

© SZ vom 01.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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