Moderne Kunst:Das Bein ist wieder dran

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Flößer entdeckt Teil des "Sporty Dancers" in der Isar

Von Matthias Köpf

Dass die Betrachter zu Akteuren werden und seinem "Sporty Dancer" ein Bein abnehmen, das gehört für Philip Hönicke zur Idee der überlebensgroßen Edelstahl-Plastik, die er 2009 vor der Wolfratshauser Loisachhalle aufgestellt hat. Nur sollten solcherart aktive Kunstfreunde das Bein - gern in einer anderen Position - auch wieder ins Gelenk schieben, was nicht immer der Fall ist.

Einmal fand es sich schon hinter der Loisachhalle, einmal in einem städtischen Blumenbeet - und jetzt schien es ganz verschwunden. Zumindest ein paar Tage lang, denn nun hat die öffentliche Vermisstenanzeige, die der Beuerberger Metallkünstler vergangene Woche aufgegeben hat, zum Erfolg geführt: Das Bein ist wieder da und dran.

Gefunden hat es ein Flößer, nämlich Jason Charles-Seitner, karibischer Loisachflößer aus Tobago, Ex-Schwiegersohn von Floßmeister Sepp Seitner und wohlgelaunter Liebling aller Fahrgäste. Diese Gäste konnte er allerdings am Montag vergangener Woche kaum allein weitertreiben lassen, als er am Ufer der Loisach kurz vor dem Isarspitz etwas Metallenes blinken sah, und die 20 Tonnen Floß einfach anzuhalten geht sowieso nicht. Also ist er später mit einem Kollegen mit einem kleinen Boot zu der Stelle gepaddelt und hat das Trumm geborgen, das sich an einer Kiesbank verfangen hatte und - dicht verschweißt - im Wasser dümpelte.

Vom künstlerischen Wert des Treibguts ahnte der Flößer da noch nichts. Er hatte sich beim örtlichen Altmetall-Händler schon mal über dessen Ankaufspreise für Edelstahl erkundigt, als ihm jemand das Zeitungsfoto des beinlosen Tänzers zeigte. An diesem Montag nun fanden sich Jason Charles-Seitner und Philip Hönicke vor der Loisachhalle ein, um das Bein des Tänzers wieder an seinen Platz zu hieven.

Hönicke hatte offenbar nicht nur wasserdicht geschweißt, sondern auch sonst solide gearbeitet, denn dem Bein war nicht anzusehen, dass es irgendwie über das Kastenmühlwehr gegangen sein musste. Denn dass die Übeltäter es mehre hundert Meter flussabwärts geschleppt und erst unterhalb in den Fluss geworfen haben, glaubt der Künstler nicht. Er hatte schon so etwas geahnt und beide Ufer bis zur Weidachmühle nach dem Bein abgesucht - war er doch mit seiner "Welle" schon bei der Kunstmeile 2010 Opfer von Unbekannten geworden, die damals auch Werke von Otto Süßbauer und Horst Wendland in den Fluss gewuchtet und damit eine monatelange Vandalismus-Debatte ausgelöst hatten. An der Kunstmeile in diesem Jahr will sich Hönicke trotzdem wieder mit zwei Werken beteiligen.

© SZ vom 16.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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