Neue ARD-Serie "Hubert und Staller":Mordsreklame

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Bekommt Wolfratshausen seinen eigenen "Bullen von Tölz"? Am Mittwoch startet die neue ARD-Krimireihe "Hubert und Staller", die in der Flößerstadt sowie in Münsing spielt. Die Fernsehmacher hoffen auf bessere Einschaltquoten am Vorabend - und auch in den Rathäusern sind die Erwartungen groß.

Wolfgang Schäl

Das Revier, in dem die Wolfratshauser Polizei Streife fährt, ist kriminalistisch betrachtet nicht das ganz heiße Pflaster. Einen einzigen Mord hat es hier vor 25 Jahren gegeben, ein Exilkroate wurde damals erschossen. Ansonsten ist es in der Kleinstadt am Fuße des Bergwalds denkbar friedlich. Polizeiliches Alltagsgeschäft. Immerhin: Ein bisschen Vandalismus war zuletzt zu beklagen. Skulpturen einer Kunstausstellung wurden nachts mutwillig beschädigt.

Als Dorfpolizisten Hubert und Staller geraten Christian Tramitz (links) und Helmfried von Lüttichau mit schöner Regelmäßigkeit an Fälle, die mindestens eine Nummer zu groß für sie sind. (Foto: Katrin Krammer/ARD/TMG)

Grund genug für den verunsicherten Stadtrat, einen privaten Ordnungsdienst auf Patrouille zu schicken, der prompt Schlimmes aufdeckte: Personen machten sich des öffentlichen Urinierens schuldig, andere bewarfen sich am Bahnhof mit Laub. Die Polizei nahm die Meldungen der freiberuflichen Gesetzeshüter säuerlich zur Kenntnis. Mit diesen Delinquenten wäre sie auch noch fertig geworden, ließ sie durchblicken.

Jetzt aber ist Schluss mit lustig. Denn in dem beschaulichen Gemeinwesen an der Loisach und in der Nachbargemeinde Münsing werden sich die Verbrechen häufen: Entführung, Erpressung, zerstückelte Leichen, Drogen, menschliche Abgründe, die ganze Palette des Bösen.

Das alles passiert zum Glück nur im Fernsehen. In einer Serie, mit der die ARD an diesem Mittwoch um 18:50 Uhr ins Vorabendprogramm startet und die im Norden des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen spielt: Hubert und Staller. Die gemeinsame Dachmarke mit zwei weiteren ARD-Vorabend-Krimiserien heißt Heiter bis tödlich, und dem ist zu entnehmen, dass es dann doch nicht so ganz ernst zugeht.

Die Protagonisten, Polizeiobermeister Franz Hubert (Christian Tramitz) und sein Kollege Johannes Staller (Helmfried von Lüttichau), sind aus anderem Holz geschnitzt als die Ordnungshüter im wirklichen Wolfratshausen: nicht so korrekt und freundlich-spröde, sondern immer ein bisschen am Rande der Legalität operierend und jederzeit bereit zu schrägen Ermittlungsmethoden. Da kann es schon sein, dass man schnell mal wo einbrechen muss.

Andererseits sind die Zwei geistig nicht die großen Überflieger und geraten mit den Fällen, die sie bearbeiten müssen, schnell an den Rand ihrer Möglichkeiten. Trotz der vielen Verbrecher bleibt ihnen aber immer genügend Zeit, sich den wichtigen Fragen des Polizistendaseins zu widmen. Etwa, ob man in Ausübung der Exekutive immer die Dienstmütze tragen muss, und ob man durch das ständige Bedecken des Kopfes nicht "plattert", also kahlköpfig, wird.

Bekommt Wolfratshausen jetzt statt eines Bullen wie Tölz gleich derer zwei? Und werden auch sie bundesweit Garanten sein für weißblau-schwarzen Humor? Äußerlich ähneln die beiden Typen gewiss nicht dem alle Vergleiche sprengenden Tölzer Bullen Ottfried Fischer, aber vergnüglich könnte es allemal werden, wenn das ungleiche Gespann in den Kampf gegen das Verbrechen zieht.

Denn die beiden sind denkbar verschieden. Hubert leistet Dienst nach Vorschrift, Staller tendiert eher dazu, die Vorschriften zu ignorieren. Eines haben die Vorabend-Polizisten mit den Beamten aus dem wirklichen Leben allerdings gemeinsam: Sie sind bei den Ermittlungen außerordentlich diskret. Neugierige Zaungäste, zumal von der druckenden Zunft, waren während der Dreharbeiten von März bis Oktober am Set höchst ungern gesehen.

Dabei spielt in der Serie doch gerade eine Lokaljournalistin namens Barbara Hansen (Monika Gruber) eine gewichtige Rolle, dank eigener Recherchen ist sie immer wieder besser auf dem Laufenden als Hubert und Staller selbst. Zu den bekannten Namen, die auf der Besetzungsliste der Produktionsfirmen Tele München Gruppe und der Münsinger Entertainment Factory stehen, zählt übrigens auch Sigi Zimmerschied, der als eine Art Philosoph vom Starnberger See auf den Plan tritt.

16 Folgen umfasst die erste Staffel, die sich unter der Regie von Oliver Mielke gegen die sinkenden Vorabendquoten behaupten soll. Was Tramitz betrifft, hat er als Münsinger Heimvorteil. Ins Gewicht fällt auch, dass sich das Böse in einem landschaftlich überaus reizvollen Ambiente ereignet. Falls die Handlung mal durchhängen sollte, bleibt also immer noch die bezaubernde Kulisse der Seegemeinde.

Die Erwartungen sind hoch, in der ARD und auch in den beiden Rathäusern. Dort erhofft man sich einen ähnlich grandiosen Werbeeffekt wie in Tölz. Dementsprechend wohlwollend ist man den Produktionsfirmen entgegengetreten, hat ihnen eine pauschale Drehgenehmigung erteilt, auch eine Polizeiwache in Bahnhofsnähe hat sich gefunden, ein leerstehendes Betriebsgebäude. Das freilich durfte nur der Bürgermeister wissen.

In der ersten Folge "Kleine Fische, große Fische" geht es Hubert und Staller wie so oft: Nach einem vermeintlichen Bagatelleinsatz kommt der Hammer. Eigentlich galt es nur, einen entflogenen Papagei einzufangen, bis sich herausstellt, dass der Besitzer des Vogels, ein Lebensmittelgroßhändler, tot ist. Er ist auf den ersten Blick von Einbrechern erschlagen worden. Doch bald stellt sich heraus, dass der Einbruch nur ein Ablenkungsmanöver war.

Dass es in den nächsten Folgen ähnlich handfest abgeht, lassen die Serientitel schon erahnen: "Letzte Haltestelle Mord", "Tod aus der Schnabeltasse", "Brautjungfer über Bord".

© SZ vom 02.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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