Neue Asylbewerber in Wolfratshausen:Teppiche für die Menschenwürde

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Die Stadt hat sechs neue Asylbewerber aufgenommen. Ihnen mangelt es nicht nur an Matratzen und Geschirr.

Von Felicitas Amler

Sperrmüll-Inventar: Die Asylbewerber-Unterkunft an der Wolfratshauser Badstraße ist kein Ort, an dem man sich wohlfühlen kann. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Wände sind kahl und stellenweise von den Kindern der Vorgänger bekritzelt, die Matratzen sind überstrapaziert, das Mobiliar ist dürftig und die Ausstattung mit Geschirr spärlich: In der Unterkunft an der Badstraße in Wolfratshausen sind am Freitag sechs neue Asylbewerber angekommen. Damit leben jetzt 15 Flüchtlinge aus Botswana und Nigeria, Syrien und Afghanistan in der Stadt, drei von ihnen sind im Gasthof Humplbräu untergebracht, alle anderen in einem Wohngebäude an der Badstraße.

Das ist allerdings so behelfsmäßig eingerichtet, dass die ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuerin Ines Lobenstein einen Hilferuf an die einheimische Bevölkerung richtet. Sie hofft auf Spenden wie Teppiche, kleine Schränke, Matratzen und Bettwäsche. Außerdem wäre sie dankbar für alles, "was man braucht, um sich wohlzufühlen", das könne eine Vase sein oder einfach eine schöne Tasse.

Er wolle sich keinesfalls beschweren, sagt ein junger Afghane auf Englisch, er sei zufrieden: Man rette ihm hier sein Leben. Lobenstein erklärt, die neu angekommenen Asylbewerber seien schwerst traumatisiert. Im Fall der afghanischen Familie - Mutter und zwei erwachsene Kinder, die Tochter geistig behindert - sei offenkundig der Mann getötet worden.

Details über die syrischen Frauen, Mutter und Tochter, kann Lobenstein noch nicht wissen, die Sprachhürden sind zu hoch. "Mein Englisch ist schon nicht das beste", sagt die Flüchtlingsbetreuerin, "aber mein Arabisch ist ganz schlecht." Sie habe sich, um wenigstens Brocken wie "Herzlich willkommen" sagen zu können, ein Sprachprogramm im Internet heruntergeladen. Für die weitere Betreuung wird dringend jemand gesucht, der Arabisch beherrscht, dolmetschen kann "und sich der Frauen annimmt, ihnen die Stadt zeigt".

Die syrische Mutter und ihre Tochter sind in einer verzwickten Situation: Sie könnten ganz einfach beim Sohn unterkommen, der in Hamburg lebt und dort einen Laden betreibt. Doch dem steht die sogenannte Residenzpflicht entgegen, die den Bewegungsradius von Asylbewerbern eng begrenzt. Also müssen die Frauen nun erst einmal ein bürokratisches Antragsverfahren durchlaufen, um dann vielleicht nach Hamburg reisen zu dürfen. "Da ist unsere Politik zum Totlachen", sagt Ines Lobenstein sarkastisch.

Der Kreis von Flüchtlingshelfern plant, einen Abend zu gestalten, zu dem die Wolfratshauser eingeladen werden: Die Asylbewerber sollen ihre Länder und Kulturen vorstellen, man soll einander kennenlernen. Lobenstein glaubt, so könne Verständnis geweckt werden: "Damit das nicht so die Fremden in der Badstraße sind." Sie betont aber auch sofort, es habe bisher keinerlei Anfeindungen gegeben. Und die Flüchtlinge selbst seien sehr bemüht, sich zu integrieren. "Es sind so liebe Menschen." Sie könne nicht verstehen, dass man Leute, die sich in einem fremden Land teils intensiv einbringen, am Ende eventuell doch wieder zurück in die für sie feindliche Heimat schickt. "Die Erde ist doch für alle da", sagt Lobenstein.

Wer Sachen spenden, ehrenamtlich im Flüchtlingshelferkreis mitarbeiten oder dolmetschen möchte, wendet sich an Ines Lobenstein, Telefon 0152/54 54 33 55.

© SZ vom 17.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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