Loisachhalle:Von Liegendradfahrern und Flughunden

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Rockende Komiker oder komische Rocker: Georg Ringsgwandl pflegt beim Auftritt in der Loisachhalle seine eigenen Feindbilder.

Barbara Szymanski

Georg Ringsgwandl hat Feindbilder. Das sind aber nicht die üblichen Verdächtigen wie Politiker, Banker, andere Reiche oder Wichtige, sondern zum Beispiel die Liegendradfahrer. Die erwähnt er so nebenbei. "Sind halt Spinner." Es ist tatsächlich so, dass man angesichts eines solchen mit dem Kopf schüttelt - innerlich. Denn eigentlich tut so einer was für die Umwelt, schont den Rücken und die Krankenkassen. Doch manchmal gibt es keine Schonung.

Rockende Komiker oder komische Rocker: Georg Ringsgwandl bei seinem Auftritt in der Loisachhalle. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die köstliche Geschichte von der Flughundehilfe gehört dazu. Bis in die Mongolei flögen gelangweilte Damen, um einen verwurmten Steppenmischling zu retten. Der will aber gar nicht, sondern krallt sich im Steppengras fest. Hilft ihm nicht. Er muss sich retten lassen. In der Fremde gibt es Probleme mit Hundehaufen im Flur. In Obersöchering hat aber eine Uni für Hunde aufgemacht mit dem Ziel: Bachelor. Das Tier schafft das locker bellend, kackt aber weiterhin ins Entree - nun aber mit Abschluss.

So funktioniert der rockende Komiker oder der komische Rocker. Er schreit mehr als er singt, schrammelt ein wenig auf unterschiedlichen Gitarren und der Zither herum und ist sein bester Anmoderator für Rocksongs, die - weil so lang und gegen den Strich gebürstet - leider niemals in der Hitparade landen können. Und manchmal stockt der Atem bei seinen Geschichten, die zu kleinen Theaterstücken werden. Die überspielt er aber nicht, sondern belässt es bei kleinen Gesten, Genuschel und breitestem Bairisch.

Atemlos still wird es in der zu Dreivierteln vollen Loisachhalle - es wird das 20-jährige Bestehen der Kulturbühne "Hinterhalt" in Gelting gefeiert - bei zwei Stichworten: S-Bahn und Brunner. Doch Ringsgwandl bezieht nicht Stellung, sondern spielt die Geschichte vom Kurs für gewaltbereite Männer mit Sonnenbrille, Wollkappe und "boa, ey, motherfucker" - oder so oder ähnlich.

Und noch ein mögliches Feindbild wird hinreißend dargestellt: Ein missionierender Besitzer eines Null-Energie-Hauses. Natürlich ist es ein norddeutscher Physiker, und natürlich gibt es ein mit Kohl und Bohnen bestücktes Rohkostbüfett - mit Flatulenz-Folgen. Doch der Hausbesitzer flippt vor Freunde aus und wirft den Darmgaskompressor an, um "Scheiß-Pellets" zu gewinnen. Darüber darf man lachen. Bei der Geschichte mit der Kuh, die nach einem erfüllten Leben ihrem Schlachttag gelassen entgegensieht, hilft nur auf die Unterlippe beißen. Denn die kriegt ja erst mal einen Schlag aufs Hirn, "und dann gspür i nix mehr".

Rundum genießen lassen sich die Rocksongs. Ein junges, professionelles Trio mit variabler, jazziger, auch mal steiler E-Gitarre bis zum Hendrix-Heulen, einem E-Bass, der nicht nur stupide rumpelt, sondern einen verlässlichen Rhythmusteppich ausrollt, und einem Schlagzeuger, der auf einem relativ kleinen Equipment Besen einsetzt, verzögert, dynamisiert und selbst noch mit der Basedrum den Grundschlag feinfühlig strukturiert. Dazu singt, knickst, rudert, tanzt, krächzt oder schreit Ringsgwandl seine Lieder: Ein Altrocker, 62 Jahre alt inzwischen, der immer noch glaubwürdig ist - und wirklich komisch.

© SZ vom 16.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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