Penzberg:Mehrheit kippt Beton-Beschluss

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Nun doch mehr Holz: Grünen, SPD und Penzberg Miteinander gelingt es, mit anderen Kräfteverhältnissen im Stadtrat das Votum für den Neubau des Kinderhauses zu revidieren

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Beim ersten Wetterleuchten schon eine Katastrophe kommen sehen - nicht mit den Grünen, der SPD und Penzberg Miteinander (PM). Die drei Stadtratsfraktionen hatten jüngst einen Antrag gestellt, beim geplanten Kinderhaus an der Nonnenwaldstraße doch den energetischen Kriterienkatalog heranzuziehen und Holz als Baustoff zu verwenden. Dazu musste ein Beschluss des Bauausschusses "korrigiert" werden. Dieser war dem Rat des Architekten gefolgt, das Projekt aus Kostengründen abzuspecken. Mit 13 zu zehn Stimmen wurde der Beschluss vom Stadtrat revidiert. Alle oberirdischen Gebäudeteile werden demnach in Holzbauweise ausgeführt.

In dieser frühen Planungsphase, in der noch keine Angaben über die Kosten des neuen Kinderhauses vorlägen, dürfe man sich nicht von Standards verabschieden, die man sich als Stadt auferlegt habe, begründete Sebastian Fügener (Grüne) den Antrag. Der Beschluss im Bauausschuss sei keine "ganz rationale Entscheidung" gewesen. Die Lieferschwierigkeiten im Baugewerbe beträfen nicht allein Holz, betonte Fügener.

Weil Holz momentan rar und somit teuer ist, hatte Architekt Christian Holzer dem Bauausschuss ans Herz gelegt, die Kindertagesstätte an der Nonnenwaldstraße in sogenannter Hybridbauweise zu errichten: größtenteils mit Stahlbeton, die Innenräume mit Holz. Auch den strengsten Energiestandard anzuwenden, sei bei einem Kindergarten nicht sinnvoll.

"Hybrid" könne alles und nichts heißen, sagte Fügener im Stadtrat. Das Kinderhaus werde seiner Befürchtung nach zu zwei Dritteln ein Betonbau und der Rest als Alibi in Holz ausgeführt. Hardi Lenk (SPD) sprang ihm zur Seite. Man habe, als der Energetik-Kriterienkatalog vereinbart wurde, gewusst, dass das Bauen mit Holz teuer sei, sagte er. In der Corona-Krise seien die Preis zwar gestiegen, doch das gelte eben für alle Baustoffe. Stahlbeton habe "eine verheerende Klimabilanz". Holzbau sei zwar teurer, allerdings nur, wenn man die Umweltschäden bei der Betonherstellung unbeachtet lasse, sagte Martin Janner (PM). Bayern sei ein holzreiches Land, die Holzbauweise also ökologisch vertretbar. Und Kerstin Engel (Grüne) erinnerte daran, dass die Stadt 2019 im Rahmen des Klimapakets beschlossen hatte, bei allen Entscheidungen die Folgen für das Klima zu berücksichtigen.

Es folgte ein Schlagabtausch in der Stadthalle. Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) gab zu bedenken, dass der Holzbau seiner Schätzung zufolge fünf Prozent teurer werden könnte, was eine Kostensteigerung von einer halben bis zu einer Million Euro bedeute. "Das müssen wir woanders einsparen", sagte er. Maria Probst wiederum erklärte ihren Stadtratskollegen, dass es sich um Steuergelder handle, zu deren sparsamem Einsatz man verpflichtet sei. Armin Jabs (Bürger für Penzberg) erinnerte an einen Stadtratsbeschluss, wonach jeder Antragsteller einen Vorschlag für eine Gegenfinanzierung machen müsse. Dieses Argument griff auch Aleksandar Trifunovic (CSU) auf: "Etwa bei Vereinen, Senioren, Familien?", fragte er. Für ihn sei die Hybridbauweise ein "guter Kompromiss".

Am Ende setzte sich die Koalition aus Grünen, SPD und Penzberg Miteinander durch. Möglich war dies, weil in den beiden Gremien unterschiedliche Kräfteverhältnisse herrschen. Im Bauausschuss besitzen CSU, Bürger für Penzberg und Freie Lokalpolitik Penzberg mit der Stimme des Bürgermeisters eine knappe Mehrheit. Im Stadtrat sieht es anders aus. Dort sind die drei Fraktionen mit einer Stimme in der Minderheit. Zudem fehlten zwei Stadtratsmitglieder. Jabs warf Grünen, SPD und PM vor, sie hätten den Antrag im Bewusstsein des unterschiedlichen Mehrheitsverhältnisses gestellt. Dem widersprach Markus Bocksberger (PM) vehement: Bereits im Januar 2021 habe man sich für die Holzbauweise entschieden. Der geänderte Beschluss vor Kurzem im Bauausschuss sei nicht zu verstehen. Es gehe nicht an, den Umweltgedanken einfach beiseite zu wischen, sagte Bocksberger.

© SZ vom 06.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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