Lokalpolitik:Reizklima in Kochel

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Bei der Haushaltsverabschiedung treten Grundsatzgräben zutage

Von P. Schneider, Kochel am See

Die Stimmung im Kochler Gemeinderat ist beizeiten schwer erträglich. Die Nachfragen und kritischen Anmerkungen von SPD-Gemeinderat Klaus Barthel, die er stets ruhig vorträgt, führen bei einigen zu reflexhafter Gereiztheit. Auch bei der Verabschiedung des Haushalts am Dienstag war das so.

"Es sind viele sinnvolle Ausgaben dabei, die man mittragen muss", sagte Barthel nach den Ausführungen von Bürgermeister Thomas Holz (CSU). Kritisch sehe er allerdings, dass ein Viertel der Ausgaben im Vermögenshaushalt für Straßenbau ausgegeben werde. "Da ist kein Meter für Fußgänger und Radfahrer dabei", es sei fraglich, "ob das noch in die Zeit passt". Die Gemeinde habe Kita-Gebühren und Hundesteuer angehoben, aber verzichte auf enorme Einnahmen, "weil wir keine SoBon haben". Er wünsche sich mehr "soziale Ausgewogenheit", sagte Barthel, der als einziger gegen die Haushaltssatzung stimmte. Das seien doch "Fantastereien", schimpfte Markus Greiner (Junge Liste), der sich meist durch besonders heftige Reaktionen gegenüber Barthel hervortut. "Immer nur dagegen", schäumte Greiner, statt konstruktiver Beiträge sei "außer heiße Luft, nix dabei." Bürgermeister Holz blies in ein ähnliches Horn: "Lassen Sie es bleiben, das Image der Gemeinde schlecht zu reden." Neubaugebiete, Kanal - das müsse doch erschlossen werden. Außerdem habe die Gemeinde sehr wohl in einen Radweg investiert, der zwischen Ried und Pessenbach verlaufe. Dass der Haushalt heuer sehr spät verabschiedet wurde, habe nicht nur mit der Corona-Pandemie zu tun, sondern auch mit "anderen Faktoren, die das Gesamtwerk sehr stark beeinflusst haben", erklärte Holz.

Die Gemeinde plant viele Investitionen, Dreiviertel der Ausgaben im Vermögenshaushalt sind Baumaßnahmen. Um das stemmen zu können, muss Kochel einen Kredit in Höhe von 1,5 Millionen Euro aufnehmen. Damit erhöht sich der Schuldenstand auf 5,6 Millionen Euro. Die Zuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt, die für Investitionen zur Verfügung steht, liegt bei knapp 700 000 Euro. Was der Kommune zu schaffen macht, ist die Kreisumlage von 2,3 Millionen Euro, die fast ein Viertel der Ausgaben ausmacht. Massiv zurückgegangen sind auf der Einnahmenseite dagegen die Gewerbesteuereinnahmen, die maßgeblich von der Firma Dorst abhängen: Sie sind um eine halbe Million niedriger angesetzt und liegen heuer bei einer Million Euro. Auch die Schlüsselzuweisung sind gesunken; Kochel bekommt nur 613 000 Euro. Neue Einnahmen generiert die Gemeinde durch die Parkplatzbewirtschaftung: Die Verwaltung geht von 230 000 Euro aus. Dem stehen allerdings Ausgaben für die Parkplätze und Toilettenanlagen in Höhe von 130 000 Euro gegenüber, dazu kommen die Arbeitsstunden der gemeindlichen Mitarbeiter und externen Dienstleister. Von "Abzocke" durch die Parkgebühren könne also keine Rede sein, betonte Holz. Zu den größten Investitionen gehören Straßenbau, Wasser und Abwasser, für die über 1,5 Millionen eingeplant sind. Erste Ansätze von insgesamt 460 000 Euro sind für den Neubau von Kommunalwohnungen und Bauhof eingestellt. Für die ordentliche Tilgung der Kredite sind rund 428 000 Euro nötig. Über 200 000 Euro investiert Kochel in die Digitalisierung und Heizungssanierung der Franz-Marc-Grundschule sowie die Einrichtung einer neuen Kindergartengruppe in der KoKiTa.

Was in beiden Einrichtungen nicht angeschafft wird, sind Luftreinigungsgeräte. In jedem Raum gebe es gute Lüftungsmöglichkeiten, die Geräte seien laut und teuer, die Förderung zu niedrig. Falls durch die Anschaffung solcher Geräte Distanzunterricht garantiert vermieden werde, werde man sie anschaffen, so der einstimmige Beschluss.

© SZ vom 31.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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