Penzberger Politik:Ein Verein kauft sich selbst

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Gut 20 000 Quadratmeter groß ist der Fußballplatz des Eisenbahner Sportvereins (ESV) in bester Penzberger Wohngegend. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Stadt Penzberg leiht dem ESV 250 000 Euro, um das bislang gepachtete Areal aus dem Eisenbahnvermögen zu übernehmen. Weitere 300 000 gibt's von der Bank

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Den Eisenbahner Sportverein (ESV) Penzberg plagen existenzielle Sorgen. Seine Heimat, der Fußballplatz an der Fischhaberstraße, ist der wichtigste Baustein für den Fortbestand des Vereins. Doch er gehört dem Bundeseisenbahnvermögen (BEV). Der Pachtvertrag läuft 2023 aus. Eine Verlängerung, wenn überhaupt, hat die Dienststelle Süd für maximal zwei Jahre in Aussicht gestellt. Ohne Planungssicherheit aber kann der Verein seine Arbeit nicht fortführen. Daher möchte er das gut 20 000 Quadratmeter große Areal kaufen. Etwa 550 000 Euro muss der ESV aufbringen. Der Vorstand will diese Summe mit Darlehen stemmen und setzt zugleich auf eine hohe Spendenbereitschaft.

"Das ist schon eine Herausforderung", sagt der Vereinsvorsitzende Josef Kriegbaum an einem Tisch im ESV-Heim an der Fischhaberstraße. Wenn der Verein jedoch den Schritt jetzt nicht mache, könne es zu spät sein. Kriegbaum spricht von einem "komplexen Sachverhalt". Dieser ist in der Gründungsgeschichte des Vereins zu suchen. Seit mehr als 60 Jahren existiert der ESV Penzberg. Der Verein hat sich dem Breitensport verschrieben, neben den Fußball-Abteilungen gibt es eine Eisstockschützensparte und eine Damengymnastik-Gruppe. An die 600 Mitglieder (280 Jugendliche und 310 Erwachsene) hat der ESV. Von den Bambini bis zur A-Jugend trainieren 16 Jugendmannschaften auf dem Platz. "Wir machen seit Jahren eine erfolgreiche Jugendarbeit", sagt Kriegbaum und verweist unter anderem auf die vier Mädchenmannschaften im Spielbetrieb. Zwei Herrenmannschaften und eine Senioren-Riege kann der Verein ebenfalls vorweisen.

Man könnte meinen, der ESV sei für die Zukunft gut aufgestellt. An Nachwuchs fehlt es nicht. Doch das Trainingsgelände gehört dem Verein nicht. Das ist der Knackpunkt. Damit das Bundeseisenbahnvermögen sich als Eigentümer an die Sozialbindung hält, die im Pachtvertrag mit dem ESV festgelegt ist, müssen mindestens 15 Prozent der Vereinsmitglieder Bahnmitarbeiter sein. Diese Quote zu halten, werde immer schwieriger, erzählt Kriegbaum.

Ohne die Sozialbindung würde die Pacht in die Höhe schnellen, auch würde das BEV das Grundstück über kurz oder lang einer anderen Nutzung zuführen und dabei einen deutlich höheren Quadratmeterpreis beim Verkauf des Geländes erzielen. Der ESV-Platz an der Fischhaberstraße liegt in bester Lage. Auf dem Areal könnte ein neues Quartier mit Wohnbebauung entstehen - würde die Stadt, die ein Vorkaufsrecht hat, dort Baurecht schaffen. In acht Jahren, so die Prognose, verringert sich die Eisenbahnerquote aufgrund der Altersstruktur rapide. "Wir müssen also jetzt kaufen", sagt Kriegbaum. Das sei zu schaffen dank eines "durchdachten Finanzierungskonzepts".

Die Stadt Penzberg gewährt dem Verein ein Darlehen in Höhe von 250 000 Euro. Nach 30 Jahren muss der ESV dieses zurückzahlen. Die beiden Sportreferenten im Stadtrat, Thomas Keller und Michael Kühberger, hätten sich ins Zeug gelegt, sagt Kriegbaum. Ursprünglich war von 150 000 Euro die Rede. "Wir sind froh und dankbar." Den Rest der Kaufsumme finanziert der ESV bei einer Bank, die dem Verein beste Konditionen gewähre, so Kriegbaum. Am 31. August dieses Jahres soll es zum Notar gehen. Eigentümer des Fußballplatzes wird der Verein allerdings erst in 50 Jahren. So lange habe das EBV "ein Auge auf den Platz", sagt der Vorsitzende. Sollte mit dem Gelände doch spekuliert werden, könnte das Eisenbahnvermögen 90 Prozent des Erlöses abschöpfen.

Auch wenn Kriegbaum und seine Mitstreiter vom Kauf überzeugt sind, müssen erst die Mitglieder ihr Plazet geben. Auf einer außerordentlichen Versammlung am Samstag, 13. Juli, im ESV-Heim sollen sie abstimmen.

Um den Erwerb zu stemmen, müssen die Mitglieder auch mithelfen. Der jährliche Mitgliedsbeitrag soll um 20 Euro pro Person erhöht werden. Ferner sind Patenschaften geplant. Für einen Euro pro Quadratmeter soll man einen Teil der Fläche (mindestens 100 Quadratmeter) drei, fünf oder zehn Jahre lang sponsern können. Dies sind nur zwei weitere Bausteine auf dem Weg zur Rückzahlung der Darlehen. Der Verein plant zudem ein Spendenwochenende von Freitag, 19., bis Sonntag, 21. Juli, mit viel Programm. Natürlich wird an diesen Tagen auf dem Platz Fußball gespielt. Am Freitag etwa treten die ESV-Senioren gegen die Altherren des FC Bayern München (Senioren B/Ü 40) an. Das Spiel beginnt um 19 Uhr.

Höhepunkt ist am Sonntag der große Spendenlauf von 10 bis 15 Uhr. Die Regeln: Jeder Teilnehmer kann so viele Runden laufen, wie er möchte. Im Vorfeld muss er sich Sponsoren suchen, die pro Runde einen bestimmten Betrag spenden. Die Strecke ist etwa 800 Meter lang. Für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr gibt es eine Runde mit 200 Metern Länge. "Unser Ziel ist es, in den ersten 15 Jahren so viel wie möglich zurückzuzahlen", sagt Kriegbaum.

Spendenkonto "Rettet den ESV Penzberg", Volks- und Raiffeisenbank Werdenfels, IBAN: DE24703900000002578956

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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