Mehr Klarheit:Ein Denkmal für Else Rosenfeld

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Mit der feierlichen Enthüllung des neuen Straßenschildes soll der ehemalige Rosenfeldweg im Ickinger Ortsteil Walchstadt nicht länger botanisch deutbar sein, sondern den Bezug zu der bedeutenden Persönlichkeit widerspiegeln.

Von Thekla Krausseneck, Icking

Der Rosenfeldweg im Ickinger Ortsteil Walchstadt heißt jetzt offiziell Else-Rosenfeld-Weg - eine "längst überfällige Korrektur", wie der Zweite Bürgermeister Peter Schweiger bei der feierlichen Enthüllung des neuen Straßenschilds am Freitag sagte. Mit dem neuen Namen ehrt Icking die jüdische Historikerin, Sozialarbeiterin und Schriftstellerin Else Behrend-Rosenfeld, die bis zu Beginn und nach der Zeit des Nationalsozialismus in Icking lebte. Manche der Teilnehmer kannten die 1970 gestorbene Rosenfeld noch persönlich. Von den Anwohnern kam indes niemand; ein "nicht überraschender Boykott", sagte Schweiger. Die Anwohnerin Ulrike Pfeiffer, die an dem Weg eine Herberge betreibt, bestätigte den Vorwurf auf Nachfrage der SZ. Sie und alle anderen seien bewusst nicht zur Enthüllung gegangen: "Ich finde die Frau Else Behrend-Rosenfeld auch toll, aber nicht in Ordnung, wie wir übergangen wurden."

Wer den Namen "Rosenfeldweg" liest, der denkt wohl nicht als erstes an eine bedeutende Persönlichkeit. Das wollte der vom Ickinger Gemeinderat beauftragte Arbeitskreis um die Historiker Marita Krauss und Erich Kasberger ändern: "Wir wollten zeigen, dass es sich nicht um einen Flurnamen handelt und dieser großartigen Frau ein Denkmal setzen." Der Arbeitskreis war im Zuge der Debatte um den Wenzberg gegründet worden; er sollte die Geschichte um den nationalsozialistischen Namensgeber Paul Wenz aufarbeiten und auch einige andere Straßennamen mit NS-Bezug untersuchen. Der Gemeinderat beschloss letztlich, dass die zentral gelegene Straße Wenzberg ihren Namen behalten soll. Dafür wurde nun der Name des Rosenfeldwegs geändert, eine Straße mit vier Häusern im abgelegenen Ortsteil Walchstadt.

Das neue Schild für den Else-Rosenfeld-Weg wurde vom Wind zu früh enthüllt. Ein Mitarbeiter des Bauhofs musste es erneut verdecken. (Foto: Hartmut Pöstges)

Mit Krauss und Kasberger hat die Gemeinde Icking zwei Experten für Else Behrend-Rosenfeld in den Arbeitskreis geholt. Die beiden Historiker haben sich 30 Jahre lang mit der ehemaligen Ickingerin auseinandergesetzt und ihre Erkenntnisse in das Buch "Leben in zwei Welten" gegossen. Die Rosenfelds wohnten zum Zeitpunkt des Aufstiegs der Nazis im Isartal, erlebten die ersten Deportationen aus der Ferne und mussten letztlich selbst untertauchen.

Krauss hatte einen Stapel dieser Bücher mit zur Enthüllung gebracht, um sie den Anwohnern zu überreichen. "Aber ich denke, die kommen auch so weg", sagte sie, als keine Anwohner auftauchten. Neben Schweiger und den Historikern wohnten ein paar Gemeinderäte und ehemalige Bekannte von Behrend-Rosenfeld dem Festakt bei. Krauss und Kasberger gaben einen detaillierten Einblick in die Biografie der Namensgeberin, lobten ihre Aufopferungsbereitschaft und ihren Mut, der sie "im Einsatz für andere die eigene Bedrohung vergessen ließ", und riefen die Stimmung zur Zeit der Nazi-Diktatur ins Gedächtnis. Zum Abschluss kam die Veranstaltung mit ein paar kurzen Zitaten aus Behrend-Rosenfelds Tagebüchern, die Gemeinderätin Claudia Roederstein vorlas. Der Wind enthüllte das Straßenschild vorzeitig; ein Mitarbeiter des Bauhofs musste auf eine Leiter steigen, um das mit Bändchen geschmückte Tuch wieder über das Schild zu hängen.

Zur Namensänderung sagt Anwohnerin Pfeiffer, sie halte davon nichts: "Das ist für mich ein Machtübergriff." Die Heilpraktikerin betreibt am Ende des Wegs eine Herberge und eine Praxis. Gegen die Änderung habe sie sich zusammen mit den drei anderen betroffenen Haushalten mit einer Unterschriftenliste zu wehren versucht. Sie habe der Gemeinde außerdem vorgeschlagen, eine Plastik, eine Bronze oder eine Gedenktafel anzubringen und dafür auf die Namensänderung zu verzichten: "Das wäre zum Wohle aller gewesen." Reagiert habe das Bürgermeisteramt darauf nicht. Pfeiffer befürchtet nun, dass sich die Änderung geschäftsschädigend für sie auswirkt, etwa wenn Navigationsgeräte ihrer Gäste die Straße nicht mehr finden und diese daraufhin schlechte Bewertungen im Internet hinterließen. "Für uns ist das geld- und zeitaufwendig", sagte Pfeiffer. "Das ist nicht ausgewogen, nicht fair."

© SZ vom 04.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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