Nach Ickinger Initiative:Bürgerbegehren zum Mobilfunk abgelehnt

Lesezeit: 3 min

In Icking erklären die Gemeinderäte die geplante Fragestellungen für rechtlich nicht zulässig. Nun soll eine Standortanalyse sicherstellen, dass die Strahlenbelastung beim Bau neuer 5G-Masten so gering wie möglich bleibt.

Von Claudia Koestler, Icking

In der Isartalgemeinde Icking wird es keinen Bürgerentscheid zum neuen Mobilfunkstandard geben. Das Begehren mit dem Titel "Kein weiterer Mobilfunkmast, kein 5 G" ist unzulässig. Das hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Montagabend einstimmig beschlossen. "Auch wenn es uns allen gegen den Strich geht", sagte Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI) abschließend. Denn die Entscheidung war wie vorausgesagt keine politische, sondern eine rein rechtliche.

Das Ergebnis wiederum bestärkte die Ickinger Gemeinderäte quer durch alle Fraktionen, gerade deshalb klar Position gegen einen Ausbau zu beziehen - insbesondere, wenn dieser ohne Einflussmöglichkeit auf den Standort stattfindet. In einer weiteren Abstimmung votierten die Ratsmitglieder deshalb ebenfalls unisono dafür, eine Standortanalyse in Auftrag zu geben, um zu den vorliegenden Anträgen für Masten einen möglichst verträglichen Ort zu bestimmen, statt den Mobilfunkbetreibern die Platzwahl zu überlassen. "Wir brauchen 5 G hier nicht", sagte Menrad. "Aber wir können eben nur die Strahlenbelastung minimieren - und daran arbeiten wir bereits seit 2012."

Die Ickinger Bürgerin Nina Pszolla hatte jüngst mehr als 420 Unterschriften für ein Bürgerbegehren zum Ausbaustopp übergeben. Seither sind die Unterschriften in der Kommune auf mehr als 500 angestiegen. Das Begehren selbst enthielt zwei Fragen samt Begründung: "Sind Sie dafür, dass die Errichtung eines Mobilfunk-Sendemastens an ausgewiesenen Plätzen im Gemeindegebiet vorerst zurückgestellt wird?" Und: "Sind sie für einen Ausbaustopp von 5 G, bis die Unbedenklichkeit nachgewiesen ist?"

Doch die Gemeindeverwaltung hatte Zweifel an der Zulässigkeit, auch die Rechtsaufsichtsbehörde des Landratsamts, die Regierung von Oberbayern und ein Fachanwalt beschäftigten sich mit der juristischen Bewertung. Menrad zufolge teilten letztlich alle die Einschätzung, dass das Begehren unzulässig sei - und zwar aus mehreren Gründen. Formell mangelt es an der vorgeschriebenen Vertreterzahl, inhaltlich verstößt das Begehren gegen das Gebot, dass es bei mehreren Fragen eine untrennbare Einheit zwischen ihnen geben muss, die auch im Ganzen zu einem einheitlichen Ergebnis führen kann. Das sei bei der Vorlage insbesondere wegen der Formulierung der "ausgewiesenen Plätze" und der Begrenzung auf einen bestimmten Mobilfunkstandard nicht der Fall.

Darüber hinaus ist aber auch schon grundsätzlich die erste Frage unzulässig, weil die Formulierung eine rechtswidrige Maßnahme zur Folge gehabt hätte: Eine Gemeinde darf nämlich kein Bauvorhaben stoppen, nur weil sie oder ihre Bürger es nicht mögen. Das geht auch nicht über die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens. Obendrein ist die Kommune auch nicht zuständig für die Unbedenklichkeitsprüfung von Mobilfunkstrahlung. Dies sicherzustellen oder Grenzwerte festzusetzen, obliegt dem Gesetzgeber. Gegenstand von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden dürfen nur Angelegenheiten einer Gemeinde betreffen. "Wir sind schlichtweg der falsche Ansprechpartner", brachte es Menrad auf den Punkt.

