Meisterkonzerte:Sonnenuntergang inklusive

Lesezeit: 3 min

Die Iffeldorfer gehen 2018 ungewohnte Wege und verbinden Musik- und Naturerlebnis

Von Reinhard Szyszka, Iffeldorf

Unterschiedliche Daten, aber feste Anfangszeiten - eiserne Regel für Abo-Konzertreihen landauf, landab. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Abonnenten gewöhnen sich an die Uhrzeit, keine Zufrühkommer sind frustriert, keine Zuspätkommer stören. In ganz Deutschland halten sich die Konzertveranstalter daran. In ganz Deutschland? Nein! Das unbeugsame Iffeldorf wagt es, der starren Regelung Widerstand zu leisten.

Die Iffeldorfer Meisterkonzerte richten von 2018 an die Anfangszeiten nach dem Sonnenstand. Denn der Konzertsaal im Iffeldorfer Gemeindezentrum endet hinter der Bühne mit einer Glasfront, und dahinter erstreckt sich ein spektakulärer Ausblick in Richtung Osterseen. Bisher galt: Wenn man die richtige Jahreszeit erwischt hatte, bekam man während des Konzerts zusätzlich und gratis einen Sonnenuntergang geboten. Aber im Winter war es zu Konzertbeginn längst stockfinster, und im Hochsommer stand die Sonne nach dem Schlussapplaus noch immer über dem Horizont.

So kam Andrea Fessmann, Organisatorin der Iffeldorfer Meisterkonzerte, auf die Idee, die Anfangszeiten zu variieren, damit jedes Mal ein Sonnenuntergang geboten werden kann. Sie machte eine Umfrage beim Publikum, und eine breite Mehrheit sprach sich für diese ungewöhnliche Regelung aus. In Iffeldorf ist also von 2018 an der Sonnenuntergang inklusive.

Auch musikalisch verlassen die Meisterkonzerte die ausgetretenen Pfade. Im ersten Konzert am 10. Februar lässt sich der junge Bariton Michael Daub hören. Er kombiniert zwei "Wanderer zwischen den Welten": Robert Schumann, der in seiner romantischen Ideenwelt lebte, und Hanns Eisler, der sich in den USA als zerrissener Mensch in zerrissener Zeit fühlte.

Im zweiten Konzert am 17. März tritt das Quartett Passo avanti auf mit der ungewöhnlichen Besetzung Violine, Gitarre, Cello und Klarinette bzw. Flöte. Natürlich gibt es keine Originalwerke für diese Kombination, doch die vier Künstler sind Meister in der kunst- und verantwortungsvollen Bearbeitung. Sie interpretieren ein Programm, das sich vom Renaissance-Komponisten Josquin Desprez über Barock, Klassik, Romantik und Impressionismus bis zur Gegenwart erstreckt.

Weiter geht es am 13. April mit Star-Geiger Valeriy Sokolov und dem ukrainischen Kammerorchester. Außer den unverwüstlichen "Vier Jahreszeiten" von Vivaldi und dem "Souvenir de Florence" von Tschaikowski gibt es ein Auftragswerk Sokolovs zu hören, für ihn geschrieben und auf seine geigerischen Fähigkeiten zugeschnitten.

Und am 23. Juni tritt der junge Trompeter Simon Höfele in Iffeldorf auf, Preisträger des Sonderpreises "U21" des ARD-Wettbewerbs und des Deutschen Musikwettbewerbs 2016. Gemeinsam mit der Pianistin Magdalena Müllerperth spielt er Werke der klassischen Moderne von Hindemith, Strawinsky und anderen Komponisten aus dieser Zeit.

Am 15. September treffen zwei Meister-Gitarristen aufeinander: der Brasilianer Pedro Aguiar und der Italiener Davide Giovanni Tomasi. Sie spielen ein weit gefächertes Programm mit Schwerpunkt Barock. Am 6. Oktober treten Christoph und Julian Prégardien, Vater und Sohn, in Iffeldorf auf, zwei Sänger aus dem lyrischen Tenorfach. Mit dem Pianisten Michael Gees präsentieren sie klassische Kunstlieder in eigenen zweistimmigen Fassungen. Am 1. Dezember 2018 schließlich geht die Reihe zu Ende mit dem Oboisten Alfredo Bernardini und dem Orchester Munich Baroque, einer Neugründung von Fessmann. Unter der Überschrift "Les Gouts Réunis" gibt es Barockmusik zu hören.

Um die Verwirrung durch die wechselnden Anfangszeiten so gering wie möglich zu halten, fangen 2018 die Konzerte im Winter um 17 Uhr und im Sommer um 19 Uhr an - was nicht ausschließt, das es in den Folgejahren noch flexibler werden könnte. Auf jeder Konzertkarte ist ganz genau angegeben, wann es jeweils losgeht. Eine Stunde vor Beginn gibt es einen Einführungsvortrag - auch dies gute Iffeldorfer Tradition. Bleibt abzuwarten, ob die wechselnden Anfangszeiten auch angenommen werden. Fessmann jedenfalls hat die Iffeldorfer Konzertbesucher wegen ihrer mutigen Mehrheit für die neue Regelung als "Publikum des Jahres" vorgeschlagen. Doch ob Iffeldorf jetzt diesen Preis gewinnt oder nicht: Die Kombination Musik plus Sonnenuntergang macht den Konzertbesuch auf jeden Fall zu einem Erlebnis.

Das Jahresabonnements für die Iffeldorfer Meisterkonzerte 2018 gibt es zu 140, 159 und 194 Euro); Jugendabonnements U28 zu 94 oder 105 Euro. Einzelkarten sind von 20. November an im Vorverkauf erhältlich. Jeder erwachsene Karteninhaber kann eine kostenlose Jugendkarte zusätzlich erhalten. Zu bestellen unter www.iffeldorfer-meisterkonzerte.de/Rubrik "Karten/Abo", per Mail an abo@iffeldorfer-meisterkonzerte.de oder telefonisch, 08856/936 89 36

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: