Oper auf Bayrisch in Wolfratshausen:"Ihr moants, i bin bleed?"

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In Wolfratshausen gibt's den "Ring in einem Aufwasch" in zweieinhalb Stunden. Gerd Anthoff (l.), Conny Glogger, Michael Lerchenberg und das Ensemble bekommen stürmischen Beifall. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Walküre spricht Bairisch: Michael Lerchenberg und Kollegen bieten mit ihrem "Ring" ein dialektales Vergnügen in der Loisachhalle

Von Sabine Näher, Wolfratshausen

Die kühne Vision hatte Mark Twain bereits im Jahre 1891: Wagners Opern könnten gewinnen, wenn man den Gesang weg ließe, meinte der amerikanische Erfolgsautor nach einem Bayreuth-Besuch. Doch erst knapp einhundert Jahre später hatte der Münchener Verleger und Schriftsteller Paul Schallweg den Mut, dies in die Tat umzusetzen. Und, mehr noch, er übersetzte das Wagnersche Text-Geschwurbel (man denke nur an: "Weia! Waga! Woge, du Welle! Wagalaweia!") gleich noch ins Bairische, um es endlich für jedermann, jedenfalls hierzulande, verständlich zu machen. Weiterer Vorteil gegenüber dem Original: Es braucht weit weniger Sitzfleisch. Muss man sich für den "Ring" in Bayreuth schon eine Woche Zeit nehmen, handelt Schallweg den "Ring in einem Aufwasch" locker in zweieinhalb Stunden ab.

Solch hervorragenden Interpreten wie denen vom Donnerstagabend hätte man allerdings auch gern noch länger zugehört. Das illustre Trio Gerd Anthoff, Conny Glogger und Michael Lerchenberg, alle gleichermaßen bekannt vom Theater wie aus dem Fernsehen, hat selbst so viel Spaß auf der Bühne, dass es das Publikum in der voll besetzen Loisachhalle unweigerlich ansteckt. Wie sie sich die Bälle zuwerfen, das Tun der Kollegen kommentieren, mal mit schlagfertiger Replik, mal mit vielsagendem Blick, das ist genauso lustig wie die wirklich komischen Texte Schallwegs. So ist an diesem Abend pures Vergnügen garantiert, dem die Musikarrangements des Ensembles "Opern auf Bayrisch" unter Leitung von Andreas Kowalewitz, denen nichts heilig, und schon gar nichts fremd ist, noch eines draufsetzen.

"Das Rheingold" eröffnet die Ring-Tetralogie, ist die Vorgeschichte und steckt den Rahmen für die folgenden drei Bühnenabende ab. Bei Schallweg heißt es "Die G'schicht' von die gold'ne Äpfel": Freia sichert den anderen Göttern durch die goldenen Äpfel aus ihrem Garten ewige Jugend. Dummerweise hat Wotan sie den Riesen Fasolt und Fafner als "Kaufpreis" für den Erricht der Burg Walhall versprochen. Im Tausch gegen das vom Nibelungenzwerg Alberich geraubte Reingold sind die bereit, auf Freia zu verzichten. Während Lerchenberg hier sein gesamtes komödiantisches Talent ausspielt, den Zwerg fauchen, den Gott donnern lässt und für die atemberaubende Szene, in der Alberich den Ring auf urbairisch verflucht, Szenenapplaus erhält, gibt Anthoff den Grandseigneur, der mit Nonchalance über allem steht.

"Die Walküre", beziehungsweise "Das Heldendrama am Watzmann" bringt nun die anrührende Geschichte der inzestuösen Liebe zwischen Siegmund und Sieglinde, beide außereheliche Kinder Wotans, was dessen Gattin Fricka nicht eben für sie einnimmt. Auch Hunding, Sieglindes Ehemann, möchte den Nebenbuhler beseitigen. Herrlich, wie Lerchenberg hier das volle Pathos der Wagner-Veteranen aufblühen lässt: "Ich will nicht tot sein ohne dich! Verzeih mir, wenn ich dich derstich..." Und Glogger gurrt und turtelt, dass es eine Wonne ist. Die Walküre Brünnhilde kommt den Liebenden zu Hilfe und wird zur Strafe von Wotan auf den feuerumtosten Berg verbannt: "Jetzt ab mit dir zum Wendelstoa!"

Und schon sind wir bei "Siegfried" oder "Der Kampf mit dem Drachenviech". Siegfried, Spross der Liebe der Geschwister aus der vorangegangenen Oper, ist beim Schmied Mime aufgewachsen. Mime plant, dessen Riesenkraft zu benutzen, um selbst an den Ring in dem vom Drachen bewachten Rheingold zu gelangen. Der todwunde Drache erinnert Siegfried an den Fluch, der auf dem Ring liegt. Und als Mime ihn vergiften will, warnt ihn ein Vöglein, das ihm darauf zuzwitschert: "I woaß, du fühlst di so aloa - i flieg voraus zum Wendelstoa!" Der todesmutige Held überwindet den Feuerzauber und entbrennt in Liebe zu Brünnhilde. Lerchenberg: "Der Siegfried stoßt an Brunftschrei aus - das ist das Schwierige an der Rolle: UAAAAAH!" Glogger als erlöste Walküre schmachtet derweil Anthoff an. Lerchenberg schubst sie an: "Brünnhilde! Mein geliebtes Weib!" Anthoff knurrt: "Ich hab immer die falsche Rolle..."

Und mit der "Götterdämmerung" geht auch schon alles zu Ende. Mit Hagen, Gunther und Gutrune kommen neue Figuren ins Spiel. Mit einem Zaubertrank gewinnt Gutrune Siegfried für sich, der daraufhin unter der Tarnkappe Brünnhilde für Gunther, den Anthoff als herrliches "Weichei" gibt, erringt. Das Ränkespiel hat Hagen ersonnen, um sich selbst in den Besitz des Ringes zu bringen.

Doch er hat nicht mit der Gegenwehr der Walküre gerechnet: "Ihr moants wohl, i bin bleed? I mog des Zwetschgenmandl net!" Aus Habgier tötet Hagen Siegfried. Doch auch Gunther will den Ring: "Und schon gibt's wieder eine Leich'!" Als Siegfried auf Geheiß Brünnhildes verbrannt wird, stürzt sie auf ihrem Streitross, den Ring am Finger, in die Flammen. "Brünnhilde reit' mit a'm wuiden Schrei pfeigrod ins lodernd Feier nei!" Und die Flammen verzehren am Ende Walhall und die ganze Götterbrut. Stürmischer, jubelnder Beifall!

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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