"Diese Fragestellungen müssen ein, zwei, drei Ebenen höher gehen - auf Bundesebene", sagte Julian Chucholowski (SPD). Und Vigdis Nipperdey (Ickinger Initiative) rief die anwesenden Mobilfunkkritikern, die teils mit Protestplakaten im Zuhörerraum saßen, dazu auf: "Wenden Sie sich an Ihre Bundestagsabgeordneten!" Claudia Roederstein (UBI) verwies dabei noch einmal auf den geplanten landkreisweiten Diskussionsabend mit hochrangigen Politikern und rief dazu auf, Fragen zu schicken.

Bürgermeisterin Menrad wiederum betonte, "dass auch ein positiver Bürgerentscheid den Bau eines Mobilfunkmasts nicht hätte verhindern können". Denn dieser wirke wie ein Gemeinderatsbeschluss. Das heißt: Würde Icking die Rechtslage negieren und kein gemeindliches Einvernehmen zum Bauantrag für einen Mobilfunkmast geben, müsste das Landratsamt das Einvernehmen ersetzen und die Baugenehmigung trotzdem erteilen. Menrads Fazit war gleichzeitig ein Appell an die Bürger: "Lassen Sie uns gemeinsam einen anderen Weg gehen."

Menrad nutzte allerdings auch die Gelegenheit und sprach explizit für den gesamten Gemeinderat, als sie sich für das Engagement der Bürger beim Thema Mobilfunk bedankte. "Die Gemeinde erkennt darin die Sorgen und Ängste und wird ihre rechtlichen Möglichkeiten weiterhin voll ausschöpfen, um eine vorsorgende Strahlenminimierung durch die Optimierung der Standorte zu erreichen."

Auch wenn dem Bürgerbegehren nicht stattgegeben wurde, so seien die Unterschriften nicht vergebens gewesen, erklärte die Rathauschefin. Ein Bauantrag für einen Funkmast beim Sportplatz liege aktuell nicht vor, was möglicherweise auch am "Grundstücksproblem" liege, erklärte Menrad in Anspielung auf den Rückzug des Angebots der Eigentümerin, nachdem diese Drohungen von Mobilfunkgegnern erhalten hatte. Wenn ein Bauantrag vorliege, könne der Gemeinderat entscheiden, ob der Mast aus ortsgestalterischen Gründen auf 19 Meter begrenzt werden soll oder ob wegen der Strahlenminimierung ein 30 Meter hoher Masten sinnvoller wäre.

Aktuell liegen indes zwei sogenannte Suchkreisanfragen der Deutschen Telekom vor - für zwei 40 Meter hohe Funkmasten entlang der S-Bahn, nordwestlich von Schlederloh und bei Schützenried. Diese Bereiche sind vom derzeit gültigen Teilflächennutzungsplan Mobilfunk nicht erfasst. Da es nun zu keinem Bürgerentscheid kommen wird, kann die Gemeinde bei der Standortbestimmung mitwirken. Die Gremiumsmitglieder votierten einstimmig dafür, dass mögliche Standortalternativen geprüft werden sollen. Nach einem Dringlichkeitsantrag von Verena Reithmann (UBI) soll auch eruiert werden, ob das gesamte Gebiet auch mit weniger Masten technisch versorgt werden könnte. Auf Hinweis von Nipperdey will Menrad zudem die Nachbarkommune Schäftlarn kontaktieren, um dann womöglich im Verbund mit der Telekom zu sprechen. Da es dabei eilt, soll es zunächst um das Gebiet an der S-Bahnstrecke gehen, zu einem späteren Zeitpunkt aber könnte auch die gesamte Kommune unter die Lupe genommen werden, um herauszufinden, wo sich Masten verträglich planen lassen und welche Bereiche frei bleiben sollen.

© SZ vom 11.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: