Lesung in Wolfratshausen:Die Fragen zwischen den Emotionen

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Christopher Kloeble wuchs in Königsdorf auf und sang als Kind im Tölzer Knabenchor. Seine Erfahrungen dort waren zwiespältig. (Foto: oh)

Der Königsdorfer Christopher Klöble stellt sein neues Buch "Home made in India" vor, in dem es um Liebe und Heimat geht

Von Thomas Kubina, Wolfratshausen

Alles auf dem Buchcover erinnert an indische Kunst- und Kulturwelten: Nicht nur die strahlend gelbe Farbe, die in Südasien als Symbol für das Schöne, Heilige und Göttliche steht, sondern auch die blütenartigen Verzierungen an den Buchrändern. Am oberen Ende eine Lotusblüte, am unteren zwei Tiere - ein Elefant und ein Bär. Ferne Pflanzen- und Tierwelten lenken den Betrachter fast von dem kleinen Herz in der Mitte ab, das den Buchtitel symbolisch in Worte fasst: "Home made in India. Eine Liebesgeschichte zwischen Delhi und Berlin". All diese Bilder, die dem Leser zunächst bruchartig indische Kulturwelten vergegenwärtigen, möchte der Königsdorfer Roman- und Drehbuchautor Christopher Kloeble in seinem neusten Buch dem Leser näher bringen.

Der 35-Jährige lebt heute in Delhi und Berlin. Seitdem er mit seiner indischen Frau Saskya verheiratet ist, pendelt er regelmäßig zwischen den Metropolen. Die Distanz zwischen den Städten ist nicht nur eine geografische, sondern vor allem eine kulturelle: "Ich habe gemerkt, dass ich beschämend wenig über Indien wusste", sagt Kloeble. Aus der Selbsterfahrung heraus speiste Kloeble seine Inspiration, die ihn zum Schreiben veranlasste. In seinem Roman geht es um kulturelle Differenzen, aber auch um die historische Kluft zwischen den beiden Ländern. Weil sein Werk keine fachwissenschaftliche Abarbeitung ist, hat er genügend Raum für eines der zentralsten Themen in seinem Buch: die Liebe.

Seine Geschichte der Liebe erzählt er Saskya, aber auch den Menschen, denen er auf seinen Reisen begegnet. So mancherlei Vorurteile gibt es immer wieder: "Bist du denn auf einem Elefanten zur Schule geritten?", heißt es in einer Buchpassage. Vorurteile verhalten sich allerdings nicht ein-, sondern gegenseitig. So wird dem Deutschen Ungeduld oder Regelgläubigkeit vorgeworfen. Neben der Liebe dominiert das Thema "Heimat" als zweite literarische Komponente seinen Roman. Kloeble ist im oberbayerischen Königsdorf aufgewachsen, das er allerdings nicht mit seinen Wurzeln identifiziere: "Vielleicht, weil ich das bayerische Bier nicht immer trinken kann", schmunzelt er. Im fünften Kapitel thematisiert er auch seine Eltern. So bemerkte seine Lektorin, wie Kloeble sagt, dass er diese nicht so gut wie seine Frau darstelle. So mancher Leser empfinde diese Passage als witzig, meint Kloeble. Damit hänge auch der auffällige Kontrast zwischen der bayerischen und indischen Kultur zusammen. Besonders, wenn es um Heimat geht, stellt sich Kloeble in diesem Zusammenhang als ein Suchender und Fragender dar.

Die künstlerischen Wurzeln des heutigen Autors liegen eigentlich in der Musik: Zwischen Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre sang er im weltberühmten Tölzer Knabenchor. Die Erfahrungen, die der sechs- bis elfjährige dort gemacht hat, beurteilt er heute zwiespältig: Einerseits habe er dort viel gelernt, vor allem über die Musik. Andererseits wurden die Knaben mit einem Leistungs- und Verantwortungsdruck konfrontiert, der an sie herangekommen sei: "Ich hatte immer das Gefühl, dass ich mit einem blauen Auge davongekommen bin", sagt er. Wenn die jungen Sänger bei den Proben nicht immer funktionierten, sei schon mal eine harsche Bemerkung über die Lippen des Chorleiters Gerhard Schmidt-Gaden gekommen. Als Kind sei man mit solchen Situationen hin- und hergerissen - viel zu schnell schlagen die Emotionen der Verantwortlichen um. Man wurde zunächst hochgelobt, dann harsch kritisiert, sagt er. Persönliche Bedrückung erfuhr Kloeble in einer Busreise, als ein Volkslied zum persönlichen Spottlied mit dem Titel "Das Fass von Königsdorf" umgedichtet wurde. In seinem Buch beschreibt er es als Qual eines Jungen, der sein Weinen nicht unterdrücken kann, der sich schwört, er werde nie mehr zulassen, dass jemand ihn so fertig macht.

Wer sich auf die facettenreichen Themen des Romans einlassen will, kann am Montag, 4. Juni, von 20 Uhr an, den Autor in der Stadtbücherei Wolfratshausen live erleben. Der Schriftsteller gibt sich selbstbewusst: "Es gibt keine bessere Veranstaltung." Gerne stehe er für einen anschließenden Dialog und Austausch zur Verfügung. "Ich freue mich auf Lesungen, sie machen mir ganz viel Spaß", sagt Kloeble.

Eintritt 10 Euro inklusive ein Glas Wein. Es wird um Reservierung unter Telefon 08171 / 76455 gebeten

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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