"Pathetique" und Egmont-Ouvertüre:Glanzstücke der Klassik

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Die Neue Philharmonie München ist eines der begabtesten Studierendenorchester Deutschlands. Am Freitag kommt es für ein Benefizkonzert in die Loisachhalle.

Von Paul Schäufele

Es ist schon eine Weile her, aber einmal hat Eduard Hanslick, Säulenheiliger der deutschsprachigen Musikkritik, diese Werke "Musikstücke, ... die man stinken hört" genannt und ihre "erbarmungslose Länge" bemängelt. Heute gehören sie zurecht zu den Glanzstücken und Publikumslieblingen der Konzertgänger: Tschaikowskys Symphonie Nummer 6 h-Moll ("Pathétique") und das Violinkonzert D-Dur. Gemeinsam mit Beethovens Egmont-Ouvertüre bilden sie das Programm des Benefizkonzerts, mit dem die Neue Philharmonie München am Freitag, 1. März, von 20 Uhr an in der Wolfratshauser Loisachhalle auftreten wird. Am Pult wird Fuad Ibrahimov stehen, seit 2014 Chefdirigent des jungen Orchesters.

Für ihn erfüllt sich damit ein Wunsch. Schon länger hatte Ibrahimov geplant, mit den Jungmusikerinnen und Jungmusikern der Neuen Philharmonie ein Tschaikowsky-Programm vorzubereiten. Es sind Werke, an denen ein Orchester wächst, emotional und technisch. Dazu kommt die Zusammenarbeit mit der Solistin Maria Solozobova, der schon Yehudi Menuhin außergewöhnliches Talent bescheinigte. Sie und Ibrahimov sind befreundet: "Ich kenne Maria schon seit unserem Studium in Köln. Sie hat damals bei dem legendären Zakhar Bron studiert und musiziert heute mit Leuten wie Martha Argerich und Mischa Maisky. Wir freuen uns riesig, jetzt mit ihr zusammenarbeiten zu können."

Bereits im vergangenen Jahr gastierte die Neue Philharmonie in der Loisachhalle. (Foto: Hartmut Pöstges)

Dabei spielt nicht nur das Endprodukt, die Aufführung im Konzertsaal eine Rolle. Die Neue Philharmonie arbeitet mit Solistinnen und Solisten wie dem Geiger Gilles Apap oder der Cellistin Meehae Ryo zusammen, gerade weil sich die Musikerinnen und Musiker des Projektorchesters noch in der Ausbildung befinden - das Höchstalter liegt bei 30 Jahren. Jedes Jahr müssen Bewerbungen abgelehnt werden, so begehrt sind mittlerweile die Plätze im Orchester, das sich im Laufe der Zeit zu einem der renommiertesten Studierendenorchester Deutschlands entwickelt hat; die Musizierenden kommen aus ganz Europa, um hier Orchestererfahrung zu sammeln. Für viele wird das auch eine Berufsperspektive sein. Die Zusammenarbeit mit international gefragten Solisten ist da ein weiterer Anreiz, am Bewerbungsverfahren teilzunehmen. "Wir haben nur gute Erfahrungen gemacht mit unseren Solistinnen und Solisten und möchten das weiterhin möglichst oft machen. Das Orchester profitiert enorm davon, musikalisch und persönlich, in jeder Hinsicht," sagt Ibrahimov. Das Niveau der Orchesterbegleitung steigere sich bei einem fähigen Solisten nochmals: "Da gibt es eine Wechselwirkung."

Und auch im Überblick lässt sich eine kontinuierliche Entwicklung sehen und hören. Für den jetzigen Chefdirigenten ist klar: "Das Orchester hat sich von Jahr zu Jahr mit jedem Projekt verbessert. Ich hatte nicht ein einziges Mal den Eindruck, dass es stehen bleibt." Dazu trägt auch die intensive Arbeit mit erfahrenen Dozentinnen und Dozenten bei, darunter Peter Wöpke, Solo-Cellist der Bayerischen Staatsoper, oder Jan Schroeder, Professor für Horn in Hannover. Mit ihnen wird die Partitur während der Probenphase in den Stimmgruppen erarbeitet. Das beständige Feilen am Klang, das erlernte Aufeinanderhören und die ungezügelte Spielfreude lassen Einladungen an Orte in der ganzen Welt folgen. Die Neue Philharmonie spielt im Münchner Herkulessaal, in der Tonhalle Zürich, in China und Aserbaidschan.

Schon seit Jahren steht für die Neue Philharmonie neben dem Streben nach künstlerischer Perfektion noch ein anderer Aspekt im Vordergrund. Als Musiker sehen sie sich in einer besonderen Verantwortung, Gutes zu bewirken, "etwas zu schenken", wie Ibrahimov sagt. Bei vergangenen Benefizkonzerten spielte das Orchester etwa für die Münchner Kolibri-Stiftung zur Unterstützung Geflüchteter oder zugunsten des kbo-Kinderzentrums München. Das kommende Konzert in der Loisachhalle soll das Projekt "Kinder in Not" der evangelischen Kirche Sankt Michael in Wolfratshausen unterstützen, in Kooperation mit dem Lions Club Wolfratshausen-Geretsried. Der Chefdirigent spricht für sein Orchester, wenn er sagt: "Das ist eine große Freude für uns. Diese Konzerte bedeuten uns viel." Nicht nur musikalische Fähigkeiten werden durch die Projekte vermittelt, sondern auch Fragen nach der Funktion berührt, die Berufsmusiker in einer Gesellschaft haben.

Und ein Ende ist nicht abzusehen: Im kommenden Jahr feiern die Neuphilharmoniker ihr fünfzehnjähriges Bestehen, mit einem Programm, auf das Fuad Ibrahimov sich jetzt schon freut - Tschaikowskys erstes Klavierkonzert mit Kristina Miller und Strawinskys "Le sacre du printemps". Es sind beileibe nicht die einfachsten Werke, die sich das junge Ensemble vornimmt. Bei einer Probenzeit von nur wenigen Tagen ist das immer ein Wagnis, gerade bei Werken, die in puncto Spieltechnik fordernd sind und dabei emotionale Grenzgänge verlangen, wie das bei Tschaikowsky der Fall ist. An diesem Montag beginnen die Proben, am Freitag wird gespielt. Man darf gespannt sein, oder eher: Man darf sich freuen.

Freitag, 1. März, 20 Uhr, Loisachhalle, Wolfratshausen, Karten zu 30 Euro, Abendkasse für Schüler/Studenten frei, https://wp1.neue-philharmonie-muenchen.de/konzerte

© SZ vom 25.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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