Palliativmedizin stationär und daheim :Netzwerk für ein würdiges Ende

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Leiter und Mitarbeiter haben das neue Netzwerk zur Palliativversorgung in Wolfratshausen vorgestellt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Medizinische Einrichtungen und Hospizvereine aus den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach gründen miteinander die Oberland Hospiz- und Palliativversorgung GmbH, um Sterbenden und Angehörigen zu helfen.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Viele verdrängen den Gedanken an Tod und Sterben nur allzu gerne. Doch gehört beides zum Leben. Die Mehrheit der Menschen möchte allerdings in der eigenen vertrauten Umgebung zu Hause und nicht im Krankenhaus sterben - ein Wunsch, der auch für die Angehörigen sehr belastend sein kann. Leidet der Betroffene an großen Schmerzen, einer schweren Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung und muss intensiv gepflegt werden, ist Hilfe vonnöten. In diesen Fällen soll von 1. Mai an das SAPV-Team in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach die ambulante und stationäre Versorgung ergänzen. Seine Mitglieder stellten sich am Mittwoch im Casino der Kreisklinik Wolfratshausen vor.

SAPV ist die Abkürzung für die "spezialisierte ambulante Palliativversorgung". Im Team arbeiten Palliativärzte, speziell ausgebildete Pflegekräfte und Sozialarbeiter zusammen. Sie vernetzen sich mit Hausärzten, Pflegediensten, Krankenhäusern und Seelsorgern. Träger der SAPV in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach sind das Krankenhaus Agatharied, die Kreisklinik Wolfratshausen sowie die Hospizvereine der beiden Landkreise. Sie haben im Februar die gemeinnützige Gesellschaft OPAL Oberland Hospiz- und Palliativversorgung GmbH gegründet. Damit werde eine Brücke zwischen der ambulanten und der stationären Palliativversorgung geschlagen, sagte Dritter Landrat Klaus Koch (Grüne). Er sah durch die Gründung der Gesellschaft eine "weiße Lücke" in den beiden Landkreisen geschlossen.

Jeder Mensch habe das Recht auf ein Sterben unter würdigen Bedingungen, sagte Benjamin Bartholdt, Geschäftsführer der OPAL GmbH. Seit 2007 besteht für alle gesetzlich Versicherten ein Rechtsanspruch auf eine leidensmindernde, pflegerische und medizinische Behandlung in der häuslichen oder familiären Umgebung. Gabriele Fritsch, Ärztin für Anästhesie und Intensivmedizin sowie Palliativmedizin, wird die ärztliche Seite des derzeit siebenköpfigen SAPV-Teams leiten. Es sei 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche erreichbar, sagte sie. Krankenhausärzte und behandelnde Vertragsärzte könnten die SAPV als ergänzende Versorgungsstruktur bei schwersten Krankheitsverläufen verordnen. Die Grundversorgung durch Hausärzte oder Pflegekräfte laufe weiter, sagte Fritsch.

Das Palliativteam könne jederzeit telefonisch kontaktiert werden, sagte dessen pflegerischer Leiter, Sebastian Heinlein. Das Team werde in verschiedenen Abstufungen tätig. So berate man Patienten und Angehörige einmalig, etwa über Versorgungsangebote, Patientenverfügungen oder Vollmachten. Das Palliativteam koordiniere und baue Versorgungsstrukturen auf, leite bei palliativmedizinischen und pflegerischen Tätigkeiten an, organisiere Fallgespräche bei komplexen Fällen. Im Mittelpunkt stünden der Patient und dessen Angehörige.

Laut Heinlein steht der direkte Kontakt mit dem Patienten an oberster Stelle. Meist begleitete man diesen in den letzten vier bis fünf Lebenswochen direkt in seinem Umfeld. Dazu gehöre, Beschwerden wie Schmerzen, Atemnot, Erbrechen und Angst zu lindern. Zentraler Bestandteil sei die 24-Stunden-Rufbereitschaft. Denn in Krisensituationen seien Angehörige häufig überfordert und wüssten nicht weiter. In das Netzwerk sind auch die Hospizbegleiter eingebunden. Schon seit 21 Jahren versorgten sie Patienten ambulant, sagte Barbara Mehlich, Vorsitzende im Christophorus Hospizverein. Ihr Auftrag sei, auszuhalten, durchzutragen und Raum zu schaffen, der für die Kranken und Angehörigen notwendig sei. Als Teil des Versorgungsnetzes versteht sich auch die Palliativ-Station in der Kreisklinik. Sie betreute etwa 60 bis 70 Patienten jährlich, sagte Leiter Michael Trautnitz. Über ein Drittel werde nach Hause entlassen, zehn Prozent in Hospize oder andere Häuser überwiesen.

OPAL, Telefon 08041/7962129, www.sapv-im-oberland.de

© SZ vom 24.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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