Ortsentwicklung :Perspektiven für die Altstadt

Lesezeit: 3 min

Die Wolfratshauser wollen ein lebendigeres Zentrum, wie eine groß angelegte Protestaktion im Sommer zeigt. Zwei neue Möbelhäuser und eine Geburtsstation bescheren der Stadt indes großen Zulauf

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Das Jahr 2018 wird in Wolfratshausen besonders wegen zwei neuer Einrichtungen in Erinnerung bleiben, die der Stadt ordentlich Zulauf bescheren: Die neue Hauptabteilung für Geburtshilfe in der Kreisklinik und die beiden Möbelhäuser der XXXLutz-Gruppe im Gewerbegebiet. In der Kreisklinik betreibt das Klinikum Starnberg seit 1. Juli die ausgebaute neue Geburtshilfe - mit einem jährlichen Millionenzuschuss des Landkreises. Die nach der Schließung der Belegstation in der Tölzer Asklepios-Klinik einzige Geburtshilfeabteilung im Landkreis wartet nun mit neun Gynäkologen und sechs Kinderärzten auf und zieht Eltern aus zahlreichen Gemeinden an. Im November kam dort bereits das 500. Baby des Jahres zur Welt.

Noch größer dürfte das Einzugsgebiet der neuen Möbelhäuser sein, die nach dem Umbau des ehemaligen Möbel Mahler, den die Lutz-Gruppe in nur neun Monaten durchpeitschte, im Herbst eröffnet wurden. XXXLutz und Mömax verfügen zusammen über mehr als 30 000 Quadratmeter Verkaufsfläche und bringen der Stadt nicht nur zahlreiche Kunden aus dem gesamten Oberland, sondern auch mehr als 200 Arbeitsplätze. Hinzu kommen etwa 100 Stellen im zentralen Lager im Geltinger Gewerbegebiet, von dem aus die Möbel ausgeliefert werden.

Das zu Ende gehende Jahr hat Wolfratshausen auch ein neues Gesicht beschert: Stadtmanager Stefan Werner, der am 1. Februar seinen Dienst antrat. Auf dem 38-jährigen Leiter der neuen Stabsstelle für Stadt- und Veranstaltungsmanagement, Wirtschaft und Touristik ruhen nun die Hoffnungen, dass die Wolfratshauser Innenstadt endlich attraktiver gestaltet wird. Werners Aufgaben sind vielfältig. So will er mit dem Stadtrat und den Bürgern einen "Fahrplan entwickeln" mit dem Ziel, "die Aufenthaltsqualität unserer Stadt zu steigern". Zudem will er das Stadtmarketing unter einer "Dachmarke" vorantreiben. Für die Stadt hat er bereits den neuen Einkaufsflyer entwickelt und erstmals ein hochwertiges Gutscheinheft herausgegeben.

An der Aufwertung der Altstadt wird sich der Stadtmanager künftig messen lassen müssen. Werner organisiert maßgeblich die Bürgerbeteiligung, die im November begonnen hat. In den Augen vieler Einwohner hat die Wolfratshauser Innenstadt bisweilen deutlich zu wenig zu bieten. Weil Veränderungen auf sich warten ließen, starteten Bürger im Sommer eine groß angelegte Protestaktion. Auf Plakaten, die in der ganzen Stadt aufgehängt wurden, forderten sie Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) und den Stadtrat auf, Beschlüsse zur Umgestaltung endlich umzusetzen. Im vom Stadtrat beschlossenen moderierten Dialog sollen die Bürger ihre Ideen für die Gestaltung der Marktstraße und Umgebung nun einbringen. Nach einer Bestandsaufnahme sollen die Wolfratshauser an einem "Kreativtag" am 26. Januar Lösungen entwickeln. Die Ergebnisse sollen dann im Frühjahr dem Stadtrat vorgelegt werden, der auf Grundlage der Wünsche die Umgestaltung in Auftrag geben soll.

Hoffnung auf eine Wiederbelebung der Altstadt machte auch die Baugenehmigung für den geplanten Neubau mit Wohnungen und Laden anstelle des ehemaligen Isar-Kaufhauses, die das Landratsamt im September erteilt hat. Der Abriss des seit bald fünf Jahren leer stehenden Komplexes sollte laut Investor noch in diesem Jahr erfolgen, lässt jedoch noch auf sich warten. Grund für die Verzögerung ist laut der mit dem Projekt betreuten Untermarkt 7-11 GmbH die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Eigentümers vom Haus nebenan, das nahtlos an das Gebäude anschließt. Zuletzt hieß es vom Investor, dass mit dem Abbruch der Fassade frühestens Ende Januar zu rechnen sei. Bei einem planmäßigen Ablauf könne der Neubau Ende 2020 fertiggestellt werden.

Noch länger werden die Wolfratshauser auf das "Loisachcenter" warten, das auf dem sogenannten Kraft-Areal entstehen soll. Im vergangenen Sommer stellten die Planer mit dem ersten Entwurf der Bebauungsplanänderung das Einkaufszentrum und seinen Namen vor: In dem 180 Meter langen, zweistöckigen Gebäude im Süden des Geländes sollen ein Vollsortimenter, ein Discounter, ein Elektromarkt, eine Bäckerei und ein Kiosk unterkommen. Im Norden soll ein vierstöckiges Gebäude mit geförderten Wohnungen entstehen. Es sind allerdings mehr als 80 Einsprüche aus der Bevölkerung eingegangen, mit denen sich der Stadtrat im Januar 2019 befassen wird. Hauptkritik ist die Verkehrszunahme - viele Anwohner befürchten einen Kollaps auf den Straßen.

Im November hat der Stadtrat mit deutlicher Mehrheit beschlossen, das denkmalgeschützte Gebäude am Untermarkt 10 von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft (Stäwo) sanieren zu lassen. Dort sollen im Erdgeschoss eine Tourist-Info und ein Laden entstehen, im Obergeschoss soll das Heimatmuseum bleiben, der Seitenflügel soll zum Multifunktionsraum werden. Damit ist die Diskussion um die Sanierung des schadstoffbelasteten Gebäudes beendet und die Vergabe an einen privaten Investor vom Tisch. Laut Terminplan soll das Haus 2021 fertig sein. Dass die Stäwo zügig arbeiten kann, zeigen die Bauarbeiten für 52 Wohnungen auf der Coop-Wiese in Waldram, die 2018 gut vorangekommen sind. Das gilt auch für den Bau der sechsgruppigen Kita am Ludwig-Thoma-Weg.

Erfolgreich war das Jahr 2018 zunächst auch für die stehende Surfwelle, die der Stadt ein Alleinstellungsmerkmal geben soll. Im Frühjahr wurden die Fördermittel bewilligt, der Betreiberverein konnte die nötigen Spender akquirieren. Zum Jahresende kam jedoch mit der Kostenberechnung eine böse Überraschung: Die Konstruktion der künstlichen Welle am Weidacher Kanal wird deutlich teurer als erwartet - um mehr als 200 000 Euro. Ob Wolfratshausen künftig auch Surfer aus der ganzen Region anziehen wird, muss der Stadtrat im Februar entscheiden.

© SZ vom 29.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: